Steigern Sie Ihre Sichtbarkeit und gewinnen Sie mehr Mandate. Jetzt 1 Monat kostenlos testen!Pfeil rechtsPremiumeintrag jetzt kostenlos testenPfeil rechts

Sozialgericht Aachen: Reha-Karre für soziale Teilhabe

Das Sozialgericht Aachen entschied unter dem Aktenzeichen S 19 SO 112/23, dass eine schwerbehinderte Frau Anspruch auf eine "Reha-Karre" hat. Das Urteil betont die Bedeutung der gleichberechtigten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

Teilhabe an Freizeitaktivitäten gefordert

Die 36-jährige Klägerin, die an spastischer Tetraparese und Tetraplegie leidet, klagte vor dem Sozialgericht Aachen auf die Bewilligung einer "Reha-Karre", einem speziellen Fahrradanhänger für behinderte Erwachsene. Ihre Familie und Freunde unternehmen regelmäßig Fahrradausflüge, an denen die Klägerin ohne diese spezielle Vorrichtung nicht teilnehmen kann.

Die Mutter der Klägerin argumentierte, dass die Tochter ohne die Reha-Karre vollständig von diesen Aktivitäten ausgeschlossen sei, und auch die Assistenzkräfte, die teils keinen Führerschein besitzen, seien in ihrer Freizeitgestaltung erheblich eingeschränkt. Der beklagte Landschaftsverband Rheinland beantragte die Abweisung der Klage, da die Reha-Karre für die soziale Teilhabe der Klägerin nicht zwingend erforderlich sei.

Er führte an, dass die Klägerin bereits einen Aktivrollstuhl mit Unterstützungsantrieb sowie ein behindertengerechtes Fahrzeug nutzen könne und somit auch ohne die Reha-Karre ein angemessenes Maß an gesellschaftlicher Teilhabe möglich sei.

Sozialgericht Aachen: Reha-Karre notwendig für gleichberechtigte Teilhabe

Das Sozialgericht Aachen entschied zugunsten der Klägerin und stellte fest, dass die Bewilligung der Reha-Karre notwendig sei, um die durch die Behinderung verursachte Benachteiligung auszugleichen.

Das Gericht betonte, dass das grundrechtlich verankerte Benachteiligungsverbot es untersage, behinderte Menschen von Aktivitäten auszuschließen, die Nicht-Behinderten zugänglich sind, sofern keine zwingenden Gründe dagegen sprechen. Das Selbstbestimmungsrecht der Klägerin umfasse das Recht, selbst zu entscheiden, wie sie ihre Freizeit gestalten möchte. Nach der Anhörung der Mutter der Klägerin kam das Gericht zu dem Schluss, dass die Teilnahme an den Fahrradausflügen zu den wesentlichen Zielen der Freizeitgestaltung der Klägerin gehört und ohne die Reha-Karre eine unzumutbare Benachteiligung vorliegt. Nur durch die Bereitstellung dieser speziellen Vorrichtung könne die Klägerin gleichberechtigt am Leben in der Gemeinschaft teilnehmen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Tipp: Betroffene sollten in ähnlichen Fällen prüfen, ob vorhandene Hilfsmittel wirklich eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen. Sollte dies nicht der Fall sein, kann es sinnvoll sein, weitere Hilfsmittel zu beantragen, um eine vollständige soziale Integration zu gewährleisten. Wichtig ist es, umfassend darzulegen, wie die gewünschten Hilfsmittel zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen und welche spezifischen Nachteile ohne diese bestehen.

Symbolgrafik:© Zerbor - stock.adobe.com

Diesen Artikel bewerten:
Diesen Artikel teilen: Linkedin Xing X
Whatsapp
Facebook
Fragen? Jetzt Fachanwalt.de-KI kostenlos fragen

Ihr Chatverlauf

Schildern Sie Ihr Problem ausführlich und erhalten innerhalb von Sekunden eine kostenlose KI-Ersteinschätzung:

Mit Nutzung unseres KI-Features akzeptieren Sie unsere Nutzungsbedingungen.

