Hannover (jur). Ein nachbarliches Grundstück darf nur mit Zustimmung betreten werden. Das gilt selbst dann, wenn Bauarbeiten dort die eigenen Bäume gefährden könnten, entschied das Amtsgericht Hannover in einem am Dienstag, 17. Oktober 2023, bekanntgegebenen Urteil vom Vortag (Az.: 435 C 8845/23).
Im konkreten Fall gab es genehmigte Bauarbeiten auf einem Grundstück in Hannover-Isernhagen. Als die Bagger sich in der Nähe der Grundstücksgrenze zu schaffen machten, sorgte sich die Nachbarin um ihre Birke und weitere in der Nähe der Grundstücksgrenze stehende Bäume. Sie ging daher auf das Nachbargrundstück und versuchte, die Baggerführer an ihrer Arbeit zu hindern.
Der Bauherr nebenan war von der Verzögerung wenig begeistert. Beim Amtsgericht beantragte er, der Nachbarin das Betreten seines Grundstücks zu verbieten.
Ohne Erfolg verteidigte sich die Nachbarin, sie sei nur zum Schutz des Wurzelwerks der auf ihrem Grundstück befindlichen Bäume eingeschritten. Sie sei davon ausgegangen, dass bei den Bauarbeiten Schutzvorschriften für ihre Bäume nicht eingehalten würden, und habe so irreparable Schäden an den Wurzeln befürchtet.
Dennoch sprach das Amtsgericht das beantragte Betretungsverbot aus. Es ließ dabei offen, ob der Nachbar und seine Baufirma tatsächlich Rücksicht auf die nachbarlichen Baumwurzeln nehmen mussten. So oder so sei „allein das bloße Betreten eines Grundstücks durch unbefugte Personen ohne den Willen des Besitzers unzulässig“. Auch der angestrebte Schutz der eigenen Bäume ändere an dieser „Besitzstörung“ nichts.
Die von dem Bauherrn geltend gemachten „Besitzschutzansprüche“ dienten dem „allgemeinen Rechtsfrieden“, betonte das Amtsgericht. Wer eigenmächtig handele, solle so „in die Bahnen des justizförmigen Verfahrens“ gezwungen werden. Statt selbst die Bauarbeiten zu behindern, hätte die Nachbarin daher die Bauaufsicht informieren oder gerichtliche Hilfe suchen müssen, heißt es in dem Hannoveraner Urteil.
In einem anderen und älteren Fall hatte das Oberlandesgericht Karlsruhe entschieden, dass ein Grundstückseigentümer die Wurzeln 16 Meter hoher nachbarlicher Fichten an der Grundstücksgrenze kappen darf, weil laut Gutachten sonst eigene Pflanzen „zumindest über zwei Meter“ nicht wachsen können (Urteil vom 27. Mai 2014, Az.: 12 U 168/13; JurAgentur-Meldung vom 10. Juni 2014).
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock