Sozialrecht

Schonvermögen bei Hartz 4, Grundsicherung und Unterhalt

24.05.2022
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Zuletzt bearbeitet am: 19.03.2024

Wer Sozialleistungen beantragen will, muss sein Einkommen sowie vorhandene Vermögenswerte offenlegen. Denn bevor der Staat finanziell einspringt, muss der Antragsteller erst einmal sein gesamtes verwertbares Vermögen einsetzen. Bevor Leistungen in Anspruch genommen werden können, soll möglichst zunächst auf das eigene Vermögen zurückgegriffen werden. Es gibt jedoch auch Vermögen, das unantastbar ist und nicht zur Bestreitung des eigenen Lebensunterhalts eingesetzt werden muss. Hier spricht man vom Schonvermögen.

Schonvermögen im deutschen Sozialrecht und Unterhaltsrecht

Der Begriff des Schonvermögens spielt vor allem im deutschen Sozialrecht und Unterhaltsrecht eine Rolle. Unter Schonvermögen versteht man dasjenige Vermögen, das unangetastet bleiben kann, sollte man Leistungen vom Staat beantragen. Das Vermögen wird also geschont und muss nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts genutzt werden. Denn wer Leistungen in Anspruch nehmen will, muss in der Regel zunächst erst auf das eigene Vermögen zurückgreifen. Eben dieses Schonvermögen ist hiervon ausgenommen und wird geschützt. Bestimmte Beträge kann man also weiterhin für sich behalten und dennoch Leistungen beantragen.

Überschreiten die Vermögenswerte des Antragstellers das zulässige Schonvermögen, muss er seine Vermögenswerte zunächst auf Höhe des Schonvermögens abschmelzen. Erst dann ist er berechtigt, die gewünschten staatlichen Sozialleistungen zu beantragen.

Bei einigen Vermögenswerten stellt sich auch immer wieder die Frage, ob diese zum Schonvermögen zählen oder nicht. Beispiele hierfür:

  • Auto

Ob ein Auto zum Schonvermögen gehört, hängt von dessen Wert ab. Erst ab einem Restwert von mindestens 7.500 Euro zählt das Auto zum verwertbaren Vermögen. Bei einem niedrigeren Restwert gehört es noch zum Schonvermögen.

  • Bestattungsvorsorge

Wer sich Zeit seines Lebens um eine Bestattungsvorsorge gekümmert hat, fragt sich ebenfalls, ob diese zum Schonvermögen zählt und damit sicher vor dem Zugriff des Sozialamts ist, sollten Grundsicherungsleistungen durch den Staat in Anspruch genommen werden. Relevant sind hier insbesondere Grundsatzentscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts von 2003 und des Bundessozialgerichts von 2008, da es keine expliziten gesetzlichen Regelungen zur Bestattungsvorsorge gibt. Demnach zählt die Bestattungsvorsorge zum Schonvermögen, wenn sie zweckgebunden und angemessen ist. Eine ausschließliche Zweckgebundenheit liegt vor, wenn es so gut wie ausgeschlossen ist, dass das Geld für etwas Anderes verwendet wird. Bei u.a. einer Sterbegeldversicherung oder einem Dauergrabpflegevertrag wird man von dieser Zweckgebundenheit ausgehen können.

Der Betrag für die Kosten der Grabpflege und Bestattung müssen auch angemessen sein. Um das zu beurteilen, müssen verschiedene Faktoren berücksichtigt werden. U.a. die örtlichen Gegebenheiten, die durchschnittlichen Bestattungskosten und auch die individuellen Lebensverhältnisse des Betroffenen.

Als angemessen werden regelmäßig Verträge von 3.500 bis 5.000 Euro anzusehen sein. Verträge über höhere Beträge werden im Einzelfall auf ihre Angemessenheit hin zu prüfen sein.

Wie hoch ist das Schonvermögen 2022?

Ob Sozialhilfe oder ALG II, es gibt unterschiedliche rechtliche Vorgaben zum Schonvermögen zu beachten.

Schonvermögen und Grundsicherung / Sozialhilfe

Geht es um Sozialhilfe, finden sich Regelungen zum Schonvermögen in § 90 Absatz 2 SGB XII. Das Schonvermögen liegt hier aktuell bei 5.000 Euro. Für jede weitere Person, die vom Leistungsempfänger unterhalten wird, gibt es zusätzlich noch einmal einen Freibetrag von 500 Euro.

