Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Az. 10 U 213/22) hat am 23. September 2025 entschieden, dass nach einer Kollision zwischen einem Linienbus und einem PKW eine Haftungsverteilung von 4/5 zulasten des Busfahrers und 1/5 zulasten des Autofahrers angemessen ist. Beide Beteiligten hätten gegen Verkehrsregeln verstoßen.
Unfall nach Rotlichtverstoß und Wendemanöver in Frankfurt
Im Zentrum des Verfahrens stand ein schwerer Verkehrsunfall in Frankfurt-Praunheim, bei dem die Mutter des Klägers tödlich verletzt wurde.
Der Kläger war mit dem Auto seines Vaters auf einer mehrspurigen Straße in südlicher Richtung unterwegs. An einer Kreuzung ordnete er sich auf der Linksabbiegerspur hinter mehreren Fahrzeugen ein, um anschließend ein Wendemanöver durchzuführen. Nachdem die Linksabbiegerampel auf Grün geschaltet hatte, folgte er als letztes Fahrzeug den vor ihm fahrenden Autos in die Kreuzung.
Gleichzeitig näherte sich aus der Gegenrichtung ein Linienbus, der vom Beklagten gesteuert wurde. Der Busfahrer fuhr mit rund 58 km/h geradeaus in die Kreuzung ein und stieß frontal mit dem Fahrzeug des Klägers zusammen. Er gab an, seine Ampel habe Grün gezeigt. Der Kläger hingegen behauptete, der Bus sei bei Rot gefahren.
Das Landgericht hatte zunächst eine alleinige Haftung des Busfahrers bejaht und dem Kläger weitgehend Schadensersatz zugesprochen. Gegen dieses Urteil legte der Beklagte Berufung ein.
Beide Fahrer trafen schuldhaftes Verhalten
Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt änderte die Entscheidung ab. Nach den Feststellungen der Beweisaufnahme trügen beide Unfallbeteiligten Verantwortung für die Kollision.
Für den Busfahrer spreche ein gravierender Rotlichtverstoß, da die Ampel für seine Fahrtrichtung bereits seit mindestens 22 Sekunden Rot zeigte. Eine technische Fehlfunktion der Ampelanlage – etwa in Form eines „feindlichen Grüns“ – habe ausgeschlossen werden können. Zudem sei der Bus mit leicht überhöhter Geschwindigkeit unterwegs gewesen, was die Unfallgefahr erhöhte.
Dem Kläger rechnete das Gericht ebenfalls ein Mitverschulden an. Er habe die Linksabbiegerspur genutzt, um ein Wendemanöver einzuleiten, wodurch er sich deutlich länger als üblich im Kreuzungsbereich aufhielt – etwa neun Sekunden statt der üblichen viereinhalb. Nach Ansicht des Senats hätte er den auf ihn zufahrenden Bus sehen und rechtzeitig abbremsen können. Hinzu komme, dass er selbst bei Gelblicht in die Kreuzung eingefahren sei.
Die Abwägung der Verursachungsbeiträge führte zu einer Haftungsquote von 4/5 zu Lasten des Busfahrers und 1/5 zu Lasten des Autofahrers.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt ist rechtskräftig und kann nicht mehr angefochten werden.
Tipp: Nach Verkehrsunfällen mit mehreren Beteiligten sollte stets geprüft werden, in welchem Umfang jeder Fahrer zur Entstehung des Schadens beigetragen hat. Besonders bei Kreuzungen mit Lichtsignalanlagen kommt es häufig auf Sekundenbruchteile und präzise Beweisführung an. Fahrer sollten darauf achten, Gelbphasen nicht auszureizen und vor allem Rotlichtverstöße strikt zu vermeiden. Auch Wendemanöver über Linksabbiegerspuren bergen erhöhte Risiken und sollten nur ausgeführt werden, wenn die Verkehrslage eindeutig sicher ist. Eine lückenlose Unfallrekonstruktion und Zeugenaussagen können im Streitfall entscheidend sein.
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