Das Oberlandesgericht Celle (OLG Celle) hat am 5. Februar 2025 (Aktenzeichen 7 U 76/24) entschieden, die Berufung eines Käufers eines Tesla-Fahrzeugs zurückzuweisen. Dieser hatte nach einem Widerruf die Rückabwicklung des Online-Kaufvertrags gefordert.
Sachverhalt
Ein Verbraucher bestellte am 3. April 2022 über die Website eines Fahrzeugherstellers ein Elektrofahrzeug vom Typ Tesla Modell Y 2022 zum Preis von 66.170 Euro. Im Zuge des Bestellprozesses leistete er eine Anzahlung von 250 Euro. Der Hersteller stellte ihm eine Widerrufsbelehrung gemäß den Vorgaben der §§ 312g, 355 ff. BGB zur Verfügung, deren genauer Inhalt im Urteil des Landgerichts Hildesheim auf Seite 3 wiedergegeben ist. Das Fahrzeug wurde dem Käufer am 10. August 2022 übergeben, nachdem ihm zuvor die Zulassungsbescheinigung Teil II zugesandt worden war.
Am 27. Juni 2023 erklärte der Käufer per E-Mail und Einschreiben den Widerruf des Kaufvertrags und verlangte die Rückerstattung des Kaufpreises innerhalb von 14 Tagen. Der Hersteller reagierte auf diese Aufforderung nicht, ebenso wenig auf eine erneute Mahnung vom 11. Juli 2023, die der nun anwaltlich vertretene Käufer verschickte. Streitpunkt zwischen den Parteien war, ob die Widerrufsbelehrung des Herstellers den gesetzlichen Anforderungen entsprach und die 14-tägige Widerrufsfrist nach Erhalt des Fahrzeugs wirksam in Gang setzte. Der Käufer vertrat die Ansicht, dass die Belehrung fehlerhaft sei, da sie unter anderem keine Telefonnummer des Unternehmens enthalte, Begriffe wie „Verbraucher“ und „Fernkommunikationsmittel“ nicht erkläre und irreführende Angaben zu Anzahlung, Rücksendekosten und Fristbeginn mache.
Das Landgericht Hildesheim (6 O 238/23) wies die Klage des Käufers am 18. September 2024 ab. Es befand die Widerrufsbelehrung für rechtlich einwandfrei und hielt zusätzliche Angaben über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinaus für nicht erforderlich. Der Käufer legte Berufung ein und beantragte die Rückzahlung des Kaufpreises nebst Zinsen sowie die Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten. Er argumentierte, dass die fehlende Telefonnummer, eine veraltete Faxnummer und unklare Formulierungen die Belehrung unwirksam machten und dass das Landgericht seinen Vortrag zu spezifischen Rückgabebedingungen nicht berücksichtigt habe.
Entscheidungsbegründung
Das OLG Celle hat mit Beschluss vom 5. Februar 2025 die Absicht geäußert, die Berufung des Käufers gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, und setzte den Streitwert auf bis zu 80.000 Euro fest. Dem Käufer wurde eine dreiwöchige Frist zur Stellungnahme eingeräumt. Das Gericht sieht weder eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache noch einen Erfolg der Berufung.
Das Gericht stellte fest, dass der Käufer trotz seines Widerrufs vom 27. Juni 2023 keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags habe. Zwar bestehe gemäß § 312g Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 355 BGB ein Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen, doch sei die 14-tägige Frist nach § 355 Abs. 2 BGB zum Zeitpunkt der Erklärung abgelaufen. Diese begann am 11. August 2022, einen Tag nach Fahrzeugübergabe, und endete somit lange vor dem Widerruf. Eine verlängerte Frist nach § 356 Abs. 3 BGB komme nicht infrage, da die Widerrufsbelehrung des Herstellers den Anforderungen des Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB genüge und die reguläre Frist wirksam auslöste.
