Ein Lockdown wegen Corona ist für gewerbliche Mieter unter Umständen mit hohen Umsatzeinbußen verbunden. Inwieweit dürfen sie deshalb weniger Miete bezahlen?
Viele gewerbliche Mieter - wie Einzelhändler oder Betreiber von Restaurants - konnten während der Lockdowns über Monate keine Einnahmen erzielen. Die Folge ist, dass sie häufig die fälligen Mieten kaum aufbringen konnten.
Kürzung der Miete wegen eines Mietmangels?
Hier stellt sich aus rechtlicher Sicht die Frage, ob sie deshalb zur Kürzung der Miete berechtigt sind. Dies setzt nach § 536 BGB voraus, dass ein Mangel der Mietsache vorliegt. Ein solcher Mangel zeichnet sich dadurch aus, dass durch ihn der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache eingeschränkt oder sogar entzogen wird.
Die Frage ist, inwieweit eine von Behörden beschlossene Maßnahme wie ein Lockdown auf die Tauglichkeit der Mietsache auswirkt. In einem Fall hatte etwa ein Mieter in der Münchner Innenstadt gewerbliche Geschäftsräume gemietet. Die vereinbarte Miete betrug etwa 62.000 Euro brutto. Nachdem der Mieter wegen einem dreimonatigen Lockdown die Miete für die Monate April bis Juni 2000 um 100% gemindert hatte, war der Vermieter damit nicht einverstanden. Er berief sich darauf, dass ihm die coronabedingten Schließungsanordnungen nicht zugerechnet werden können. Sie haben mit dem Zustand der Mietsache als solcher nichts zu tun. Er verlangte daher die Nachzahlung der nicht entrichteten Miete.
Das Landgericht München I gab der Klage des Vermieters nur teilweise mit Urteil vom 22.9.2020 – 3 O 4495/20 statt. Das Gericht begründete dies damit, dass auch behördliche Untersagungen bzw. Einschränkungen einen Sachmangel darstellen können, soweit sich dies auf die Tauglichkeit des vertragsgemäßen Gebrauchs auswirkt. Aus diesem Grunde erkannte es für den Monat April eine Mietminderung von 100% an, weil das das Geschäft gar nicht öffnen durfte. Für die beiden nachfolgenden Monate erkannte es eine Kürzung der Miete um 50% sowie 15% an, weil in diesem Zeitraum die Verkaufsfläche teilweise genutzt werden durfte.
Kürzung der Miete wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage?
In einem anderen Fall ging es um den Betreiber einer Spielhalle, der eine Miete von 3.000 Euro im Monet bezahlen musste. Er machte unter anderem eine Mietminderung wegen der coronabedingten Schließung geltend.
Hierzu entschied das Kammergericht Berlin mit Urteil vom 01.04.2021 - 8 U 1099/20, dass eine Kürzung der Miete wegen eines Mietmangels ausscheidet. Dies begründeten die Richter damit, dass behördliche Maßnahmen wie die Schließung durch einen Lockdown nicht an bauliche Gegebenheiten anknüpfen. Dies ändere nichts daran, dass die Mietsache als solche weiter für die vertraglich vereinbarte Nutzung geeignet ist. Jedoch kann sich der Mieter auf eine Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 Abs. 1 BGB berufen. Aus diesem Grunde sah das Gericht eine Mietkürzung von 50% als gerechtfertigt an. Zur Geschäftsgrundlage der Parteien als Vermieter und Mieterin von Geschäftsräumen zur Nutzung als Spielhalle gehörte die Vorstellung, dass es nicht zu einer Pandemie mit weitgehender Stilllegung des öffentlichen Lebens infolge pandemiebedingter Nutzungsuntersagungen und -beeinträchtigungen kommen würde, so dass das Auftreten der Pandemie mit den entsprechenden weitreichenden staatlichen Eingriffen in das wirtschaftliche und soziale Leben eine schwerwiegende Änderung der für die Vertragslaufzeit vorgestellten Umstände bedeutet und damit das tatsächliche Element der Störung der Geschäftsgrundlage verwirklicht. Die Mieterin konnte die Räume, die sie vor Beginn der Covid-Pandemie gemietet hatte, durch hierzu ergangene staatliche Vorschriften oder Anordnungen über die Schließung überhaupt nicht in der vertraglich vorgesehenen Weise für ihr Gewerbe nutzen. Hätten die Parteien dies gewusst gehabt, hätten sie das im Rahmen ihrer vertraglichen Vereinbarungen des Mietvertrages berücksichtigt gehabt. Das Gericht sah aufgrund der vollständigen Schließung infolge des Lockdowns eine Kürzung um 50% an. Die Richter begründeten das damit, dass die Nachteile durch die Untersagung des Betriebes jeweils von Mieter und Vermieter solidarisch gemeinschaftlich zu gleichen Teilen getragen werden sollten.
Die Grundsatzentscheidung des BGH zur Mietkürzung wegen Lockdowns
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 12.01.2022 – XII ZR 8/21 klargestellt, dass bei Geschäftsschließungen infolge der Corona-Pandemie keine Mietkürzung wegen eines Mietmangels gem. § 536 BGB infrage kommt. Jedoch kommt eine Mietkürzung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage gem. § 313 Abs. 1 BGB infrage. In welchem Ausmaß diese erfolgt, hängt jedoch von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Hierzu müssen die Interessen von Mieter und Vermieter gegeneinander abgewogen werden. Wichtig ist vor allem, dass die Umsatzeinbußen aufgrund der pandemiebedingten Schließung entstanden sind. Aufgrund dessen hoben die Richter ein Urteil des OLG Dresden vom 24.02.2021 - 5 U 1782/20 aus, dass ebenfalls von einer Aufteilung des Schadens durch Reduzierung der Kaltmiete im Wege der Anpassung des Vertrages um 50% ausgegangen war.
Fazit:
Aufgrund dieser Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofes stellt sich zunächst erst mal die Frage, ob Gewerbemieter mit hohen Umsatzeinbußen wegen eines Lockdowns zu einer Kürzung der Miete infolge Wegfalls der Geschäftsgrundlage gem. § 313 Abs. 1 BGB berechtigt sind. Hier muss der Mieter vor allem konkret darlegen, wie sich die Schließung auf seinen Umsatz ausgewirkt hat. Dies muss zu einer erheblichen Einbuße geführt haben. Nur dann kann eine Anpassung des Vertrages verlangt werden.
Zweifelhaft ist das jedoch, wenn solche Situationen künftig eintreten. Denn mittlerweile ist den Parteien bekannt, dass es zu einem künftigen Lockdown infolge einer Pandemie. kommen kann. Darüber hinaus muss ermittelt werden, in welchem Ausmaß die Kürzung der Miete über § 313 Abs. 1 BGB erfolgen darf. Dies ist auch deshalb heikel, weil der Vermieter bei einem zu hohen Zahlungsrückstand zur fristlosen Kündigung des Mietvertrages berechtigt sein kann. Von daher sollten sich Gewerbemieter vorab rechtlich beraten lassen. Abzuwarten bleibt, wie untere Instanzen das Urteil des BGH umsetzen werden.
Autor: Harald Büring, Ass. jur. (Fachanwalt.de-Redaktion)
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