SofortantwortSofortantwort 24/7
NachfragemöglichkeitNachfragemöglichkeit
Kostenlos!Kostenlos!
Antwort erhalten Pfeil nach rechts
Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
BSG: Sturz auf Klinik-Toilette kann versichert sein
SternSternSternSternStern
(2 Bewertungen)18.06.2025Redaktion fachanwalt.deSozialrecht
BSG: Sturz auf Klinik-Toilette kann versichert sein

Das Bundessozialgericht (Az. B 2 U 6/23 R ) hat entschieden, dass ein Sturz auf einer Kliniktoilette unter bestimmten Umständen versichert sein kann. Patientin stürzt bei Toilettengang auf der Stroke Unit Die Klägerin befand sich zur Behandlung einer Hirnblutung mit halbseitiger Lähmung und Sprachstörungen auf der spezialisierten Schlaganfallstation eines Krankenhauses. Der Aufenthalt erfolgte im Rahmen einer stationären Versorgung, die von der Krankenkasse finanziert wurde. Am Unfalltag wurde sie von einem Pflegekraft ins Badezimmer begleitet. Nachdem sie Platz genommen hatte, verließ der Pfleger den Raum. Während ihres Aufenthalts im Bad kam es zu einem Sturz, bei dem sich die Patientin eine Verletzung am rechten Arm zuzog. Der Toilettengang erfolgte in einer Situation, in der die Patientin aufgrund ihrer...

weiter lesen weiter lesen

Kein Erstattungsanspruch bei Quarantäne-Arbeitslosigkeit: BVerwG grenzt das Infektionsschutzgesetz ein
SternSternSternSternStern
(1 Bewertung)11.06.2025Redaktion fachanwalt.deSozialrecht
Kein Erstattungsanspruch bei Quarantäne-Arbeitslosigkeit: BVerwG grenzt das Infektionsschutzgesetz ein

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat am 22. Mai 2025 entschieden, dass die Bundesagentur für Arbeit keinen Anspruch auf Erstattung von Arbeitslosengeld gegenüber der zuständigen Entschädigungsbehörde hat, wenn Leistungsempfänger aufgrund einer behördlich angeordneten Quarantäne nicht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Der Erstattungsanspruch nach Infektionsschutzgesetz greift in solchen Fällen nicht. Ausgangslage: Quarantäne während der Pandemie und ihre Folgen für die Arbeitslosenversicherung Während der Corona-Pandemie kam es wiederholt zu Situationen, in denen Empfänger von Arbeitslosengeld I durch behördlich angeordnete Quarantäne vorübergehend nicht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung standen. Die Bundesagentur für Arbeit zahlte in diesen Fällen weiterhin Leistungen, da die...

weiter lesen weiter lesen
LSG NRW: Jobcenter muss bei Brillenkosten einspringen
SternSternSternSternStern
(1 Bewertung)23.05.2025Redaktion fachanwalt.deSozialrecht
LSG NRW: Jobcenter muss bei Brillenkosten einspringen

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 19.02.2025 – L 12 AS 116/23 ) hat entschieden, dass das Jobcenter als Ausfallbürge für nicht gedeckte medizinische Bedarfe durch die Krankenkasse einstehen muss – auch bei Brillengläsern. Gleitsichtbrille beschädigt – Jobcenter verweigert Zahlung Die Klägerin bezog Bürgergeld vom Jobcenter Köln und hatte sich bereits 2019 eine Gleitsichtbrille angeschafft. Nachdem sie 2020 stürzte und dabei die Brillengläser beschädigt wurden, beantragte sie beim Jobcenter die Kostenübernahme für neue Gläser in Höhe von 780 Euro. Der Antrag wurde abgelehnt.  Die Klägerin erhob Klage vor dem Sozialgericht Köln, das diese zurückwies. Daraufhin ging sie in Berufung. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen erkannte an, dass Reparaturkosten für...

weiter lesen weiter lesen

BSG: Kein Verletztengeld bei fortlaufendem Einkommen
SternSternSternSternStern
(1 Bewertung)15.05.2025Redaktion fachanwalt.deSozialrecht
BSG: Kein Verletztengeld bei fortlaufendem Einkommen

Das Bundessozialgericht (Az. B 2 U 2/23 R ) entschied, dass ein Ex-Fußballprofi trotz Berufskrankheit kein Verletztengeld erhält, wenn Einkünfte weiter fließen. Ex-Profi trotz Krankheit weiter mit Einnahmen aus Praxis Ein ehemaliger Fußballspieler, der inzwischen als selbständiger Physiotherapeut tätig ist, forderte Verletztengeld. Grund war eine anerkannte Berufskrankheit – ein Meniskusschaden, der auf seine Zeit als Profisportler zurückgeht. Aufgrund dieser gesundheitlichen Beeinträchtigung konnte der Kläger seine physische Tätigkeit in der eigenen Praxis zeitweise nicht mehr ausüben. Dennoch blieb der Umsatz seiner Praxis in dieser Zeit unverändert. Der Kläger war weiterhin in organisatorischen, betriebswirtschaftlichen und leitenden Funktionen aktiv. Das Bundessozialgericht hatte nun...

weiter lesen weiter lesen

Rechtsanwalt gesucht?
Sie haben Fragen?