Verwaltungsrecht

Rücknahme der Flüchtlingsanerkennung wegen grober Täuschung zulässig

Zuletzt bearbeitet am: 16.03.2024

Leipzig (jur). Das Flüchtlings-Bundesamt kann auch eine eigentlich rechtskräftige Flüchtlingsanerkennung wieder zurücknehmen, wenn der Flüchtling die Gerichte getäuscht und belogen hat. Das hat am Dienstag, 19. November 2013, das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden (Az.: 10 C 27.12). Auch ein rechtskräftiges Gerichtsurteil stehe dann dem nicht entgegen.

Damit wies das Bundesverwaltungsgericht eine Mutter und ihre beiden Söhne ab. Sie waren 1998 nach Deutschland gekommen und hatten sich unter falschen Namen als syrisch-orthodoxe Christen aus der Türkei ausgegeben. Wegen ihres Glaubens seien sie verfolgt worden. Das zuständige Verwaltungsgericht verpflichtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die Asylanträge anzuerkennen.

Erst zehn Jahre später stellte sich heraus, dass die Frau und ihre Söhne armenische Staatsangehörige sind. Sie haben nie in der Türkei gelebt und waren auch in Armenien nicht verfolgt worden. Daraufhin hob das Bundesamt die Flüchtlingsanerkennungen auf.

Zu Recht, wie nun das Bundesverwaltungsgericht entschied. Die Flüchtlingsanerkennungen hätten aufgehoben werden dürfen, „weil sie aufgrund unrichtiger Angaben ausgesprochen worden waren“. Dies sei nicht nur nach dem deutschen Asylverfahrensgesetz, sondern auch nach EU-Recht so vorgesehen.

Die Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils, das zur Anerkennung geführt habe, stehe dem nicht entgegen. Es liege hier „ein Fall des Urteilsmissbrauchs vor“, erklärten die Leipziger Richter. In solchen Fällen könne auch im Flüchtlingsrecht die Rechtskraft eines Urteils durchbrochen werden. Dies gelte dann, wenn das Urteil „sachlich unrichtig ist“ und der Flüchtling dies weiß, weil er selbst Behörden und Gericht gezielt getäuscht hat.

Dagegen kann eine Einbürgerung nach mehr als acht Jahren nicht mehr zurückgenommen werden. Das hatte das Bundesverwaltungsgericht am 14. Februar 2008 entschieden (Az.: 5 C 4.07 und 5 C 5.07). Hintergrund ist der verfassungsrechtliche Schutz der deutschen Staatsangehörigkeit. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Mai 2006 kann daher eine Einbürgerung nur „zeitnah“ zurückgenommen werden (Az.: 2 BvR 669/04).

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