München (jur). Menschen mit krankhaften Fettablagerungen können die Kosten für eine sogenannte Liposuktion als außergewöhnliche Belastung steuermindernd geltend machen. Jedenfalls seit 2016 ist hierfür auch kein ärztliches Gutachten nötig, entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in München in einem am Donnerstag, 29. Juni 2023, veröffentlichten Urteil (Az.: VI R 39/20).
Etwa zehn Prozent aller Frauen leiden unter solchen krankhafte Fettablagerungen, sogenannten Lipödemen, die häufig sehr schmerzhaft sind. Bei einer Liposuktion wird das unter der Haut abgelagerte Fett operativ abgesaugt. Lange Zeit wurde diese Behandlung von den Krankenkassen nicht bezahlt. Erst seit 2020 besteht unter sehr strengen Voraussetzungen die Möglichkeit, dass die Krankenkasse die Kosten übernimmt. Diese Regelung gilt zunächst bis Ende 2024. Zu den Voraussetzungen gehören ausgeprägte Lipödeme (Stadium III), deren Schmerzen durch nicht-operative Therapien wie Lymphdrainage, Kompression und Sport über mindestens sechs Monaten nicht ausreichend zu lindern waren.
Bei der Klägerin war bereits 2012 ein Lipödem diagnostiziert worden. Ihre Schmerzen wurden über die Jahre immer stärker. Im Jahr 2016 beantragte sie bei ihrer Krankenkasse erfolglos die Kostenübernahme für eine Liposuktion. 2017 ließ sie den Eingriff dann auf eigene Rechnung durchführen.
An den Kosten wollte sie danach zumindest den Fiskus beteiligen. Das Finanzamt erkannte die Behandlungskosten jedoch nicht als außergewöhnliche Belastung an.
Der dagegen gerichteten Klage gab nach dem Finanzgericht Sachsen nun auch der BFH statt. Die Fettabsaugung habe hier nicht kosmetischen Zielen gedient, sondern sei medizinisch angezeigt gewesen. In der medizinischen Literatur gebe es jedenfalls seit 2016 aber keinen nennenswerten Streit mehr darüber, dass die Liposuktion dann eine geeignete Behandlung sei. Dass der Gemeinsame Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (G-BA), der über die Kassenleistungen entscheidet, im Jahr 2017 die Liposuktion noch nicht anerkannt gehabt habe, spiele steuerrechtlich keine Rolle.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock