Bisher ermöglichte § 45b PSTG die Änderung des Geschlechtseintrags und des Vornamens unter bestimmten Bedingungen. Mit 1.11.2024 tritt das am 21.6.2024 verkündete Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG) in Kraft und ersetzt damit den § 45b. Diese Regelung hat weitreichende Auswirkungen auf die Rechte und den Alltag von Betroffenen,denn seit 1. August dieses Jahres können Trans-, intergeschlechtliche und nichtbinäre Personen ihren Geschlechtseintrag und ihren Vornamen zum 1.11.2024 unbürokratisch beim Standesamt anmelden.
Grundsatz: Selbstbestimmung und Anerkennung für Geschlechtsidentität
Das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) stärkt die im Grundgesetz verankerten Rechte auf persönliche Entfaltung, Achtung der Privatsphäre und Nichtdiskriminierung, indem es transgeschlechtlichen, intergeschlechtlichen und nichtbinären Menschen ermöglicht, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen per Selbstauskunft beim Standesamt zu ändern. Es ersetzt unter anderem auch das veraltete Transsexuellengesetz von 1980 durch eine moderne, verfassungskonforme Regelung.
Was ändert sich mit dem Selbstbestimmungsgesetz?
- Die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen wird für transgeschlechtliche, nichtbinäre und intergeschlechtliche Personen einheitlich geregelt und somit nicht mehrwie bisher in zwei verschiedenen Gesetzen mit unterschiedlichen Voraussetzungen behandelt.
- Volljährige Personen können durch eine Erklärung gegenüber dem Standesamt die Änderung ihres Geschlechtseintrags und ihrer Vornamen bewirken. Diese Erklärung muss jedoch drei Monate im Voraus beim Standesamt angemeldet werden.
- Für Minderjährige bis zum Alter von 14 Jahren können nur die Sorgeberechtigten die Änderungserklärung gegenüber dem Standesamt abgeben. Bei dieser Erklärung muss auch die minderjährige Person anwesend sein.
- Minderjährige ab 14 Jahren können die notwendige Erklärung selbst abgeben, jedoch bedarf diese der Zustimmung der Sorgeberechtigten. Sollte diese Zustimmung verweigert werden, kann das Familiengericht – analog zu anderen familienrechtlichen Angelegenheiten – die Zustimmung ersetzen, sofern die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen dem Kindeswohl nicht widerspricht.
- Nach einer erfolgten Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen gilt eine Sperrfrist von einem Jahr für eine erneute Änderung. Dies dient der Vermeidung übereilter Entscheidungen.
- Das Gesetz sieht vor, dass ein Bußgeld verhängt werden kann, wenn jemand die Änderung des Geschlechtseintrags von transgeschlechtlichen, nichtbinären oder intergeschlechtlichen Personen gegen deren Willen offenbart und dadurch die betroffene Person absichtlich schädigt (Offenbarungsverbot).
Fachanwalt.de-Tipp: Auch Personen, die biologisch eindeutig einem Geschlecht zuzuordnen sind, können von der gesetzlich garantierten Selbstbestimmung Gebrauch machen. Das Gesetz zielt darauf ab, die personenstandsrechtliche Geschlechtszuordnung und Vornamenswahl von der Einschätzung Dritter zu lösen und die Selbstbestimmung der betroffenen Person zu stärken. Es geht dabei um das Recht jeder Person auf Achtung und respektvolle Behandlung in Bezug auf ihre Geschlechtsidentität.
Veränderungen hinsichtlich der bestehenden Vertragsfreiheit, des privaten Hausrechts oder des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) sind nicht zu erwarten. Die gegenwärtig geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen bleiben unverändert bestehen. Was momentan im Rechtsverkehr erlaubt ist, wird auch in Zukunft gestattet sein, während aktuell untersagte Handlungen weiterhin verboten bleiben.
Der Fokus des geplanten Gesetzes liegt ausschließlich auf der Modifikation des Geschlechtseintrags und der Vornamen. Es trifft keine Regelungen bezüglich körperlicher oder medizinischer geschlechtsangleichender Maßnahmen. Personen, die solche Eingriffe in Betracht ziehen, unterliegen nach wie vor ausschließlich fachmedizinischen Beurteilungskriterien. Diese Entscheidung bleiben weiterhin den zuständigen medizinischen Fachkräften überlassen.
Conclusio
Das Selbstbestimmungsgesetz, in Kraft ab 1. November 2024, stellt einen wichtigen Fortschritt für die Geschlechtergerechtigkeit dar. Es vereinfacht die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen für trans-, inter- und nichtbinäre Personen und stärkt deren Rechte auf persönliche Entfaltung und Privatsphäre. Die neuen Regelungen beseitigen rechtliche Ungleichheiten, reduzieren bürokratische Hürden durch Selbstauskunft und schützen vor Diskriminierung. Diese Reform fördert die Anerkennung und Selbstbestimmung verschiedener Geschlechtsidentitäten.
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