Ein Arbeitsunfall auf dem Weg von einer privaten Feier wirft oft juristische Fragen auf. Das Bundessozialgericht (BSG) entschied nun, ob das Abholen von Arbeitsschlüsseln als Wegunfall unter den Versicherungsschutz fallen kann. Dies betrifft viele Arbeitnehmer, die berufliche Arbeitsmittel an einem anderen Ort aufbewahren (BSG, 26.09.2024 - B 2 U 15/22 R).
Wegeunfall: Der konkrete Fall vor dem Bundessozialgericht
Im Zentrum des Verfahrens stand eine Arbeitnehmerin, die nach einem privaten Wochenendausflug auf dem Weg zurück zu ihrer Wohnung schwer verunglückte. Der Unfall ereignete sich, als die Arbeitnehmerin Arbeitsschlüssel und -unterlagen aus ihrer Wohnung holen wollte, um anschließend ihrer Arbeit im Gemeindezentrum nachzugehen. Die Berufsgenossenschaft sowie das Sozialgericht (SG) und das Landessozialgericht (LSG) lehnten die Anerkennung als Arbeitsunfall zunächst ab. Das BSG stellte jedoch klar, dass ein solcher Unfall als Wegunfall unter bestimmten Bedingungen als Arbeitsunfall anerkannt werden könne.
Dabei betonte das Gericht, dass der Versicherungsschutz gegeben sein könnte, wenn die Arbeitnehmerin den Weg zurücklegte, um unentbehrliche Arbeitsmittel zu holen. Entscheidend sei dabei, ob die Arbeitnehmerin auf einer für ihre berufliche Tätigkeit notwendigen, versicherten Strecke unterwegs war, und ob die Tätigkeit in direktem Zusammenhang mit ihrer beruflichen Aufgabe stand.
Versicherungsschutz und rechtliche Grundlagen bei Wegeunfällen
Der Versicherungsschutz für Wegunfälle ist in § 8 des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VII) geregelt. Demnach sind Arbeitsunfälle solche Unfälle, die Versicherten bei einer versicherten Tätigkeit zustoßen. Hierunter fallen auch Wege, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehen. Im vorliegenden Fall war es entscheidend, dass die Arbeitnehmerin Arbeitsschlüssel und Unterlagen holen wollte, die für die Ausübung ihrer Arbeit erforderlich waren.
Das BSG hielt fest, dass eine solche Tätigkeit als versichert gelten kann, wenn die Gegenstände für die berufliche Tätigkeit unverzichtbar waren und sich die Arbeitnehmerin auf einem direkten Weg befand. Allerdings hängt die endgültige Entscheidung nun von den weiteren Ermittlungen des Landessozialgerichts ab, das klären muss, ob eine Weisung des Arbeitgebers bestand oder ob die Arbeitnehmerin eigeninitiativ handelte.
Hinweise zur geltenden Rechtslage
SGB VII § 8 Arbeitsunfall: Versicherte Tätigkeiten umfassen auch das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach oder von dem Ort der beruflichen Tätigkeit sowie das Befördern und Verwahren von Arbeitsgeräten, wenn dies zur Erfüllung der beruflichen Aufgaben notwendig ist.
Praxisrelevanz: Was bedeutet das Urteil für Arbeitnehmer?
Arbeitnehmer sollten sich darüber bewusst sein, dass Wegunfälle nicht automatisch unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung fallen. Entscheidend ist, ob der Weg tatsächlich in direktem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit steht. In diesem Fall könnte die Anerkennung des Wegunfalls davon abhängen, ob die Arbeitnehmerin die Arbeitsschlüssel auf Weisung ihres Arbeitgebers oder aus eigenem Antrieb holen wollte. Für Arbeitnehmer ist es daher ratsam, entsprechende berufliche Handlungen und Anweisungen klar zu dokumentieren, um im Fall eines Unfalls einen möglichen Versicherungsschutz nachweisen zu können.
Fachanwalt.de-Tipp: Dokumentieren Sie wichtige berufliche Anweisungen Ihres Arbeitgebers, insbesondere wenn es um beruflich notwendige Wege geht, die außerhalb der eigentlichen Arbeitsstätte stattfinden. Das kann im Fall eines Unfalls von erheblicher Bedeutung sein.
Zusammenfassung
Das Bundessozialgericht hat die Entscheidung zu einem Wegunfall beim Abholen von Arbeitsschlüsseln nach einem privaten Ausflug zurück an das Landessozialgericht verwiesen. Entscheidend für die Anerkennung als Wegunfall ist, ob der Weg im Zusammenhang mit einer beruflich notwendigen Tätigkeit stand und ob der Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung greift.
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