Luxemburg (jur). Wettbewerbsverfahren vor den Gerichten der Europäischen Union dürfen nicht zu lange dauern. Es entsteht dadurch zwar kein Anspruch auf Herabsetzung der Strafe, betroffene Unternehmen können aber Schadenersatz einklagen, urteilte am Dienstag, 26. November 2013, der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg (Az.: C-40/12, C-50/12 und C-58/12).
Im entschiedenen Fall geht es um ein Kartell für Industriesäcke. Die beteiligten Unternehmen sollen Preise abgestimmt und Märkte aufgeteilt haben. Ende November 2005 verhängte die EU-Kommission Geldbußen von insgesamt 290 Millionen Euro. Mehrere Unternehmen reichten sofort eine Klage ein. Das erstinstanzliche Gericht der Europäischen Union (EuG) entschied darüber erst nach fünf Jahren und neun Monaten und bestätigte die Bußgelder.
Vor dem EuGH rügten die Unternehmen nun teilweise die Berechnung der Geldbußen. Zudem machten sie geltend, wegen des überlangen Verfahrens in erster Instanz müssten die Bußen herabgesetzt werden.
Der EuGH bestätigte nun, dass es hier keinerlei Rechtfertigung für ein so langes Verfahren gab. Weder seien die Streitsachen sonderlich schwierig gewesen noch hätten die Beteiligten zu Verzögerungen beigetragen. Das EuG habe daher das Grundrecht der Unternehmen verletzt, „dass über ihre Sache innerhalb angemessener Frist entschieden wird“.
Am Ergebnis der erstinstanzlichen EuG-Urteile ändere dies allerdings nichts; die Bußgelder seien deswegen nicht herabzusetzen, urteilte der EuGH. Soweit den Unternehmen dadurch tatsächlich wie behauptet ein Schaden entstanden sei, hätten sie aber Anspruch auf Schadenersatz. Diesen müssten sie in einem neuen Verfahren vor dem EuG einklagen.
Weiter bekräftigte der EuGH, dass die EU-Kommission bei Kartellverstößen eines konzerngebundenen Tochterunternehmens auch die Konzernmutter mit in die Verantwortung nehmen kann. Dies ist wichtig, weil sich die Höhe der Bußgelder nach dem Jahresumsatz richtet. Unter Einbeziehung des Mutterunternehmens fällt sie daher meist deutlich höher aus. Es bestehe eine „widerlegliche Vermutung“, dass das Mutterunternehmen einen maßgeblichen Einfluss auf das Tochterunternehmen ausübt, betonte der EuGH. Nur wenn der Konzern beweisen könne, dass die Tochter völlig eigenständig handelt, seien auch die Bußgelder nur nach den Umsätzen der Tochter zu berechnen.
In den hier entschiedenen Fällen sei dieser Nachweis aber nicht gelungen. Daher wies der EuGH die Klagen gegen die Höhe der Kartellbußen ab.
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