Versicherungsrecht

Schadenersatz für Tandem-Fallschirmspringer

Zuletzt bearbeitet am: 02.01.2023

Köln (jur). Wenn Tandem-Fallschirmspringer sich bei der Landung verletzen, können sie Schadenersatz verlangen. Das gilt selbst dann, wenn den den Sprung steuernden Tandem-Piloten kein Verschulden trifft und vertraglich eine Haftung ausgeschlossen wurde, entschied das Landgericht Köln in einem am Freitag, 30. Dezember 2022, bekanntgegebenen Urteil (Az.: 3 O 176/19). Der Tandemsprung sei dem Luftverkehr zuzurechnen, für den das Gesetz bis zu einer Grenze von 163.000 Euro eine verschuldensunabhängige Haftung vorsehe. 

Der Kläger hatte bei einem Kölner Anbieter einen Tandem-Fallschirmsprung in der Eifel gebucht. Er unterschrieb einen Beförderungsvertrag mit Haftungsausschluss. 20 Minuten ging es mit dem Flugzeug in die Höhe, dann sprangen der Tandem-Pilot und der durch Gurte fest mit ihm verbundene Kläger ab. Nach etwa 50 Sekunden freiem Fall öffnete sich der Fallschirm. 

Nach mehreren schwebenden Minuten war die Landung nach Ansicht des Klägers viel zu hart. Er kam mit dem Gesäß auf und verletzte sich die Wirbelsäule. Insbesondere bei Belastungen hat er seitdem starke Schmerzen. Der Tandem-Pilot und sein Unternehmen gingen freilich von einer „schulbuchmäßigen Landung“ aus. 

Das Landgericht Köln sprach dem Kläger nun ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro und weitere rund 7.000 für materielle Schäden zu. Zudem hafte das beklagte Unternehmen auch für künftige Schäden. 

Zur Begründung erklärte das Landgericht, die Parteien hätten einen Luftbeförderungsvertrag abgeschlossen. Das Luftverkehrsgesetz sehe hier eine verschuldensunabhängige Haftung bis zu rund 163.000 Euro vor, darüber hinaus nur bei einem Verschulden des Anbieters. 

Ein Luftbeförderungsvertrag kann nach dem Kölner Urteil auch vorliegen, wenn es nicht um die Beförderung von einem zu einem anderen Ort geht. „Der vertragliche Schutz des Passagiers umfasst dabei auch das Aussteigen, auch mit Fallschirm, jedenfalls solange sich der Fluggast noch in der Obhut des Tandem-Piloten befindet.“ 

Hier habe sich ein Risiko verwirklicht, das bei Fallschirmsprüngen generell besteht. Die vertragliche Ausschlussklausel sei unwirksam, so das Landgericht in seinem Urteil vom 7. Dezember 2022. 

Ein Verschulden sei dem Tandem-Piloten allerdings nicht vorzuwerfen, so dass die Haftung bei 163.000 Euro gedeckelt bleibt. Ein Sachverständiger habe festgestellt, dass es trotz des Bilderbuchwetters in etwa zehn Metern Höhe Turbulenzen gab. Ein so verursachtes „Durchsacken“ des Fallschirms habe dann zu der harten Landung geführt. Solche Turbulenzen seien vorher nicht erkennbar, und der Tandem-Pilot habe keine Möglichkeit mehr gehabt, in die Landung einzugreifen. 

 

Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

Symbolgrafik:© Marcus Hofmann - stock.adobe.com

Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock

Diesen Artikel bewerten
Über den Autor





Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
Versicherungsrecht Verpflichtende vs. freiwillige Versicherung - Welche deckt was ab?

Versicherungen spielen in unserem Leben oftmals eine essentielle Rolle . Einige Versicherungen sind gesetzlich verpflichtend, andere hingegen sind freiwillig. Bei den freiwilligen Versicherungen gibt es eine Reihe an Versicherungsunternehmen, die entsprechende Policen anbieten. Die Berufsunfähigkeitsversicherung , kurz BU sowie z.B. die private Haftpflichtversicherung  werden besonders gerne abgeschlossen. Beispiele für gesetzlich verpflichtende Versicherungen Einige Versicherung muss man laut Gesetz haben: Krankenversicherung Die Krankenversicherung ist eine der Versicherung, die in Deutschland verpflichtend ist. Es besteht die Wahl zwischen ... weiter lesen

Versicherungsrecht Explodierte ausgebaute E-Roller-Batterie

Karlsruhe (jur). Explodiert eine zum Aufladen herausgenommene Elektroroller-Batterie, muss die für das Fahrzeug abgeschlossene Haftpflichtversicherung regelmäßig nicht haften. Denn nach dem Herausnehmen ist die Batterie nicht mehr beziehungsweise noch nicht Teil des Elektrorollers, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Dienstag, 7. März 2023 veröffentlichten Urteil (Az.: VI ZR 1234/20).  Im Streitfall hatte der Halter eines Elektrorollers sein Fahrzeug zur Inspektion in eine Werkstatt gebracht. Ein Werkstatt-Mitarbeiter entnahm die Batterie des Rollers, um diese aufzuladen. Als er bemerkte, dass die Batterie sich stark erhitzte, trennte er ... weiter lesen

Versicherungsrecht Tierhalterhaftung greift auch bei Hilfe wegen Hundeattacke auf Katze

Frankfurt/Main (jur). Springt eine Frau ihrer Katze wegen des Angriffs eines Hundes helfend zur Seite, muss der Hundehalter für die erlittenen Verletzungen der gestürzten Katzenhalterin aufkommen. Für die Haftung reiche es aus, „wenn sich ein Mensch durch die von dem Tier herbeigeführte Gefahr zu helfendem Eingreifen veranlasst sieht“, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in einem am Montag, 30. Januar 2023, bekanntgegebenen Teil- und Grundurteil (Az.: 4 U 249/21).  Im konkreten Fall hatten zwei Nachbarn im Januar 2017 gleichzeitig auf ihren Grundstücken Schnee geräumt. Als der Hütehund des einen Nachbarn den Kater der Klägerin auf deren ... weiter lesen

Versicherungsrecht Weihnachtsbaum vor Einkaufszentrum muss Windstärke 8 standhalten

Düsseldorf. Ein Weihnachtsbaum, der vor einem Einkaufszentrum aufgestellt ist, muss Windstärke 8 standhalten können. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) hat am Freitag, den 18. November 2022, entschieden, dass die Stadt haften muss, wenn der von einer Kommune aufgestellte Baum bei dieser Windstärke umkippt und dabei eine Person verletzt (Az.: 22 U 137/ 21). Seit vielen Jahren bietet die Stadt Düsseldorf Werbegemeinschaften die Möglichkeit, vor Weihnachten gegen eine Gebühr einen Weihnachtsbaum vor ihrem Ladengeschäft aufzustellen. Von dieser weihnachtlichen Atmosphäre wollte auch das Einkaufszentrum Kö-Center in der Düsseldorfer Innenstadt profitieren. Am 21. ... weiter lesen

Ihre Spezialisten