Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht

Mietsicherheit von 800 D-Mark wird zu 100.000 Euro

Zuletzt bearbeitet am: 28.01.2023

Köln. Der Mieter hat Anspruch auf alle Erträge, die der Vermieter mit der Mietkaution erwirtschaftet. Das gilt auch dann, wenn aus anfänglich 800 Mark in 58 Jahren Aktien im Wert von mehr als 100.000 Euro geworden sind, wie das Amtsgericht Köln in einem am Dienstag, 26. Juli 2022, verkündeten Urteil (Az.: 203 C 199/21) entschieden hat. Eine Vermieterin darf danach eine erbende Tochter nicht mit 800 Mark abspeisen. Gegenteilige Vereinbarung im Mietvertrag sind unwirksam.

1960 zogen die Eltern der Tochter in die rechtsrheinische Wohnung einer Wohnungsbaugesellschaft in Köln. Im Mietvertrag wurde eine „Mietsicherheit“ von 800 Mark vereinbart. Die Vermieterin durfte das Geld auch in eigene Aktien investieren. Dies geschah auch und die Aktien wurden von einem Treuhänder verwaltet. Bei einer Beendigung des Mietverhältnisses konnte die Vermieterin laut Vertrag entweder „den Nominalbetrag von 800 Mark auszahlen“ oder die Aktien herausgeben.

Als die Eltern im Jahre 2005 in eine andere Wohnung der Wohnungsbaugesellschaft umzogen, wurde die Mietsicherheit „übertragen“ und aus den nur 800 Mark wurden nun 409 Euro.

Nach dem Tod beider Elternteile endete der Mietvertrag. Die Kaution zahlte die Vermieterin an die erbende Tochter zurück: 409 Euro. Dagegen verlangte die Tochter die Herausgabe der Aktien im Wert von mittlerweile mehr als 100.000 Euro. Hier gab ihr das Amtsgericht Köln nun recht.

Hintergrund sind Änderungen des Mietrechts im Jahre 2001. Bis dahin mussten Mietkautionen immer auf ein Sparkonto hinterlegt werden. Erst durch die Änderung wurde es ermöglicht, dass zwischen Mietern und Vermietern eine andere Anlageform vereinbart werden konnte.

Das Amtsgericht betonte, dass Mieter aufgrund dieser Neuregelung „unabhängig von der gewählten Anlageform“ Anspruch auf die mit ihrer Kaution erwirtschafteten Gewinne hätten. Hiervon abweichende Vereinbarungen seien unwirksam.

Dies gelte auch im vorliegenden Fall, so das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 19. Juli 2022. 1960 sei zwar eine Anlage der Mietkaution in Aktien noch nicht erlaubt gewesen, 2005 sei die Mietsicherheit jedoch auf den neuen Vertrag und damit in das neue Recht übertragen worden.

Ein Wahlrecht des Vermieters bezüglich der Form der Kautionsrückgabe sei nach diesem Recht unzulässig. Andernfalls könnten Vermieter sich die Rosinen herauspicken und bei Gewinnen das Geld zurückerstatten, bei Kursverlusten jedoch die Aktien herausgeben.

Quelle: © Fachanwalt.de

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