Zudem nennt der Paragraf die Fälle, in denen Leistungen beantragt werden können, ohne dass zuvor das eigene Vermögen eingesetzt werden muss. So darf die Vergabe von Sozialhilfe keinesfalls abhängig gemacht werden von der Verwertung oder dem Einsatz von unter anderem:  

  • Gegenständen, die zur Fortsetzung oder Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder Berufsausbildung nicht zu entbehren sind
  • staatlich geförderter Altersversorgung (u.a. Betriebsrente, Riester-Rente) – die Höhe der Altersvorsorge ist im Gegensatz zum SGB II nicht beschränkt
  • einer angemessen großen Eigentumswohnung oder einem angemessenen Hausgrundstück, das vom Antragsteller bewohnt wird
  • Gegenständen, deren Besitz nicht als Luxus zu bewerten ist, und die zur Befriedigung geistiger Bedürfnisse dienen. Dies gilt insbesondere für künstlerische und wissenschaftliche Bedürfnisse.
  • Familien- und Erbstücken, deren Verkauf für den Betroffenen oder für seine Familie eine besondere Härte darstellen würde
  • angemessenem Hausrat unter Berücksichtigung der bisherigen Lebensverhältnisse des Antragstellers

Schonvermögen bei Hartz 4 / Arbeitslosengeld II

Geht es um das Arbeitslosengeld II, auch bekannt als Hartz 4, kommen die Regelungen des SGB II zum Tragen. Eine entsprechende Regelung findet sich in § 12 Absatz 3 SGB II. Der Paragraf regelt das zu berücksichtigende Vermögen bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Eine bestimmte Höhe für das Schonvermögen wird hier nicht bestimmt.

Jedoch werden bestimmte Freibeträge vorgegeben. Wie hoch diese ausfallen, richtet sich nach dem Geburtsdatum des Antragstellers. So gibt es einen Freibetrag von 150 Euro je Lebensjahr sowie einen Altersvorsorge-Freibetrag von 750 Euro je Lebensjahr. Der Grundfreibetrag liegt aber bei mindestens 3.100 Euro.

Beispiel:

Eine Beispielrechnung für den altersabhängigen Freibetrag würde dann wie folgt aussehen: Wer 45 Jahre alt ist, dem stehen frei verfügbare Rücklagen in Höhe von 6.750 Euro zu: 45 x 150 Euro = 6.750 Euro. Zusätzlich werden noch pauschal 750 Euro als Freibetrag für notwendige Anschaffungen gewährt.

Für den Altersvorsorge-Freibetrag würde es dann so aussehen: Pro Lebensjahr wird ein Freibetrag von 750 Euro gewährt. Bei jemandem der 45 Jahre alt ist, wären dies dann 33.750 Euro.

Fachanwalt.de-Tipp: Bei dem Altersvorsorge-Freibetrag gilt es zu berücksichtigen: Der Hartz4-Bezieher kann erst im Rentenalter über dieses Geld verfügen.

Als Vermögen nicht anzusehen und damit nicht auf den maßgebenden Regelsatz anzurechnen sind außerdem u.a. folgende unverwertbaren Vermögenswerte:

  • Hausrat in angemessenem Umfang
  • ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede erwerbsfähige Person, die in der Bedarfsgemeinschaft lebt
  • ein selbst genutzte Eigentumswohnung oder ein Hausgrundstück (angemessene Größe)
  • Rechte und Sachen, soweit ihre Veräußerung eindeutig unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte darstellen würde

Neben dem im Gesetz genannten Schonvermögen ist es auch möglich, dass andere Besitztümer geschützt werden. Dies wird einzelfallabhängig sein. Ein Fachanwalt für Sozialrecht kann hier juristisch kompetent beurteilen, ob ein entsprechender Härtefall vorliegt und wie die Chancen stehen, dass das Jobcenter die entsprechenden Besitztümer als schützenswert ansieht.

Was gilt im gilt im Unterhaltsrecht?

Im Unterhaltsrecht spielt das Schonvermögen insbesondere für Kinder eine Rolle, die ihren pflegebedürftigen Eltern Unterhalt zahlen müssen (sog. Elternunterhalt). Kinder müssen Unterhalt für ihre Eltern jedoch nur im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten zahlen. Es soll ausgeschlossen werden, dass die Kinder aufgrund der Unterhaltspflicht selber bedürftig werden, § 1603 BGB.

