Köln (jur). Wenn Tandem-Fallschirmspringer sich bei der Landung verletzen, können sie Schadenersatz verlangen. Das gilt selbst dann, wenn den den Sprung steuernden Tandem-Piloten kein Verschulden trifft und vertraglich eine Haftung ausgeschlossen wurde, entschied das Landgericht Köln in einem am Freitag, 30. Dezember 2022, bekanntgegebenen Urteil (Az.: 3 O 176/19). Der Tandemsprung sei dem Luftverkehr zuzurechnen, für den das Gesetz bis zu einer Grenze von 163.000 Euro eine verschuldensunabhängige Haftung vorsehe.
Der Kläger hatte bei einem Kölner Anbieter einen Tandem-Fallschirmsprung in der Eifel gebucht. Er unterschrieb einen Beförderungsvertrag mit Haftungsausschluss. 20 Minuten ging es mit dem Flugzeug in die Höhe, dann sprangen der Tandem-Pilot und der durch Gurte fest mit ihm verbundene Kläger ab. Nach etwa 50 Sekunden freiem Fall öffnete sich der Fallschirm.
Nach mehreren schwebenden Minuten war die Landung nach Ansicht des Klägers viel zu hart. Er kam mit dem Gesäß auf und verletzte sich die Wirbelsäule. Insbesondere bei Belastungen hat er seitdem starke Schmerzen. Der Tandem-Pilot und sein Unternehmen gingen freilich von einer „schulbuchmäßigen Landung“ aus.
Das Landgericht Köln sprach dem Kläger nun ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro und weitere rund 7.000 für materielle Schäden zu. Zudem hafte das beklagte Unternehmen auch für künftige Schäden.
Zur Begründung erklärte das Landgericht, die Parteien hätten einen Luftbeförderungsvertrag abgeschlossen. Das Luftverkehrsgesetz sehe hier eine verschuldensunabhängige Haftung bis zu rund 163.000 Euro vor, darüber hinaus nur bei einem Verschulden des Anbieters.
Ein Luftbeförderungsvertrag kann nach dem Kölner Urteil auch vorliegen, wenn es nicht um die Beförderung von einem zu einem anderen Ort geht. „Der vertragliche Schutz des Passagiers umfasst dabei auch das Aussteigen, auch mit Fallschirm, jedenfalls solange sich der Fluggast noch in der Obhut des Tandem-Piloten befindet.“
Hier habe sich ein Risiko verwirklicht, das bei Fallschirmsprüngen generell besteht. Die vertragliche Ausschlussklausel sei unwirksam, so das Landgericht in seinem Urteil vom 7. Dezember 2022.
Ein Verschulden sei dem Tandem-Piloten allerdings nicht vorzuwerfen, so dass die Haftung bei 163.000 Euro gedeckelt bleibt. Ein Sachverständiger habe festgestellt, dass es trotz des Bilderbuchwetters in etwa zehn Metern Höhe Turbulenzen gab. Ein so verursachtes „Durchsacken“ des Fallschirms habe dann zu der harten Landung geführt. Solche Turbulenzen seien vorher nicht erkennbar, und der Tandem-Pilot habe keine Möglichkeit mehr gehabt, in die Landung einzugreifen.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock