Kassel (jur). Zuschläge für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit sind nur dann von Sozialbeiträgen befreit, wenn sie klar auf den Grundlohn bezogen berechnet sind. Das hat am Mittwoch, 7. Mai 2014, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel klargestellt (Az.: B 12 R 18/11 R). Danach werden Sozialbeiträge fällig, wenn der Arbeitnehmer durch Verrechnung mit einem variablen Grundlohn in der Summe immer Anspruch auf denselben Stundensatz hat.
Eine entsprechende Buchhaltungs-Software wird nach Angaben ihres Herstellers bundesweit von weit über 300 Arbeitgebern genutzt, insbesondere in der Gastronomie. Der gleichbleibende Gesamtlohn soll vermeiden, dass Arbeitnehmer wegen der besseren Bezahlung in die Sonntags- und Nachtstunden drängen.
Konkret verdiente ein Koch in München 2003 einen „Grundlohn“ von sieben Euro. Dieser wurde aber immer so aufgestockt, dass er zusammen mit den sogenannten SFN-Zuschlägen für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit stets 7,47 Euro pro Stunde ausbezahlt bekam. Nur bei besonders vielen SFN-Schichten zahlten sich diese extra aus und führten zu zusätzlichem Lohn oder Ausgleich durch freie Tage.
Nach einer Betriebsprüfung hat die Rentenversicherung dieses Vorgehen beanstandet. Die Zuschläge würden nicht wie vom Gesetz verlangt „zusätzlich“ gezahlt, nur dann seien sie aber in der Sozialversicherung beitragsfrei. Ihr Zweck, einen Ausgleich für ungünstig gelegene Arbeitszeiten zu schaffen, werde unterlaufen.
Letztendlich verlangten die Sozialversicherungsträger von der Gaststätte Beiträge für den vollen ausgezahlten Stundensatz von 7,47 Euro, ohne zu berücksichtigen, dass mit diesem Betrag auch beitragsfreie SFN-Zuschläge abgegolten sein sollten. Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) in München hat dies bestätigt.
Wie nun das BSG entschied, trägt das LSG-Urteil jedenfalls im Ergebnis dann, wenn der Koch tatsächlich einen festen und einklagbaren Anspruch auf einen Stundenlohn von 7,47 Euro hatte, unabhängig davon, wie viele Stunden auf Sonn- und Feiertage oder auf die Nacht entfallen. Denn dann würden die Zuschläge nicht, wie vom Gesetz verlangt, „zusätzlich zu dem laufenden Arbeitslohn“ gezahlt. Dies soll nun das LSG nochmals prüfen.
Insgesamt zeigten sich die Kasseler Richter unzufrieden mit den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz. Sie bekräftigten daher, dass die Sozialbeiträge immer in zwei Stufen zu ermitteln seien. Zunächst sei zu klären, welchen Grundlohn der Arbeitnehmer bekommen hat und gegebenenfalls auch, ob er nach Gesetz, Tarif oder auch dem Arbeitsvertrag höhere Lohnansprüche hatte. Nach dem sozialrechtlichen „Entstehungsprinzip“ sei letztlich der rechtliche Lohnanspruch entscheidend, auch wenn dieser nicht voll ausbezahlt wurde.
Erst in der zweiten Stufe könnten dann auf den Lohn oder Lohnanspruch die Sozialbeiträge berechnet werden. Erst dann stelle sich daher auch die Frage, in welchem Umfang Zuschläge von der Beitragsbemessung ausgenommen sind. Dies sei nur bei SFN-Zuschlägen der Fall, die von der Lohnsteuer befreit sind und „zusätzlich“ ausbezahlt wurden.
Im Fall eines Autohofs in Baden-Württemberg hatte 2010 der Bundesfinanzhof (BFH) in München die umstrittene Lohnbuchhaltungs-Sofware steuerrechtlich als „eine zulässige Gestaltungsform in Ausnutzung der rechtlichen Möglichkeiten“ gewertet; die Grenze zum Gestaltungsmissbrauch sei noch nicht überschritten (Urteil vom 17. Juni 2010, Az.: VI R 50/09).
Auch wenn man von einem gewissen „Gleichklang“ von Sozial- und Steuerrecht ausgehe, müssten dem die Sozialgerichte nicht zwingend folgen, betonte hierzu das BSG. Denn Steuern und Sozialbeiträge würden nach verschiedenen rechtlichen Grundsätzen erhoben.
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