Das OLG verneinte die Beanstandungen des Käufers zur Widerrufsbelehrung. Zur fehlenden Telefonnummer führte es aus, dass weder § 356 Abs. 3 BGB noch Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB eine solche Angabe vorschreiben, solange der Hersteller keine Muster-Widerrufsbelehrung nutze. Der Gesetzgeber habe bewusst auf eine einheitliche Pflicht verzichtet, wie andere Regelungen wie § 312d BGB zeigen. Auch Entscheidungen des BGH (24.09.2020, I ZR 169/17) und EuGH (14.05.2020, C-266/19) änderten daran nichts, da sie sich auf wettbewerbsrechtliche Fragen und die Musterbelehrung beschränkten. Für den typischen Tesla-Käufer sei die Nichtangabe der Telefonnummer unerheblich, da er wegen hoher Beweissicherungsanforderungen ohnehin Textform wähle, wie auch der Käufer hier per E-Mail und Einschreiben vorging.
Die Angabe einer veralteten Faxnummer hielt das Gericht ebenfalls für unschädlich. Selbst wenn ein Verbraucher eine funktionierende Nummer erwarten könne, beeinträchtige ein Faxausfall nicht die Widerrufsmöglichkeit, da alternative Wege wie Post oder E-Mail offen stünden. Ebenso sah das OLG keine Notwendigkeit, Begriffe wie „Verbraucher“ und „Fernkommunikationsmittel“ zu definieren. Ein verständiger Online-Käufer könne diese Begriffe einordnen, und die Beispiele in der Belehrung (Internet, Telefon, E-Mail) sorgten für Klarheit. Das Gericht wies auch den Vorwurf zurück, dass widersprüchliche Angaben zur Anzahlung irreführend seien. Die Belehrung und ergänzende Unterlagen machten deutlich, dass die Anzahlung im Widerrufsfall erstattbar sei.
Zur Wertersatzpflicht und Rücksendekosten urteilte das OLG, dass die Belehrung ausreichend sei. Ein Hinweis, dass Wertersatz von einer ordnungsgemäßen Belehrung abhänge, sei nicht erforderlich, da dies die Verständlichkeit beeinträchtigen würde. Die Höhe der Rücksendekosten müsse nicht beziffert werden, da dies den Fristbeginn nicht beeinflusse und ein Tesla-Käufer angesichts des hohen Kaufpreises nicht durch solche Kosten vom Widerruf abgehalten werde. Zur unterlassenen Angabe von Rückgabebedingungen erkannte das Gericht einen Gehörsverstoß des Landgerichts, hielt dies aber für unerheblich, da weitere Details die Belehrung unnötig komplizierten.
Ergänzend führte das OLG an, dass der Widerruf nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgeschlossen sei. Die behaupteten Mängel hätten den Käufer nicht an einer fristgerechten Erklärung gehindert, da er ohnehin Textform nutzte und erst nach zehn Monaten widerrief. Dies deute auf eine missbräuchliche Nutzung einer formalen Position hin, etwa aus Kaufreue oder Vorteilssuche. Da die Hauptsache unbegründet sei, bestehe auch kein Anspruch auf Anwaltskosten. Das Gericht empfahl eine Rücknahme der Berufung.
Empfehlung: Aus dieser Entscheidung lässt sich schließen, dass beim Online-Kauf eines Fahrzeugs die Widerrufsbelehrung sorgfältig geprüft werden sollte, aber nicht automatisch mit einer verlängerten Frist zu rechnen ist, wenn sie die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllt. Ein Widerruf sollte stets rechtzeitig und in nachweisbarer Form erfolgen, idealerweise per E-Mail oder Einschreiben, da mündliche Erklärungen Beweisprobleme bergen. Spätere Widerrufe nach Ablauf der regulären Frist können als unzulässig gelten, wenn sie nicht durch echte Belehrungsfehler gerechtfertigt sind.