Wird ein Arbeitnehmer innerhalb eines Unternehmens in eine andere Stadt oder Abteilung zwangsversetzt, kann das vor allem für Mitarbeiter mit Kindern im schulpflichtigen Alter eine große Umstellung bedeuten und zudem mit gravierenden Problemen verbunden sein. Wann aber ist eine Zwangsversetzung rechtens und wann nicht?
Es handelt sich um eine Zwangsversetzung, wenn ein Arbeitnehmer gegen seinen Willen an einen anderen Standort oder in eine andere Abteilung versetzt wird. Die Versetzung muss dabei von einer gewissen Mindestdauer sein. Ein paar Tage oder Wochen sind nicht genug, um den Tatbestand der Versetzung zu erfüllen. Dauert die geänderte Situation aber länger als einen Monat an oder werden erhebliche Änderungen der Umstände erwartet, dann handelt es sich laut § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes offiziell um eine Versetzung. Ist hingegen die Änderung der Aufgaben oder des Arbeitsortes nur von kurzer Dauer, liegt eine sogenannte Umsetzung vor.
Anordnung der Versetzung: Was darf der Arbeitgeber und was darf er nicht?
Arbeitgeber haben grundsätzlich ein Weisungsrecht. Aus § 106 der Gewerbeordnung geht hervor, dass ein Arbeitgeber Ort, Zeit und Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen bestimmen kann. Dabei muss er jedoch die vertraglich geregelten Grenzen beachten und sein Weisungsrecht gemäß Gewerbeordnung nach „billigem Ermessen“ ausüben. Wenn es in dem betreffenden Unternehmen einen Betriebsrat gibt, muss dieser vom Arbeitgeber benachrichtigt werden und der angedachten Versetzung zustimmen.
Zwangsversetzung in eine andere Stadt bzw. an einen anderen Standort
Ist eine Versetzung an einen anderen Standort geplant, ist zunächst der Tarifvertrag, Arbeitsvertrag oder die Betriebsvereinbarung ausschlaggebend. Diese enthalten möglicherweise bereits eine Regelung, dass der Mitarbeiter auch an einem anderen Standort eingesetzt werden darf. In dem Fall hat das Unternehmen ein Direktionsrecht. Wurde aber eine konkrete Stadt vertraglich als Arbeitsort definiert, ist eine Zwangsversetzung regelmäßig nicht zulässig.
Dennoch sind im Einzelfall die individuellen Umstände zu prüfen. Hat der Arbeitnehmer Familie bzw. Kinder im schulpflichtigen Alter oder Kreditbelastungen vor Ort, kann eine Versetzung durchaus problematisch sein. Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer Angehörige vor Ort pflegt oder alleinerziehend ist. Hier ist eine Versetzung an einen anderen Arbeitsort evtl. unbillig. Bei einer Versetzung muss der Arbeitgeber also bestimmte Grenzen beachten und die Interessen des Arbeitnehmers in seine Überlegungen einbeziehen – vor allem im Hinblick auf soziale Gesichtspunkte.
Ein Angestellter kann also nicht einfach an einen anderen Standort versetzt werden, ohne dass seine sozialen Lebensverhältnisse berücksichtigt wurden. Vor allem dann, wenn der neue Arbeitsort von seinem Wohnort aus nicht ohne Weiteres jeden Tag zu erreichen ist. Die Versetzung muss zumutbar sein. Kann der Arbeitnehmer den neuen Arbeitsplatz nicht in ein bis zwei Stunden erreichen, wäre das nicht zumutbar.
Versetzung in eine andere Abteilung: nur ohne Benachteiligung
Man spricht auch dann von einer Versetzung, wenn vom Arbeitnehmer auf Dauer die Erfüllung neuer Aufgaben in einer anderen Abteilung verlangt wird. Doch auch hier müssen gewisse Grenzen beachtet werden. Der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmer bei einer Versetzung bzgl. seines Tätigkeitsbereichs nicht degradieren. Die neue Tätigkeit darf weder mit weniger Verantwortung einhergehen noch schlechter vergütet werden. Eine derartige Benachteiligung muss der Angestellte nicht akzeptieren.
In solchen Fällen wird dann gerne eine Änderungskündigung angeboten. Zwar soll dabei das Arbeitsverhältnis nicht auf Dauer beendet, dafür aber zu geänderten Konditionen neu festgelegt werden. Das aktuelle Arbeitsverhältnis wird gekündigt und ein neues unter geänderten Bedingungen angeboten. Der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, eine solche Änderungskündigung anzunehmen. Dann wird jedoch das bestehende Arbeitsverhältnis nach Ablauf einer gesetzten Frist beendet.
Meine Rechte als Arbeitsnehmer
Arbeitnehmer haben die Möglichkeit, der Versetzung unter Vorbehalt zuzustimmen und deren Rechtmäßigkeit dann gerichtlich prüfen zu lassen. Wird der Versetzung aber einfach nicht Folge geleistet, stellt das einen Abmahnungsgrund dar. Und bei Arbeitsverweigerung muss mit einer fristlosen Kündigung gerechnet werden.
Grundsätzlich gilt, dass bei einer Versetzung die Interessen des Arbeitgebers gegen die des Angestellten abgewogen werden müssen. Im Einzelfall ist die Versetzung, je nach Sachlage, also möglicherweise unzulässig. Aus diesem Grund sollten Angestellte eine solche Anordnung nicht annehmen, ohne sich zuvor anwaltlichen Rat eingeholt zu haben. Die Anwaltskanzlei Lenné steht Arbeitnehmern dafür gerne zur Seite. Wir prüfen die Versetzung auf Rechtmäßigkeit und beraten Sie zum besten Vorgehen. Lassen Sie sich einfach bei einem unverbindlichen, kostenlosen Erstgespräch von uns beraten.