Frankfurt/Main. Auch eine Erkrankung, die durch eine Gemengelage von körperlichen und psychischen Faktoren entstanden ist, kann zu einer Haftung durch eine private Berufsunfähigkeitsversicherung führen. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat mit einem am Montag, 4. April 2022, veröffentlichten Urteil einem Mann, der sich vorher Simulationsvorwürfen ausgesetzt sah, eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente zugesprochen (Az.: 7 U 199/12).
Der Mann aus Südhessen arbeitete zuletzt als Flugzeugabfertiger. Aufgrund wachsender gesundheitlicher Beschwerden endete sein Arbeitsverhältnis mit einem Aufhebungsvertrag.
Von der Berufsunfähigkeitsversicherung des Mannes wurden Leistungen abgelehnt. Die Versicherung hatte damit vor dem Landgericht Wiesbaden auch noch Erfolg. Eine somatische oder psychische Erkrankung, die zur Berufsunfähigkeit führe, sei nach mehreren Gutachten nicht feststellbar. Nach Ansicht des Landgerichts entsprächen die Beschwerden nicht den medizinischen Befunden.
Vom Oberlandesgericht Frankfurt wurde nun weitere Sachverständigengutachten eingeholt und dem Kläger nun recht gegeben. Rheumatische Erkrankungen und Bindegewebsgeschwulste (Fibromyalgie) seien laut internistisch-rheumatologischen-Gutachtens als Ursache der Beschwerden zwar ausgeschlossen. Trotzdem seien körperliche Beeinträchtigungen im Umfang von 40 Prozent "objektiv nachweisbar", einschließlich arthritischer Veränderungen an Fingern und Daumen.
Ein Gutachter für psychosomatische Medizin habe daran anknüpfend eine „chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren“ diagnostiziert. Im zuletzt ausgeübten Beruf als Abfertiger für Flugzeuge führe dies zu Leistungseinbußen von deutlich über 50 Prozent.
2009 sei die „chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren“ extra zusätzlich in den Diagnoseschlüssel-Katalog ICD-10 aufgenommen worden. Denn trotz gleicher oder ähnlicher körperlicher Symptome sei ein bestimmter psychische Konflikt oder ein psychosoziale Belastungsstörung oft nicht feststellbar.
Das OLG führte im Urteil vom 23. Februar 2023 aus, dass ein derartiger Fall auch hier vorliege. Vom psychosomatischen Gutachter seien die Vorwürfe der Simulation „überzeugend ausgeräumt“ worden.
Quelle: © Fachanwalt.de
Symbolgrafik: © marcus-hofmann - stock.adobe.com