Ratgeber: Arbeitsrecht
Erfurt (jur). Bei einer Kündigung wegen eines möglichen Arbeitszeitbetrugs dürfen Arbeitgeber auch Videos aus einer im Betrieb durchgeführten offenen Videoüberwachung verwerten. Dies gilt selbst dann, wenn die Überwachungsmaßnahme nicht vollständig im Einklang mit den Vorgaben des Datenschutzrechts stand, urteilte das Bundesarbeitsgericht (BAG) in am Donnerstag, 29. Juni 2023, in Erfurt (Az.: 2 AZR 296/22). Im konkreten Fall wurde dem zuletzt als Teamsprecher in einer Gießerei beschäftigten und aus Niedersachsen stammenden Kläger wegen Arbeitszeitbetrugs außerordentlich, hilfsweise ordentlich gekündigt. Der Arbeitgeber hatte zuvor einen anonymen Hinweis erhalten, ... weiter lesen
Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 29. Juni 2023 zum Aktenzeichen 2 AZR 296/22 entschieden, dass in einem Kündigungsschutzprozess grundsätzlich kein Verwertungsverbot in Bezug auf solche Aufzeichnungen aus einer offenen Videoüberwachung besteht, die vorsätzlich vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers belegen sollen. Das gilt auch dann, wenn die Überwachungsmaßnahme des Arbeitgebers nicht vollständig im Einklang mit den Vorgaben des Datenschutzrechts steht. Aus der Pressemitteilung des BAG Nr. 31/23 vom 29.06.2023 ergibt sich: Der Kläger war bei der Beklagten zuletzt als Teamsprecher in der Gießerei ... weiter lesen
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 15.06.2023 zum Aktenzeichen 10 Sa 1143/22 die Kündigung eines Lehrers, der ein Video unter Verwendung eines Bildes des Tores eines Konzentrationslagers mit der Inschrift „IMPFUNG MACHT FREI“ bei YouTube eingestellt hat, für unwirksam erachtet. Es hat das Arbeitsverhältnis jedoch auf Antrag des Landes Berlin zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 31.03.2022 gegen Zahlung einer Abfindung von etwa 72.000 EUR aufgelöst. Aus der Pressemitteilung des LAG Berlin-Brandenburg Nr. 22/23 vom 15.06.2023 ergibt sich: Ein Lehrer des Landes Berlin hat im Juli 2021 als ... weiter lesen
Das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt hat mit Beschlüssen vom 13. Juni 2023 zu den Aktenzeichen 10 M 3/23, 10 M 4/23, 10 M 6/23, 10 M 7/23, 10 M 8/23, 10 M 9/23, 10 M 10/23 und 10 M 11/23 die Beschwerden der Polizeiinspektion Magdeburg bzw. die Beschwerde der Polizeiinspektion Halle (Saale) gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Magdeburg zurückgewiesen, durch die vorläufige Dienstenthebungen von acht Polizeivollzugsbeamten auf Probe aufgehoben wurden. Aus der Pressemitteilung des OVG SA Nr. 7/2023 vom 14.06.2023 ergibt sich: Die Polizeibeamten waren als Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst an der Fachhochschule der Polizei des Landes ... weiter lesen
Das Verwaltungsgericht Lüneburg hat mit Urteil vom 2. Mai 2023 zum Aktenzeichen 3 A 146/22 entschieden, dass Reisezeiten mit der Bahn, die im Zusammenhang mit der Überführung von neuen Nutzfahrzeugen anfallen, Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes sind. Aus der Pressemitteilung des VG Lüneburg vom 05.06.2023 ergibt sich: Die Klägerin in den beiden Verfahren ist ein Speditionsunternehmen, das auf die Überführung von neuen und gebrauchten Nutzfahrzeugen, unter anderem Sattelzugmaschinen, spezialisiert ist. Die für die Überführung eingesetzten Arbeitnehmer fahren mit Taxi und Bahn zum jeweiligen Abholort des ... weiter lesen
Leipzig (jur). Bei der Berufsfeuerwehr tätige Rettungsassistenten dürfen zu Weiterqualifizierung zum Notfallsanitäter verpflichtet werden. Allerdings muss der Dienstherr in solch einem Fall entsprechend den landesgesetzlichen Bestimmungen das Mitbestimmungsrecht des Personalrats achten, urteilte am Donnerstag, 22. Juni 2023, das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig (Az.: 2 C 2.22). Geklagt hatte ein bei der Stadt Hamburg verbeamteter Hauptbrandmeister bei der Berufsfeuerwehr. Der Mann verfügte über eine Ausbildung als Rettungsassistent und wurde – gemeinsam mit einem Rettungssanitäter – in der Notfallrettung eingesetzt. Als sich Ende Juli 2017 die gesetzlichen ... weiter lesen
Bereits im vor Kurzem erschienenen Blog-Beitrag Entgeltfortzahlung nur bei Angaben zur Krankheit? – Teil 1: Erschütterter Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wurde aufgezeigt, dass ein Arbeitnehmer für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ausnahmsweise doch Angaben zu seinen Gesundheitsdaten machen muss und der Verweis auf eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht reicht. In diesem Folgebeitrag wird nunmehr – wiederum anhand aktueller Rechtsprechung – aufgezeigt, dass dies auch bei Streit um eine sog. Fortsetzungserkrankung gilt. Anm.: Dieser Blogbeitrag ist in leicht abgewandelter Form auch als ... weiter lesen
