Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht

Selbstbehalt müssen Wohnungseigentümer gemeinsam zahlen

19.09.2022
 (2)
Zuletzt bearbeitet am: 01.02.2024

Karlsruhe. Wenn Wohnungseigentümer eine gemeinsame Gebäudeversicherung abgeschlossen haben, die auch die einzelnen Wohnungen abdeckt, können sie auch bestimmen, wer im Schadensfall in einer Wohnung den Selbstbehalt zu zahlen hat. Liegt ein derartiger Beschluss der Eigentümerversammlung nicht vor, dann muss die gesamte Eigentümergemeinschaft den Selbstbehalt zahlen, entschied der Bundesgerichtshof Karlsruhe (BGH) am Freitag, 16. September 2022 (Az.: V ZR 69/21).

Bei dem Streit geht es um eine Eigentümergemeinschaft im Kölner Raum. Diese besteht aus mehreren Wohnungen und einer Gewerbeeinheit. Die Eigentümer haben gemeinsam die Gebäudeversicherung abgeschlossen, die nicht nur Schäden des Gemeinschaftseigentums abdeckt, sondern auch Schäden im sog. Sondereigentum der Eigentümer. Im Versicherungsvertrag ist eine von der Schadenshäufigkeit abhängiger Eigenanteil bzw. Selbstbehalt von jetzt 7.500 Euro pro Schadensfall vor.

Es gab in der Vergangenheit mehrere Wasserschäden – immer in Wohnungen, nie in der Gewerbeeinheit. Der Prozess gegen die Firma, die die Kupferrohre verlegt hat, läuft noch. Allein im Jahr 2018 beliefen sich die Wasserschäden auf 85.000 Euro. Aufgrund des hohen Selbstbehalts zahlte die Versicherung nur noch etwa ein Viertel davon. Der Rest wurde von der Hausverwaltung auf alle Eigentümer umgelegt.

Aber die Eigentümerin von der Gewerbeeinheit will nicht mehr dafür bezahlen. Sie ist der Meinung, dass die jeweiligen Wohnungseigentümer für die Wasserschäden in den Wohnungen aufkommen müssten. Zumindest müsse dies für die Zukunft gelten.

Der BGH hat nun entschieden, dass in solchen Fällen die Eigentümergemeinschaft den Selbstbehalt gemeinsam zu zahlen hat, sofern sie keine abweichende Regelung getroffen hat. Als Begründung verwiesen die Richter in Karlsruhe darauf, dass bei Versicherungen der Selbstbehalt zu geringeren Beiträgen führt. Alle Eigentümer in einer Wohnungseigentümergemeinschaft würden davon profitieren. Es sei deshalb angemessen, wenn sie im Schadensfall gemeinsam für den Selbstbehalt aufkommen.

Daher hat der BGH im Streitfall bestätigt, dass die Praxis der Hausverwaltung rechtmäßig ist und somit auch die Eigentümerin der Gewerbeeinheit mit für die Finanzierung des Selbstbehalts aufkommen muss.

Die Eigentümergemeinschaft ist laut BGH aber befugt, abweichende Regelungen zu treffen. Dies gelte jedoch nur für die Zukunft. Ein Anspruch auf eine derartige Regelung gebe es jedoch nur, wenn dafür im Einzelfall „schwerwiegende Gründe“ vorliegen.

Nach dem Karlsruher Urteil kann im konkreten Fall ein solcher Grund darin gesehen werden, dass es zwischen den Wohnungen und der Gewerbeeinheit bauliche Unterschiede gibt, durch die die Wasserleitungen in den Wohnungen anfälliger für Schäden sind. Andererseits reiche es nicht aus, wenn der Grund bei gleichen baulichen Verhältnissen in einem unterschiedlichen Nutzungsverhalten lägen. Das Landgericht Köln soll dies hier nun überprüfen.

Quelle: © Fachanwalt.de

Symbolgrafik: © foto_tech - stock.adobe.com

Diesen Artikel bewerten
Über den Autor





Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht Neuregelung der Kostenverteilung bei WEG laut BGH zulässig

In zwei Urteilen hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) unter bestimmten Voraussetzungen die Kostentragung für Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum zu Lasten einzelner Eigentümer ändern dürfen (Az.:  V ZR 81/23 und V ZR 87/23 ). Diese Entscheidung basiert auf dem 2020 reformierten Wohnungseigentumsgesetz. Doppelparker und Dachfenster im Fokus In dem Verfahren V ZR 81/23 ging es um die Kostenverteilung der Reparatur von Doppelparkern, die aufgrund eines Defekts nur eingeschränkt nutzbar waren. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beschloss, dass nicht alle, sondern nur die Teileigentümer der ... weiter lesen

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht Landgericht Hanau: Vermieter kann bei sporadischer Nutzung nicht kündigen

Ein Urteil des Landgerichts Hanau (Az.: 2 S 107/22 ) macht deutlich, dass ein Vermieter, der in einem Zweifamilienhaus lebt und die zweite Wohnung nur gelegentlich nutzt, dem anderen Mieter nicht ohne triftigen Grund kündigen darf. Amtsgericht weist Räumungsklage ab Eine Vermieterin, die überwiegend im Ausland residiert, hat mit den Mietern einen Vertrag über eine Wohnung in einem Haus mit zwei Einheiten abgeschlossen. Ihre eigene Wohnung im selben Haus nutzt sie nur vereinzelt im Jahr. Sie sprach eine Kündigung gemäß § 573a BGB aus, die besagt, dass der Eigentümer einer Wohnung in einem selbst bewohnten Gebäude mit höchstens zwei Wohneinheiten das ... weiter lesen

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht Insolvenzverfahren bleibt im Grundbuch sichtbar

Karlsruhe (jur). Zwangseintragungen im Grundbuch, etwa zur Anordnung einer Zwangsversteigerung oder der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, bleiben auch nach ihrer „Löschung“ sichtbar. Das geht aus einem aktuell veröffentlichten Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe vom 21. September 2023 hervor (Az.: V ZB 17/22).  Die Beschwerdeführerin im Streitfall ist Eigentümerin mehrerer Wohnungen in Berlin. Über ihr Vermögen war ein Insolvenzverfahren eröffnet und die Zwangsversteigerung der Wohnungen angeordnet worden. Beides wurde entsprechend gesetzlichen Vorgaben zwangsweise in die Grundbücher eingetragen. Die Eigentümerin konnte aber beide ... weiter lesen

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht Anspruch auf Untervermietung gilt auch für Nebenwohnung

Karlsruhe (jur). Mieterinnen und Mieter einer Nebenwohnung können aus Kostengründen vom Vermieter die Zustimmung zur Untervermietung verlangen. Voraussetzung hierfür ist ein „berechtigtes Interesse“ des Mieters, und dass dieser die Nebenwohnung teilweise selbst weiter nutzt, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem am Dienstag, 21. November 2023, veröffentlichten Urteil (Az.: VIII ZR 88/22). Für das Recht auf Untervermietung sei es nicht erforderlich, dass die Wohnung nach der Untervermietung noch Lebensmittelpunkt des Mieters bleibt, stellten die Karlsruher Richter klar.  Nach den gesetzlichen Bestimmungen können Mieter vom Vermieter verlangen, dass ... weiter lesen

Ihre Spezialisten