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Stellenabbau bei Webasto: 560 Arbeitsplätze betroffen – arbeitsrechtliche Fragen im Fokus

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(1 Bewertung)01.05.2025 Arbeitsrecht

Der bayerische Automobilzulieferer Webasto SE hat im Rahmen eines umfassenden Restrukturierungsprogramms den Abbau von insgesamt 560 Arbeitsplätzen an mehreren deutschen Standorten angekündigt. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Gauting-Stockdorf bei München reagiert damit auf eine veränderte Marktlage sowie auf Effizienzdruck in der Automobilbranche. Die Maßnahme betrifft insbesondere Verwaltungs- und Entwicklungsabteilungen – vor allem an den Standorten Stockdorf, Gilching, Utting, Hengersberg und Neubrandenburg. Der Stellenabbau soll bereits bis Ende 2025 vollständig umgesetzt werden.

Sozialplan und Transfergesellschaft: Sozialverträglicher Stellenabbau geplant

Wie das Unternehmen mitteilte, wurde die Entscheidung zum Stellenabbau in enger Abstimmung mit den Arbeitnehmervertretungen getroffen. Webasto und der Betriebsrat haben sich auf einen Sozialplan geeinigt, der die wirtschaftlichen Nachteile für die betroffenen Beschäftigten abmildern soll. Als Teil des sozialverträglichen Konzepts wurde zudem die Einrichtung einer Transfergesellschaft beschlossen. Diese soll den betroffenen Mitarbeitenden ermöglichen, für bis zu zwölf Monate weiterbeschäftigt zu werden – mit dem Ziel, sie auf eine neue berufliche Perspektive vorzubereiten oder in andere Arbeitsverhältnisse zu vermitteln.

Arbeitsrechtlich relevant: Betriebsänderung nach § 111 BetrVG

Aus arbeitsrechtlicher Sicht handelt es sich bei den geplanten Maßnahmen eindeutig um eine Betriebsänderung im Sinne von § 111 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). In einem solchen Fall ist der Arbeitgeber verpflichtet, mit dem Betriebsrat rechtzeitig und umfassend über die geplanten Umstrukturierungen zu beraten. Ziel ist es, einen Interessenausgleich über das „Ob“, „Wie“ und „Wann“ der Maßnahme sowie einen Sozialplan zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile zu verhandeln.

Ein Sozialplan kann verschiedene Leistungen vorsehen, etwa Abfindungen, Weiterbildungsangebote, Unterstützung bei der Arbeitsplatzsuche oder Leistungen im Rahmen einer Transfergesellschaft. Die konkrete Ausgestaltung hängt vom Verhandlungsergebnis zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber ab. Nach Angaben von Webasto soll bei der Umsetzung der Personalmaßnahmen besonderer Wert auf soziale Verantwortung gelegt werden – insbesondere im Hinblick auf ältere Beschäftigte und solche mit längerer Betriebszugehörigkeit.

Massenentlassungsanzeige nach § 17 KSchG notwendig

Da der geplante Personalabbau mehr als 560 Stellen umfasst, ist Webasto gesetzlich verpflichtet, eine Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) bei der zuständigen Agentur für Arbeit einzureichen. Eine solche Anzeige muss vor Ausspruch der Kündigungen erfolgen – andernfalls sind diese gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 17 Abs. 1 KSchG nichtig.

Zudem müssen betriebsbedingte Kündigungen – sofern sie ausgesprochen werden – die gesetzlichen Anforderungen erfüllen. Das bedeutet insbesondere, dass der Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers dauerhaft wegfallen muss, keine Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz möglich ist und die gesetzlich vorgeschriebene Sozialauswahl korrekt durchgeführt wurde. Hierbei sind Kriterien wie Lebensalter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und eine eventuelle Schwerbehinderung zu berücksichtigen. Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Sozialauswahl oder wurde der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört (§ 102 BetrVG), sind Kündigungen angreifbar.

Standorte unterschiedlich betroffen – Wörth am Rhein bleibt verschont

Nicht alle Standorte sind vom Personalabbau betroffen. Das Werk in Wörth am Rhein (Rheinland-Pfalz), in dem die Webasto Mechatronics GmbH elektronische Steuergeräte auf einer 12.000 Quadratmeter großen Produktionsfläche herstellt, bleibt von den Entlassungen verschont. Der Standort hat sich in den vergangenen Jahren als Kompetenzzentrum für elektronische Steuerungssysteme etabliert und spielt strategisch eine wichtige Rolle innerhalb des Konzerns. Rund 173 Mitarbeitende sind dort beschäftigt – ihre Arbeitsplätze gelten derzeit als gesichert.

Hintergrund: Wirtschaftliche Lage und Restrukturierungsdruck

Webasto wurde 1901 in Esslingen am Neckar gegründet und ist heute ein weltweit tätiger Automobilzulieferer mit über 16.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von rund 4,6 Milliarden Euro (Stand: 2023). Das Unternehmen fertigt unter anderem Dach- und Heizsysteme sowie Lösungen für Elektromobilität und ist in einem Markt tätig, der starkem Wandel und Kostendruck unterliegt.

Jörg Buchheim, seit wenigen Wochen Vorstandsvorsitzender des Unternehmens, bezeichnete die Entscheidung zum Stellenabbau als „schwierig, aber angesichts der Marktentwicklung unumgänglich“. Ziel der Umstrukturierung sei es, die langfristige Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und die Organisation effizienter aufzustellen.

Was betroffene Arbeitnehmer jetzt tun sollten

Für betroffene Beschäftigte ist schnelles Handeln ratsam: Wird eine Kündigung ausgesprochen, muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang Klage beim zuständigen Arbeitsgericht erhoben werden (§ 4 KSchG). Wird diese Frist versäumt, gilt die Kündigung als wirksam – selbst wenn sie rechtswidrig war. In vielen Fällen kann es sich auch lohnen, anwaltlich prüfen zu lassen, ob ein Anspruch auf eine höhere Abfindung oder ein günstigerer Aufhebungsvertrag besteht.

Zudem ist darauf zu achten, ob im jeweiligen Betrieb ein Sozialplan abgeschlossen wurde und welche Leistungen dieser vorsieht. Arbeitnehmer mit Kindern, längerer Betriebszugehörigkeit oder einer Schwerbehinderung haben oft bessere Chancen auf Nachteilsausgleich und Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten.

Fazit: Stellenabbau bei Webasto als Prüfstein für den Beschäftigtenschutz

Der Fall Webasto zeigt exemplarisch, wie wirtschaftliche Zwänge in der Automobilindustrie zu tiefgreifenden Einschnitten bei der Belegschaft führen können – und wie wichtig es ist, dass diese durch arbeitsrechtliche Schutzmechanismen begleitet und kontrolliert werden. Der rechtzeitige Gang zu einer Fachanwaltskanzlei für Arbeitsrecht kann im Ernstfall entscheidend sein, um Rechte zu wahren, Ansprüche durchzusetzen und individuelle Lösungen zu finden.

Rechtsanwalt & Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. jur. Jens Usebach LL.M. von der kanzlei JURA.CC bearbeitet im Schwerpunkt das Kündigungsschutzrecht im Arbeitsrecht. Der Fachanwalt für Arbeitsrecht vertritt Mandanten außergerichtlich bei Aufhebungsverträgen und Abwicklungsverträgen bei der Kündigung des Arbeitsvertrages durch den Arbeitgeber. Soweit erforderlich erfolgt eine gerichtliche Vertretung bei der Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht mit dem Ziel für den Arbeitnehmer eine angemessene und möglichst hohe Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes, ein sehr gutes Arbeitszeugnis für zukünftige Bewerbungen oder auch die Rücknahme der Kündigung und die Weiterbeschäftigung zu erzielen.

Mehr Informationen unter www.JURA.CC oder per Telefon: 0221-95814321

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