Erfurt (jur). Lässt sich ein Unternehmen Mitarbeiter durch einen Personaldienstleister vermitteln, kann er diese Kosten nicht abwälzen. Auch wenn der Arbeitnehmer frühzeitig kündigt, muss er die Vermittlungsprovision nicht erstatten, urteilte am Dienstag, 20. Juni 2023, das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt (Az.: 1 AZR 265/22). Gegenteilige Vertragsklauseln sind danach unwirksam. Der Kläger war zum 1. Mai 2021 als Service-Techniker eingestellt worden. Ein Personaldienstleister hatte dies gegen eine Provision von 4.461 Euro vermittelt. Weitere 2.231 Euro sollten nach Ablauf der sechsmonatigen Probezeit fällig werden. Laut Arbeitsvertrag sollte der Arbeitnehmer ... weiter lesen
Berlin (jur). Ein Foto eines KZ-Tores mit dem abgeänderten Spruch „Impfung macht frei“ rechtfertigt auch bei einem Lehrer noch nicht die Kündigung. Denn dies lässt sich noch als „scharfe Kritik an der Coronapolitik“ deuten und kann daher noch von der Meinungsfreiheit gedeckt sein, urteilte am Donnerstag, 15. Juni 2023, das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg in Berlin (Az.: 10 Sa 1143/22). Wegen weiterer Äußerungen des Lehrers löste das LAG auf Antrag des Landes Berlin das Arbeitsverhältnis aber gegen Zahlung einer Abfindung auf. Der Lehrer hatte ein YouTube-Video unter dem Titel „Sie machen Tempo! Und ich denke...“ veröffentlicht. Am Anfang ... weiter lesen
Durch einen Aufhebungsvertrag beenden Arbeitgeber und Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis einvernehmlich, oftmals ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Sollte Ihnen der Arbeitgeber einen solchen Vertrag anbieten, sollten Sie keinesfalls blind unterschreiben. Anderenfalls drohen schwere Nachteile. Als erfahrene Fachanwälte für Arbeitsrecht haben wir für Sie zusammengefasst, worauf Sie unbedingt achten sollten. Der Aufhebungsvertrag als Falle – Überdenken Sie Ihre Unterschrift Auch wenn Sie das Unternehmen verlassen wollen, sollten Sie auf das Angebot des Arbeitgebers, einen Aufhebungsvertrag abzuschließen, nicht ... weiter lesen
Die Auffassung, dass ein Arbeitnehmer bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit keine Angaben zu seinen Gesundheitsdaten machen müsse, sondern einfach auf die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verweisen könne, ist recht verbreitet. Dieser Beitrag und der demnächst erscheinende Folgebeitrag zeigen aber auf, dass dies nicht ausnahmslos gilt. Nach einer kurzen Einführung werden – auch anhand aktueller Rechtsprechung – zwei Fallgestaltungen vorgestellt, in denen solche Angaben doch gefordert werden können, konkret: bei Erschütterung des Beweiswertes der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Teil 1) und bei einer sog. ... weiter lesen
Erfurt (jur). Ein Betriebsratsvorsitzender kann nicht gleichzeitig Datenschutzbeauftragter seiner Firma sein. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am Dienstag, 6. Juni 2023, in Erfurt unter Hinweis auf mögliche Interessenkonflikte entschieden (Az.: 9 AZR 383/19). Dies habe auch schon vor der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gegolten. Damit wies das BAG den Betriebsratsvorsitzenden eines Unternehmens aus Sachsen ab. Er war 2015 zum Datenschutzbeauftragten seiner Firma und mehrerer Tochtergesellschaften in Deutschland bestellt worden. Auf Veranlassung des Thüringer Landesbeauftragten für Datenschutz dies widerrief das Unternehmen diese Bestellung Ende 2017. ... weiter lesen
Eine außerordentliche Kündigung kann für Arbeitnehmer massive Konsequenzen haben. Im Gegensatz zur ordentlichen Kündigung erfolgt sie aus einem dringenden Grund und wirkt somit unmittelbar und ohne Vorwarnun g. Dies kann für Arbeitnehmer ein tiefer Einschnitt im Arbeitsverhältnis sein, da sie ihre Existenzgrundlage und damit einhergehend ihre finanzielle Absicherung verlieren können. Nachfolgend sollen einige der Gefahren aufgeführt und erläutert werden, die Arbeitnehmern im Falle einer außerordentlichen Kündigung drohen können. Verlust des Arbeitsplatzes und Einkommens : Die ... weiter lesen
