Erbrecht

Pflichtteil beantragt heißt noch nicht Pflichtteil erhalten

07.03.2023
 (1)
Zuletzt bearbeitet am: 07.03.2023

Frankfurt/Main (jur). Setzen sich Eltern zunächst gegenseitig als Erben ein, hängt die Wirkung einer „Pflichtteilsstrafklausel“ von ihrer konkreten Formulierung ab. Das zeigt ein am Montag, 6. März 2023, bekanntgegebener Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main (Az.: 21 W 104/22). Eine Klausel, die an den „Erhalt“ des Pflichtteils anknüpft, setzt danach „einen tatsächlichen Mittelabfluss voraus.“ 

Mehr als die Hälfte der Ehepaare vereinbaren inzwischen ein sogenanntes Berliner Testament, in dem sie sich zunächst gegenseitig als Erben einsetzen. Erst nach dem Tod auch des zweiten Elternteils sind dann die Kinder sogenannte Schlusserben. 

Dennoch können Kinder auch schon nach dem Tod des ersten Elternteils einen bestimmten Pflichtteil beantragen. Um dies zu verhindern, wird ein Berliner Testament häufig mit einer Pflichtteilsstrafklausel verknüpft. 

So war es auch hier. Die Eheleute hatten sich gegenseitig als Alleinerben eingesetzt. Weiter hieß es in ihrem Testament: „Wir gehen davon aus, dass unsere Kinder keinen Anspruch auf einen Pflichtteil nach dem Tod des erstverstorbenen Elternteils erheben. Nach dem Tod des überlebenden Partners wird das Vermögen unter den Kindern zu gleichen Teilen aufgeteilt. Ausgenommen ist dabei das Kind, das einen Pflichtteil beansprucht und erhalten hat.“ 

Als der Vater starb, hatte allerdings eine der Töchter den Pflichtteil geltend gemacht. Geld hatte sie danach allerdings keines gesehen. Nach dem Tod auch der Mutter meinten dennoch die anderen beiden Töchter, die erste könne erneut nur den Pflichtteil bekommen. 

Doch wegen der Formulierung der Strafklausel trifft dies hier nicht zu, entschied nun das OLG Frankfurt. Denn die Klausel knüpfe nicht nur an das Beanspruchen, sondern auch an den Erhalt der Pflichtteils an. Die Klausel setze daher „einen tatsächlichen Mittelabfluss voraus“. 

Auch dass nach Angaben der anderen Töchter der Pflichtteil nach dem Tod des Vaters „Null“ gewesen sein soll, könne daher offen bleiben. So oder so habe die Tochter kein Geld bekommen. Nach der Klausel bestehe daher auch „kein Sanktionsgrund“. Nach dem Tod auch der Mutter teile sich daher das Schlusserbe zu gleichen Teilen unter allen drei Töchtern auf. 

Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

Symbolgrafik:© Stockwerk-Fotodesign - stock.adobe.com

Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock

Diesen Artikel bewerten
Über den Autor





Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
Erbrecht „Vermachen“ statt „vererben“ kann Erbschaftsteuer sparen

München (jur). Wenn Ausländer eine in Deutschland gelegene Immobilie vererben, wird darauf eigentlich Erbschaftsteuer fällig. Ist auch die Empfängerin im Ausland, können sie dies dank einer Gesetzeslücke aber umgehen, indem sie die Immobilie als „Vermächtnis“ weitergeben, wie am Dienstag, 28. Februar 2023, der Bundesfinanzhof (BFH) in München in einem bei seiner Jahrespressekonferenz bekanntgegebenen Urteil entschied (Az.: II R 37/19). Die Gesetzeslücke sei seit Jahren bekannt, sei aber nie geschlossen worden.   Die Erblasserin im Streitfall lebte in der Schweiz. Ihr gehörte eine Wohnung in München, die sie einer Nichte in den USA „vermacht“ hatte. Die ... weiter lesen

Erbrecht Kinder haften für ihre verstorbenen Eltern

Kassel (jur). Stehen nach dem Tod eines Versicherten noch Rückforderungen der Rentenversicherung aus, gehen diese mit in den Nachlass ein. Die Rentenversicherung darf das Geld daher bei den Erben eintreiben, wie am Mittwoch, 8. Februar 2023, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel entschied (Az.: B 5 R 2/22 R).  Im konkreten Fall geht es um eine Rückforderung von 5.230 Euro gegen eine Frau aus Hessen. Sie hatte dies nicht akzeptiert und geklagt. Doch noch vor dem Urteil des Sozialgerichts starb die Frau. Ihr Ehemann und alleiniger Erbe setzte das Verfahren fort. Doch das Sozialgericht und auch das Landessozialgericht gaben der Rentenversicherung recht.  ... weiter lesen

Erbrecht Erbe trägt Risiko für unwirksames Testament

Celle (jur). Stellt sich ein Testament wegen einer psychischen Erkrankung der Erblasserin als unwirksam heraus, muss der zunächst bedachte Erbe auch noch nach Jahren alles wieder herausgeben. Selbst wenn der Erbe den Nachlass im guten Glauben angenommen hat, trägt er das Risiko für die Unwirksamkeit des Testaments, wie das Oberlandesgericht (OLG) Celle in seiner mündlichen Verhandlung vom 22. November 2022 deutlich machte (Az.: 6 U 2/22). Nach Rücknahme der Berufung wurde so das gleichgerichtete Urteil des Landgerichts Hannover rechtskräftig (Urteil vom 27. Dezember 2021, Az.: 12 O 189/20).  Im konkreten Fall hatte eine alleinstehende und kinderlose Frau ihr ... weiter lesen

Erbrecht Kopie reicht für Testamentseröffnungsverfahren aus

Düsseldorf (jur). Liegt kein Testament im Original vor, kann auch eine private Kopie der Originalurkunde vom Nachlassgericht zur Testamentseröffnung herangezogen werden. Denn so kann eine zeitnahe „geordnete Nachlassabwicklung“ sichergestellt werden, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 19. August 2022 (Az.: 3 Wx 119/22).  Die klagende Witwe aus Oberhausen hatte beim Nachlassgericht wegen des Todes ihres Ehemannes die Eröffnung des Testamentsverfahrens beantragt. Dabei werden Verfügungen des Verstorbenen vorgelegt, die seinen Letzten Willen betreffen. Notarielle Testamente oder Erbverträge werden ... weiter lesen

Ihre Spezialisten