Seit dem 1. Januar 2020 sind Kinder ihren Eltern gegenüber erst dann zum Unterhalt verpflichtet, wenn sie über ein Jahresbruttoeinkommen von 100.000 Euro verfügen. Bei der Prüfung der Einkommensgrenze wird nur das Einkommen des Kindes berücksichtigt.

Ist das Kind verheiratet und erreicht die 100.000-Euro-Grenze erst zusammen mit dem Einkommen des Ehepartners, besteht dennoch noch keine Unterhaltspflicht, denn es gilt bei der Berechnung nur das Vermögen des Kindes. Wenn also pflegebedürftige Eltern nicht selbst über genug finanzielle Mittel verfügen, um die Pflegekosten zu zahlen, wird zunächst der Sozialstaat einspringen und die Kosten vorstrecken. Wird dann festgestellt, dass die Kinder über ausreichend finanzielle Mittel verfügen, wird der Staat von ihnen das Geld zurückfordern.

In der Regel machen also nicht die Eltern selbst ihren Unterhaltsanspruch für sich geltend, sondern vielmehr der Sozialhilfeträger. Sollte keine Unterhaltspflicht der Kinder gegenüber den Eltern bestehen oder reicht der gezahlte Unterhalt nicht für die Lebenshaltung aus, können die Eltern Sozialhilfe beziehen.

Fachanwalt.de-Tipp: Ob Kinder zur Zahlung von Elternunterhalt verpflichtet sind, richtet sich nach der Höhe ihres Jahresbruttoeinkommens. Die konkrete Unterhaltssumme wird dann aber anhand ihres Nettoverdienstes berechnet. Vom Nettoverdienst abgezogen werden aber zuvor bestimmte Ausgaben, die regelmäßig anfallen, z.B. Kredite und private Zusatzversicherungen. Ebenfalls abgezogen wird ein Selbstbehalt, der dem Kind für dessen eigenen Lebensunterhalt zugesprochen wird. Bei Alleinstehenden liegt dieser Selbstbehalt bei 2.000 Euro, bei Ehepaaren bei 3.600 Euro.

Beispiel: Schonvermögen im Pflegeheim

Bei einem Aufenthalt im Pflegeheim gilt: Die Kosten hierfür hat erst einmal grundsätzlich der Pflegebedürftige selbst zu zahlen. Hierfür muss er sein Einkommen und sein Vermögen aufwenden. Sollte der Pflegebedürftige verheiratet sein, ist auch der Ehepartner verpflichtet, sich an den Heimkosten zu beteiligen. Sollte eigenes Vermögen vorhanden sein, steht dem Pflegebedürftigen per Gesetz einmalig ein Schonvermögen in Höhe von 5.000 Euro zu. Dieser Betrag wird also „geschont“ und muss nicht dazu aufgewendet werden, um die Kosten für das Pflegeheim zu finanzieren.

Dasselbe gilt für den Ehepartner des Pflegebedürftigen. Auch dieser darf über einen einmaligen Schonbetrag in Höhe von 5.000 Euro verfügen. Geschützt wird in besonderem Maße auch eine eigene Immobilie, soweit diese selbstgenutzt wird.

Besitzt der Pflegebedürftige oder dessen Ehepartner eine eigene Immobilie und wird diese auch noch von ihnen bewohnt, wird die Immobilie auch zum Schonvermögen gezählt. Voraussetzung dafür ist auch, dass die Immobilie „angemessen“ groß ist. Kommt es zur Haushaltsauflösung, muss die Immobilie verkauft werden, damit mit dem Verkaufserlös die Heimkosten finanziert werden können.

Das wird regelmäßig der Fall sein, wenn die Pflegebedürftigkeit so groß ist, dass ein Umzug in ein Pflegeheim notwendig wird und auch ein vorhandener Ehepartner dann die Immobilie verlässt. Handelt es sich von vorneherein um eine Immobilie, die von dem Pflegebedürftigen oder dessen Ehepartner nicht selbst bewohnt wird oder hat der Pflegebedürftige noch weitere Immobilien, die er aber nicht bewohnt, besteht von vorneherein die Verpflichtung, die Immobilie zu verkaufen, um damit die Finanzierung der Pflegekosten zu gewährleisten.

In solchen Fällen lohnt es sich die Beratung von einen Fachanwalt für Sozialrecht, der sich auf das Thema Pflegeheim spezialisiert hat, in Anspruch zu nehmen.

Autor: Fachanwalt.de-Redaktion

Symbolgrafik: ©  PIC SNIPE - stock.adobe.com

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