Eine Kündigung ist für jeden Arbeitnehmer ein schwerwiegender Einschnitt in das eigene Leben , da sie nicht nur den Verlust des Arbeitsplatzes, sondern oft auch eine existenzielle Bedrohung darstellt. Wenn ein Arbeitnehmer eine Kündigung von seinem Arbeitgeber erhält, ist es daher wichtig, dass er seine Rechte kennt und darauf achtet, dass diese eingehalten werden. Eine Möglichkeit, um sich gegen eine ungerechtfertigte Kündigung zu wehren , ist die Erhebung einer Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht . Es gibt verschiedene Gründe, warum ein Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage erheben sollte. Eine ... weiter lesen
Erfurt (jur). Werden Leiharbeitnehmer nach einem Tarifvertrag bezahlt, darf ihr Lohn niedriger sein als der der Stammbelegschaft des Entleihbetriebs. Denn Tarifverträge können für die ersten neun Monate eines Einsatzes unter bestimmten Voraussetzungen vom „Equal-Pay-Gebot“ abweichen, urteilte am Mittwoch, 31. Mai 2023, das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt (Az.: 5 AZR 143/19). Es setzte damit ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg um. Konkret wies das BAG eine Leiharbeitnehmerin aus Bayern ab. Sie war von Januar bis April 2017 als Kommissioniererin im Auslieferungslager eines Einzelhandelsunternehmens in Bayern eingesetzt. Dafür erhielt ... weiter lesen
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 02.05.2023 zum Aktenzeichen 8 Sa 594/22 entschieden, dass ein Arbeitnehmer nicht beweisen konnte, dass der Arbeitgeber ihn dauerhaft und bezahlt freigestellt hat. Aus der Pressemitteilung des LAG Düsseldorf vom 02.05.2023 ergibt sich: Der Kläger war seit 1994 im Bereich der Grünpflege bei der beklagten Stadt tätig. Dieser war einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt und tarifvertraglich ordentlich unkündbar . Er verdiente zuletzt monatlich 3.200,00 Euro brutto. Im Jahr 2015 erfolgte eine Abordnung zum Ordnungsamt. Mit einstweiligem Verfügungsverfahren erreichte der ... weiter lesen
Die in § 11 Nr. 2 KSchG bzw. § 615 Satz 2 BGB geregelte Anrechnung böswillig unterlassenen Verdienstes beim Annahmeverzug des Arbeitgebers vor allem nach unwirksamer Kündigung war lange Zeit selten praxisrelevant. Arbeitgeber konnten sich hierauf im Regelfall nicht mit Erfolg berufen, wenn Arbeitnehmer Annahmeverzugslohn geltend machten (§ 615 Satz 1 BGB). Dies hat sich in den letzten Jahren durch eine Neujustierung der Rechtsprechung vor allem des BAG geändert. Nachfolgend wird diese Entwicklung skizziert und auch die neueste Entscheidung des BAG hierzu vorgestellt. Zudem wird bewertet, ob und inwieweit es berechtigt ist, wenn auf ... weiter lesen
1. Was kann der Arbeitnehmer gegen eine Abmahnung unternehmen? Grundsätzlich kann dagegen eine Klage beim Arbeitsgericht erhoben werden mit dem Ziel, die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte zu erreichen. Meistens ist das aber keine gute Idee, denn dadurch wird das Arbeitsverhältnis stark belastet. Wer gegen eine Abmahnung klagt, der darf nicht überrascht sein, wenn der Arbeitgeber ihm in diesem Zusammenhang die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorschlägt. Das sollte bedacht werden, bevor leichtfertig gegen eine Abmahnung geklagt wird. Es bestehen jedoch noch weitere Möglichkeiten um auf eine Abmahnung ... weiter lesen
Der Personalvermittlung liegt ein Auftrag eines Arbeitgebers zu Grunde, um offene Stellen mit neuen Mitarbeitenden zu besetzen. Der beauftragte Vermittler übernimmt die Suche und schlägt dem Auftraggeber passende Kandidat:innen vor. Bei Abschluss eines Arbeitsvertrags erhält die Personalvermittlung eine Vermittlungsprovision. Personalvermittler werden beauftragt, wenn Unternehmen die Personalsuche nicht selbst übernehmen können oder wollen. Private Arbeits- oder Personalvermittler werden wie ein Makler vom Arbeitgeber beauftragt. Rechtlich gesehen handelt es sich um eine Maklertätigkeit, für die das Maklerrecht gemäß ... weiter lesen
Erfurt (jur). Hängen Zuschläge beispielsweise zu Bereitschaftsdiensten davon ab, wann der entsprechende Dienstplan „aufgestellt“ wurde, meint dies die Bekanntgabe durch den Arbeitgeber. Auf die Rechtmäßigkeit des Dienstplans oder eine noch fehlende Zustimmung durch den Betriebs- oder Personalrat kommt es dabei in der Regel nicht an, wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Samstag, 6. Mai 2023, veröffentlichten Urteil zum Tarifvertrag für Ärzte an kommunalen Kliniken entschied (Az.: 6 AZR 130/22). Der Tarifvertrag bestimmt, dass der Dienstplan für Bereitschaftsdienste und Rufbereitschaften „spätestens einen Monat vor Beginn des jeweiligen ... weiter lesen