Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Az. 21 W 26/25) entschied: Ein zerrissenes Testament im Schließfach ändert die gesetzliche Erbfolge nicht.
Zerrissenes Testament im Schließfach entdeckt
Der Erblasser war in letzter Ehe kinderlos mit der Beteiligten zu 2) verheiratet. Nach seinem Tod beantragte diese einen Erbschein basierend auf der gesetzlichen Erbfolge. Das Nachlassgericht stellte einen Erbschein aus, der die Ehefrau sowie die Mutter des Erblassers als Erben auswies.
Zwei Monate später öffneten die Beteiligte zu 2) und ein Vertreter der Mutter das Schließfach des Erblassers. Dort fanden sie ein handschriftliches Testament, das den Beteiligten zu 1) begünstigte, jedoch längs in der Mitte zerrissen war. Der Beteiligte zu 1) stellte daraufhin Antrag auf Einziehung des bereits erteilten Erbscheins, da das Testament seiner Ansicht nach noch Gültigkeit besaß. Das Nachlassgericht wies diesen Antrag jedoch zurück.
Gegen diese Entscheidung legte der Beteiligte zu 1) Beschwerde ein, die nun vom OLG Frankfurt am Main geprüft wurde.
Widerruf durch Zerstörung des Testaments
Der 21. Zivilsenat wies die Beschwerde zurück und bestätigte, dass das Nachlassgericht den Erbschein zu Recht nicht eingezogen habe.
Nach Auffassung des Senats war der Beteiligte zu 1) nicht testamentarischer Erbe, da der Erblasser das Testament wirksam widerrufen habe. Das Zerreißen des Testaments stelle eine eindeutige Vernichtungshandlung dar, die als Widerruf gilt. Es spreche nichts dafür, dass äußere Umstände das Dokument zerrissen hätten, da das Papier ungleichmäßig und mit unsauberen Trennkanten auseinandergerissen wurde. Zudem hatte nur der Erblasser Zugriff auf das Schließfach, sodass ein Fremdverschulden ausgeschlossen wurde.
Die gesetzliche Vermutung, dass das Zerreißen mit Widerrufsabsicht erfolgte, sei nicht widerlegt. Auch die Aufbewahrung des zerstörten Testaments im Schließfach könne diese Vermutung nicht entkräften. Zwar sei nicht erklärbar, weshalb der Erblasser das widerrufene Dokument dort verwahrte, doch genüge dies nicht, um an der Widerrufsabsicht zu zweifeln. Die dokumentierten 31 Öffnungen des Schließfachs deuteten zudem auf eine vielfältige Nutzung hin.
Die Entscheidung ist endgültig und kann nicht mehr angefochten werden.
Tipp: Wer ein Testament wirksam widerrufen möchte, sollte auf eine klare Vernichtung achten. Im Streitfall wird das Zerreißen grundsätzlich als Widerruf gewertet, sofern keine gegenteiligen Beweise vorliegen. Wer als Begünstigter eines beschädigten Testaments Ansprüche geltend machen möchte, muss mit hohen Beweisanforderungen rechnen.
Symbolgrafik:© Marco2811 - stock.adobe.com