Das Landgericht Frankfurt am Main hat am 28. November 2024 entschieden, dass ein im familiären Umfeld gewährter hoher Geldbetrag nicht als bloße Gefälligkeit anzusehen ist, sondern einen rechtlichen Anspruch auf Rückzahlung begründet. In dem verhandelten Fall wurde der Schwiegersohn zur Rückzahlung eines sechsstelligen Darlehens an seine Schwiegereltern verpflichtet.
Darlehen in der Familie: Hintergrund des Falls
Der Schwiegersohn befand sich in einer finanziellen Notlage, da ihm seine Bank einen Kredit gekündigt hatte, der zur Erhaltung eines geerbten Wohnhauses diente. Um ihm zu helfen, nahmen seine Schwiegereltern ein Darlehen in Höhe von 250.000 Euro auf und beglichen damit die Restschuld ihres Schwiegersohns. Es wurde mündlich vereinbart, dass der Schwiegersohn die Zins- und Tilgungsleistungen übernehmen würde, was er über mehrere Jahre hinweg tat.
Nach der Scheidung von seiner Ehefrau, der Tochter der Schwiegereltern, stellte der Schwiegersohn die Zahlungen ein. Er begründete dies mit der finanziellen Belastung durch Unterhaltszahlungen und argumentierte, die Unterstützung sei eine freiwillige Gefälligkeit im familiären Kontext gewesen.
Entscheidung des Gerichts: Rückzahlung des Darlehens an Schwiegereltern
Das Landgericht Frankfurt (AZ: 2-23 O 701/23) folgte dieser Argumentation nicht und stellte fest, dass zwischen den Parteien ein mündlicher Darlehensvertrag geschlossen wurde. Entscheidend für das Gericht war der Rechtsbindungswille der Beteiligten. Bei einer reinen Gefälligkeit fehlt dieser Wille, und die Parteien handeln ausschließlich aus gesellschaftlicher Gefälligkeit, Freundschaft oder Altruismus. Im vorliegenden Fall sprach die Höhe des Betrags von 250.000 Euro gegen eine bloße Gefälligkeit des täglichen Lebens.
Zudem gingen die Schwiegereltern ein erhebliches finanzielles Risiko ein, indem sie das Darlehen aufnahmen, um dem Schwiegersohn zu helfen, sein Haus zu behalten. Der Schwiegersohn hatte selbst eingeräumt, dass keine Schenkung beabsichtigt war. Daher sah das Gericht einen klaren Rechtsbindungswillen und bestätigte den Anspruch der Schwiegereltern auf Rückzahlung des Darlehens.
Kernpunkte der Entscheidung
- Höhe des Darlehens: 250.000 Euro;
- Rechtsbindungswille: Der Betrag und die Umstände sprechen für einen Darlehensvertrag;
- Mündliche Vereinbarung: Zahlungen sollten von Schwiegersohn übernommen werden;
- Problematik: Zahlungen nach Scheidung eingestellt;
- Entscheidung: Gericht bestätigt Rückzahlungsverpflichtung;
- Begründung: Keine Schenkung, sondern Darlehen mit klarer Rückzahlungspflicht.
Bedeutung für die Praxis
Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung klarer Absprachen bei finanziellen Zuwendungen im familiären Umfeld. Auch ohne schriftlichen Vertrag kann ein mündlich geschlossener Darlehensvertrag rechtlich bindend sein, insbesondere wenn die Umstände auf einen Rechtsbindungswillen hinweisen. Es ist daher ratsam, bei größeren Geldbeträgen klare Vereinbarungen zu treffen und diese möglichst schriftlich festzuhalten, um spätere Missverständnisse oder rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.
Tipp: Klare Absprachen bei familiären Darlehen
Bei finanziellen Unterstützungen innerhalb der Familie sollten Sie stets klare und schriftliche Vereinbarungen treffen. Dies gilt insbesondere für größere Beträge, um spätere rechtliche Streitigkeiten zu vermeiden und die Interessen aller Beteiligten zu schützen. Deshalb:
- Klare und schriftliche Vereinbarungen;
- Festschreiben der Darlehensbedingungen;
- Festlegen der Rückzahlungsmodalitäten und Zahlungsfristen;
- Klären, was passiert, wenn die Rückzahlung nicht vereinbarungsgemäß erfolgt.
Zusammenfassung
Das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main zeigt, dass hohe Geldzuwendungen im familiären Umfeld nicht automatisch als Gefälligkeit gelten. Ein klarer Rechtsbindungswille kann auch ohne schriftlichen Vertrag bestehen, insbesondere bei erheblichen Beträgen und entsprechenden Umständen. Alle Beteiligten sollten bei familiären Finanzierungen klare Absprachen treffen und diese dokumentieren, um rechtliche Sicherheit zu gewährleisten
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