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OLG Frankfurt: Kapitän trotz Hörgeräten berufsunfähig

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Az. 3 U 122/23) hat entschieden, dass ein Kapitän aufgrund seiner Schwerhörigkeit auch dann als berufsunfähig gilt, wenn Hörgeräte sein Hörvermögen verbessern könnten – denn diese sind im Decksdienst nicht erlaubt.

Schwerhörigkeit führte zur Seedienstuntauglichkeit

Der Kläger, ein beruflich als Kapitän auf einem Containerschiff tätiger Mann, wurde im Herbst 2019 durch den Seeärztlichen Dienst seiner Dienststelle für seedienstuntauglich erklärt. Die Diagnose lautete auf beidseitige Schwerhörigkeit, wobei das Tragen von Hörgeräten notwendig erschien. 

Da laut der geltenden Maritime-Medizin-Verordnung Besatzungsmitgliedern im Decksdienst der Einsatz solcher Hörhilfen grundsätzlich verboten ist, konnte der Kläger seine Tätigkeit nicht mehr ausüben. Dennoch verweigerte die Berufsunfähigkeitsversicherung die Zahlung, mit dem Hinweis, dass das Hörvermögen durch Hörgeräte wiederhergestellt werden könne. 

Das Landgericht wies die Klage zunächst ab. Es erkannte die Möglichkeit der Hörgeräteversorgung als ausreichenden Ausgleich und verneinte die Berufsunfähigkeit. Erst in der Berufung konnte der Kläger einen Erfolg erzielen.

OLG: Verbot von Hörhilfen macht Hilfsmittelnutzung unzulässig

Der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts hob die Entscheidung des Landgerichts auf und stellte fest, dass beim Kläger eine vollständige und dauerhafte Berufsunfähigkeit im Sinne der Versicherungsbedingungen vorliegt. 

Die anerkannte Schwerhörigkeit erfüllt die Definition eines Kräfteverfalls. Diese Beeinträchtigung ist kausal für den Verlust der Seediensttauglichkeit, die wiederum zwingende Voraussetzung für die Ausübung des Berufs als Kapitän im Decksdienst ist. Laut gerichtlich bestelltem Sachverständigen besteht die Tauglichkeitsverweigerung zurecht. Maßgeblich sei zudem nicht, ob Hörgeräte helfen würden – denn aufgrund Ziffer 3.4 der Anlage 1 der Maritime-Medizin-Verordnung dürfen Kapitäne des Decksdienstes keine Hörgeräte tragen. 

Das Gericht stellte daher klar: Ein medizinisches Hilfsmittel, das berufsrechtlich verboten ist, kann nicht zur Verneinung der Berufsunfähigkeit herangezogen werden. Die Beklagte wurde zur Zahlung der Rente verurteilt. 

Tipp: Wer in einem Beruf arbeitet, der bestimmte körperliche Anforderungen zwingend vorschreibt, sollte genau prüfen lassen, ob medizinische Einschränkungen auch bei theoretischer Kompensierbarkeit zur Berufsunfähigkeit führen können – insbesondere dann, wenn berufliche Vorschriften den Einsatz von Hilfsmitteln ausschließen. Eine realistische Einschätzung der beruflichen Rahmenbedingungen kann entscheidend für die Anerkennung durch Versicherungen sein.

Symbolgrafik:© marcus_hofmann - stock.adobe.com

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