Das Sozialgericht Oldenburg (Az. S 73 U 162/21) hat mit Urteil vom 7. Mai 2025 entschieden, dass der Sturz einer ehrenamtlichen „Gassi-Geherin“ eines Tierheims als Arbeitsunfall zu werten ist. Damit gab das Gericht der Klage gegen die ablehnende Entscheidung der Berufsgenossenschaft statt.
Hundespaziergang endet mit schwerer Verletzung
Die Klägerin engagierte sich seit längerer Zeit ehrenamtlich in einem Tierheimverein und übernahm dort regelmäßig das Ausführen der untergebrachten Hunde. Zusätzlich war sie zeitweise als Kassenprüferin für den Verein tätig.
Während eines Spaziergangs mit einem Tierheimhund stürzte sie auf einem unbefestigten Weg und zog sich dabei eine schwere Weber-C-Fraktur am Sprunggelenk zu. Die zuständige Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung des Vorfalls als Arbeitsunfall ab.
Zur Begründung führte sie an, dass es sich beim „Gassi-Gehen“ nicht um eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit handele, sondern um rein ehrenamtliches Engagement. Nach ihrer Auffassung habe keine abhängige Beschäftigung vorgelegen, sodass kein Versicherungsschutz nach dem Sozialgesetzbuch bestehe.
Gegen diese Entscheidung wandte sich die Klägerin mit einer Klage vor dem Sozialgericht Oldenburg.
Gericht: Gassi-Gehen erfüllt Merkmale eines Arbeitsverhältnisses
Das Sozialgericht Oldenburg hob die Entscheidung der Berufsgenossenschaft auf und stellte fest, dass alle Voraussetzungen für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls erfüllt seien.
Die Richter erkannten an, dass das regelmäßige Ausführen der Hunde für den Tierheimverein eine wirtschaftlich relevante Tätigkeit darstellt und damit nicht bloß auf freiwilligem Engagement beruht. Die Arbeit habe dem Willen des Vereins entsprochen und sei organisatorisch in dessen Abläufe eingebunden gewesen.
Entscheidend sei zudem, dass die Klägerin den Weisungen des Vereins unterstand. Sie durfte die Hunde nicht eigenständig auswählen oder zu beliebigen Zeiten ausführen, sondern musste sich an feste Vorgaben halten. Auch der Umfang ihrer Tätigkeit – mehrmals wöchentlich – spreche gegen eine bloß gelegentliche Hilfeleistung. Die Mitgliedschaft im Verein schließe ein Beschäftigungsverhältnis nicht aus, da die Aufgaben über die satzungsgemäßen Pflichten hinausgingen.
Das Gericht wertete die Tätigkeit daher als arbeitnehmerähnlich und stellte den Versicherungsschutz durch die gesetzliche Unfallversicherung fest.
Tipp: Wer sich ehrenamtlich engagiert, sollte klären, ob der Versicherungsschutz durch eine Berufsgenossenschaft oder über den Träger des Engagements besteht. Gerade bei regelmäßig ausgeübten Tätigkeiten, die organisatorisch eingebunden und weisungsgebunden sind, kann ein versicherungsrechtlicher Schutz greifen. Vereine sollten prüfen, welche ihrer Helfer tatsächlich arbeitnehmerähnliche Aufgaben übernehmen, um Haftungsrisiken und Streitigkeiten mit den Unfallversicherungsträgern zu vermeiden. Eine klare Dokumentation der Tätigkeitsinhalte ist empfehlenswert.
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