Erfurt (jur). Die Betriebsratswahl in Außenstellen eines Hauptwerks ist nur dann als Briefwahl zulässig, wenn es sich um sehr kleine oder weit entfernte Betriebsstelle handelt. Das hat am Mittwoch, 16. März 2022, das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt entschieden (Az.: 7 ABR 29/20). Es erklärte damit die Betriebsratswahl 2018 bei VW-Nutzfahrzeuge in Hannover für unwirksam. Danach müssen die Arbeitnehmervertreter ihr Amt sofort beenden, ihre bisherigen Entscheidungen bleiben aber gültig.
Das VW-Werksgelände in Hannover-Stöcken ist mehrere Hektar groß. Es ist von einem Zaun umgeben und kann nur durch vom Werkschutz kontrollierte Tore betreten werden. Weitere Betriebsstätten befinden sich außerhalb des umzäunten Werksgeländes, drei davon aber in direkter Nachbarschaft. Die Beschäftigten dieser Außenstellen werden mit vom Betriebsrat des Hauptwerks vertreten.
Für die Betriebsratswahl im Frühjahr 2018 hatte der Wahlvorstand entschieden, dass die Beschäftigten der außerhalb des umzäunten Werksgeländes gelegenen Betriebsstätten ihre Stimmen per Briefwahl abgeben sollen. Insgesamt gaben 10.495 Arbeitnehmer eine gültige Stimme ab. Nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses klagten dagegen neun betroffene wahlberechtigte Arbeitnehmer.
Wie in den Vorinstanzen hatten sie damit nun auch vor dem BAG teilweise Erfolg. Danach ist die Wahl unwirksam. Zur Begründung erklärten die Erfurter Richter, laut Wahlordnung sei die Briefwahl „nur für räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernte Betriebsteile und Kleinstbetriebe“ zulässig. Die Einschätzung des Wahlvorstands, dies treffe auch für die drei direkt neben dem umzäunten Werksgelände gelegenen Betriebsstätten zu, sei fehlerhaft.
Dem Ansinnen von Volkswagen, die Wahl nicht nur für „unwirksam“, sondern für „nichtig“ zu erklären, folgte das BAG aber nicht. Dadurch ist der Betriebsrat zwar ab sofort nicht mehr im Amt, rückwirkend bleiben seine bisherigen Entscheidungen aber gültig. Weil die Wahlperiode ohnehin bald geendet hätte, ist ein neuer Betriebsrat für VW-Nutzfahrzeuge in Hannover bereits gewählt.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock