Karlsruhe. Auch für sogenannte Einzelrennen müssen Autofahrer weiterhin mit bis zu zwei Jahren Haft rechnen. Mit Beschluss vom Dienstag, 1. März 2022, hat das Bundesverfassungsgericht Karlsruhe entschieden, dass die im Strafgesetzbuch 2017 eingeführte Definition des „Raserparagrafens“ ausreichend und verfassungsgemäß ist (Az.: 2 BvL 1/20).
Als Reaktion auf illegale Straßenrennen mit Todesopfern hat der Gesetzgeber mit einer Verschärfung des Gesetzes reagiert. Straßenrennen und andere Raserei-Taten werden nun eindeutig nach § 315d StGB geahndet. Das Gesetz sieht unter anderem vor, dass Kfz-Fahrer, die „mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos“ fahren, um „die höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen“, mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder einer Geldstrafe zu bestrafen sind.
Im aktuellen Rechtsstreit geht es um einen angeklagten Fahrer, der keinen Führerschein hat, unter Drogeneinfluss steht, aus Angst vor einer Polizeikontrolle weggerast und vor der Polizei fliehen wollte. Innerorts fuhr er teilweise mit 100 km/h. Die Verfolgung endete mit einem Unfall des Angeklagten.
Das AG Villingen-Schwenningen im Schwarzwald konnte den Angeklagten des rechtswidrigen Vorwurfs des „Einzelrennens“ jedoch nicht verurteilen. Was der Gesetzgeber unter „höchstmöglicher Geschwindigkeit“ verstehe, sei rechtlich völlig unklar. Die Vorschrift sei daher verfassungswidrig. Das Gericht legte den Fall dem Bundesverfassungsgericht zur Überprüfung vor.
Mit Beschluss vom 9. Februar 2022 hat das Verfassungsgericht entschieden, dass die Formulierung des „Raserparagrafs“ hinreichend klar sei, um verfassungsgemäß zu sein. Die Bedeutung von „höchstmöglicher Geschwindigkeit“ kann jeweils vom Gericht ausgelegt werden. Maßstab gemäß der Gesetzesbegründung seien unter anderen die Straßen, Sicht- und Wetterverhältnisse sowie zurückgelegte Entfernungen. Täter-Motive allein, wie hier der Polizei zu entkommen, haben keinen Einfluss auf die Anwendung des Abschnitts zur Raserei.
Die strafrechtliche Bestimmung greift hier zwar in die allgemeine Handlungsfreiheit des Angeklagen ein. Allerdings muss diese laut Bundesverfassungsgericht wegen den Belangen des Gemeinschaftsschutzes (Verletzung des Straßenverkehrsrechts und der Missachtung der Rücksichtsnahmepflichten) in den Hintergrund treten.
Symbolgrafik:© Lukas Gojda - stock.adobe.com