Autofahrer werden ab einer Promille-Grenze von 1,1 als absolut fahruntüchtig angesehen. Doch wie sieht es bei einem Pedelec-Fahrer aus? Dies erfahren Sie in diesem Ratgeber.
Welche Promille-Grenze gilt ist von wichtiger Bedeutung, wenn Fahrer z.B. eines Kraftfahrzeuges wie eines Autos, eines Motorrades oder eines E-Scooters oder auch anderen Fahrzeugen wie eines Fahrrades oder eines Pedelec im alkoholisierten Zustand bei einer Verkehrskontrolle - im schlimmsten Fall nach einem Verkehrsunfall - erwischt werden ist.
Strafbarkeit gem. § 316 StGB
Dass ein solches Verhalten selbst dann strafbar sein kann, wenn er dadurch keine anderen Verkehrsteilnehmer gefährdet hat, ergibt sich aus § 316 Abs. 1 StGB. Der Tatbestand dieser Vorschrift ist gem. § 316 Abs. 1 StGB erfüllt, wenn jemand ein Fahrzeug im Verkehr führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen. Nach § 316 Abs. 2 StGB ist auch die fahrlässige Begehung strafbar.
Relative Fahruntüchtigkeit
Dies ist einmal der Fall, wenn er relativ fahruntüchtig ist. Diese Voraussetzung ist dann gegeben, wenn bei ihm festgestellt worden ist, dass er das Fahrzeug nicht mehr sicher führen konnte. Hierfür sprechen als Indizien etwa, dass er Schlangenlinien gefahren ist. Hierfür gibt es keine bestimmte Promillegrenze.
Absolute Fahruntüchtigkeit
Darüber hinaus reicht es auch aus, dass er absolut fahruntüchtig ist. Ab dieser Promillegrenze gehen die Gerichte davon aus, dass der Fahrer nicht mehr sicher fahren konnte. Das Besondere besteht darin, dass der Fahrer sich hiervon nicht entlasten kann durch den Beweis des Gegenteils. Bei Kraftfahrzeugen wie z.B. PKW oder einem Motorrad hat der Bundesgerichtshof seit dem Beschluss vom 28.06.1990 - 4 StR 297/90 in ständiger Rechtsprechung klargestellt, dass der Fahrer ab ein Promillewert im Blut von 1,1 als absolut fahruntüchtig gilt. Einzelne Gerichte sind auch bei E-Scootern von einer Promille-Grenze von 1,1 ausgegangen (etwa LG München I, Beschluss vom 30.10.2019 - 1 J Qs 24/19 jug; LG Dortmund, Beschluss vom 11.02.2020 - 43 Qs 5/20). Aber auch alkoholisierte Radfahrer ohne Ausfallserscheinungen kommen nicht ungeschoren davon. Hier ist die Rechtsprechung bislang großzügiger und geht erst ab der Promille-Grenze von 1,6 von absoluter Fahruntüchtigkeit aus.
Promille-Grenze bei Pedelec-Fahrer
Wie die rechtliche Situation hingegen bei einem Pedelec Fahrer aussieht, dazu hat jetzt das Oberlandesgericht Karlsruhe eine interessante Entscheidung getroffen. Im zugrundliegenden Sachverhalt war der Fahrer eines gewöhnlichen Pedelecs mit einer auf seinen Fahrweg einbiegenden Radfahrerin zusammengestoßen. Dabei hatte er eine Alkoholkonzentration von höchstens 1,59 Promille im Blut.
Nachdem ihn sowohl das Amtsgericht Staufen, wie das Landgericht Freiburg (Breisgau) vom Vorwurf der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr gem. § 316 Abs. 2 StGB wegen eines zu niedrigen Promille-Wertes freigesprochen hatte, legte die Staatsanwaltschaft hiergegen Revision ein. Sie begründete das damit, dass für einen Pedelec-Fahrer als Führer eines Kraftfahrzeuges ebenfalls die Promille Grenze von 1,1 gilt.
Hiermit überzeugte die Staatsanwaltschaft jedoch nicht das Oberlandesgericht Karlsruhe. Diese verwies mit Hinweisbeschluss vom 14.07.2020 – 2 Rv 35 Ss 175/20 darauf, dass ihrer Auffassung nach die Promille-Grenze für Pedelec-Fahrer erst bei 1,6 Promille Alkohol im Blut liegt. Sie begründen dies damit, dass Pedelec Fahrer nicht schneller absolut fahruntüchtig sind als Radfahrer. Dies ergebe sich jedenfalls nicht aus derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Das werde auch nicht durch mehrere Untersuchungen infrage gestellt, nach denen Pedelecs an ihren Fahrer wohl höhere Anforderungen stellen als ein Fahrrad.
Da es sich um einen Hinweisbeschluss handelt, kann noch nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob das Oberlandesgericht Karlsruhe abschließend so entscheidet, auch wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit dafürspricht. Darüber hinaus ist noch offen, wie andere Gerichte entscheiden werden.
Fazit:
Pedelec Fahrer sollten daher mit ihrem Konsum von Alkohol vorsichtig sein und nicht darauf vertrauen, dass sie vor allem außerhalb des Oberlandesgerichtsbezirkes Karlsruhe bei einem Promillewert bis 1,5 mit einem blauen Auge davonkommen. Dies kann zudem auch durch neue wissenschaftliche Untersuchungen infrage gestellt werden. Darüber hinaus sollten Sie bedenken, dass Gerichte unter Umständen bei einem niedrigen Promille-Wert weit unter 1,6 von relativer Fahruntüchtigkeit ausgehen können.
Gleichwohl können sich Fahrer von einem gewöhnlichen Pedelec in ähnlichen Fällen auf diese Entscheidung berufen. Aufgrund der noch nicht abschließenden Klärung sollten Sie sich am besten an einen Fachanwalt für Verkehrsrecht wenden. Dieser kann prüfen, ob die Einlegung eines Rechtsmittels sinnvoll erscheint.
Autor: Harald Büring, Ass. jur. (Fachanwalt.de-Redaktion)
Foto: © klesign - Fotolia.com