Eine schriftliche Kündigung eines Wohnraummietvertrags geht nicht schon am dritten Werktag zu, wenn der Kündigende sie um 22:30 Uhr in den Briefkasten des Empfängers wirft und diesen mündlich über den Einwurf und den Inhalt informiert (LG Krefeld v. 21.09.2022 - 2 S 27/21).
Sachverhalt: Die Parteien stritten nach beendetem Mietverhältnis über die Höhe der Kautionsrückzahlung. Der Vermieter meinte, er könne mit der Miete für Mai 2020 aufrechnen. Die Mieterin wandte ein, dass das Mietverhältnis bereits zum 30.4.2020 beendet war, ein Mietzahlungsanspruch für Mai 2020 somit nicht bestehe. Der Vermieter argumentierte, dass das Mietverhältnis durch die Kündigung vom 04.02.2020 erst zum Ablauf des 31.05.2020 beendet worden sei, da ihm die Kündigung erst am 05.02.2020 zugegangen sei. Bei dem unstreitigen Einwurf des Briefes am 04.02.2020 um 22:30 Uhr sei nicht mehr mit einer Entnahme am selben Tag, sondern erst am darauffolgenden Tag zu rechnen gewesen. Die Mieterin entgegnete, sie habe unmittelbar vor Einwurf der Kündigung in den Briefkasten den Vermieter über die Gegensprechanlage über den bevorstehenden Einwurf informiert, was dieser bestritt. Das Amtsgericht gab dem Vermieter Recht.
Die Entscheidung des Gerichts: Das Landgericht bestätigt das Urteil. Der Vermieter habe gegenüber dem Kautionsrückzahlungsanspruch der Mieterin mit seiner Mietzahlungsforderung für Mai 2020 wirksam aufgerechnet. Das Mietverhältnis sei durch die Kündigung vom 04.02.2020 erst zum Ablauf des 31.05.2020 beendet worden.
Die Kündigung sei spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig (§ 573c Abs. 1 S. 1 BGB), wobei die Wirksamkeit der Kündigungserklärung insb. deren Zugang voraussetzt (§ 130 Abs. 1 S. 1 BGB). Vorliegend sei die Kündigung erst am 05.02.2020 und damit am vierten Werktag des Monats zugegangen, sodass das Mietverhältnis erst zum Ablauf des 31.05.2020 beendet gewesen sei.
Durch den Einwurf der Kündigungserklärung am 04.02.2020 um 22:30 Uhr in den Briefkasten der Wohnung des Vermieters sei diese in den Machtbereich des Vermieters gelangt. Wann unter normalen Umständen mit einer Kenntnisnahme vom Inhalt der Erklärung durch den Vermieter zu rechnen gewesen sei, richte sich danach, wann nach den gewöhnlichen Verhältnissen mit der Leerung des Briefkastens durch ihn zu rechnen war. Dabei sei nicht auf die individuellen Verhältnisse des Empfängers abzustellen, sondern im Interesse der Rechtssicherheit zu generalisieren (vgl. BGH v. 21.01.2004 - XII ZR 214/00). Nur bis um 18:00 Uhr in den Briefkasten eingeworfene Briefe gelten demnach als noch am selben Tag zugegangen.
Unser Praxishinweis: Es konnte offen bleiben, ob die Mieterin am 04.02.2020 unmittelbar vor dem Einwurf der Kündigung in den Briefkasten den Vermieter über die Gegensprechanlage informierte, dass sie in seinen Briefkasten ein Schreiben einwerfen wolle und dass es sich bei diesem Schreiben um die Kündigung des Mietvertrags handelte. Denn auch dann war die Kündigung nicht vor dem 05.02.2020 zugegangen, weil die Mieterin dem Vermieter die schriftliche Kündigung nicht aushändigte. Im Übrigen wahrt die nur mündliche Information über den Einwurf einer Kündigung das Schriftformgebot nicht.