Verwaltungsrecht

Schule darf Gendern

Zuletzt bearbeitet am: 28.03.2023

Berlin (jur). Lehrerinnen und Lehrer dürfen eine genderneutrale Sprache verwenden. Dies verstößt nicht gegen den staatlichen Erziehungsauftrag, wie das Verwaltungsgericht Berlin in einem am Montag, 27. März 2023, bekanntgegebenen Eilbeschluss entschied (Az.: 3 L 24/23). Insbesondere verstoße eine genderneutrale Kommunikation nicht gegen die Vorgaben der deutschen Amtssprache. 

Damit wies das Verwaltungsgericht den Eilantrag eines Vaters ab, dessen beide Kinder an zwei Berliner Gymnasien gehen. Dort hatten die Schulleitungen den Lehrkräften die Verwendung genderneutraler Sprache im Unterricht ausdrücklich freigestellt und nach den gerichtlichen Feststellungen gleichzeitig „klar darauf hingewiesen, dass die Regeln der deutschen Rechtschreibung im Lehr- und Lernprozess einzuhalten“ seien. 

Der den Lehrerinnen und Lehrern durch die Rahmenlehrpläne eingeräumte Spielraum werde dadurch nicht überschritten, befand das Verwaltungsgericht. Das gelte sowohl für den Unterricht als auch für die Unterrichtsmaterialien. Dabei sei an beiden Schulen die genderneutrale Sprache auch Gegenstand des Unterrichts gewesen – „wenn auch nicht in der vom Vater favorisierten Weise“. 

Einen Verstoß gegen die politische Neutralität im Schuldienst konnten die Berliner Richter ebenfalls nicht erkennen. Denn eine Meinungsäußerung gehe mit der gendergerechten Sprache nicht einher. Wenn damit dennoch „politische Zuschreibungen“ verbunden würden, gelte dies umgekehrt auch für die Nichtverwendung einer genderneutralen Sprache. 

Auch ein Verstoß „gegen die Vorgaben der deutschen Amtssprache“ liege nicht vor. Insbesondere auch wegen der breiten öffentlichen Diskussion sei die genderneutrale Sprache „selbst bei Verwendung von Sonderzeichen hinreichend verständlich“. 

Im konkreten Fall gingen die beiden Kinder zudem bereits in die zehnte Klasse, so dass ihr Spracherwerb ohnehin „weitgehend abgeschlossen sein dürfte“, so das Verwaltungsgericht. 

Mit seinem Eilantrag hatte sich der Vater auch dagegen gewandt, dass und wie in den Gymnasien seiner Kinder die „Critical Race-Theory“ behandelt wurde. Diese geht davon aus, dass „Rassen“ keine biologische Einteilung, sondern gesellschaftlich-soziale Zuschreibungen sind. Schulen dürften „offen für ein breites Spektrum von Meinungen und Ansichten sein“, betonten die Berliner Richterin ihrem Eilbeschluss vom 24. März 2023. Dabei seien den Kindern grundsätzlich auch Meinungen zuzumuten, die den eigenen Überzeugungen widersprechen. 

Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

Symbolgrafik:© Falko Müller - Riesa - stock.adobe.com

Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock

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