Steuerrecht

Steuererklärung rückwirkend

07.06.2022
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Zuletzt bearbeitet am: 19.03.2024

Nicht jeder muss verpflichtend eine Steuererklärung abgeben. Es kann sich mitunter lohnen, eine Steuererklärung auch auf freiwilliger Basis einzureichen, um sich eine Steuererstattung zu sichern. Bei freiwillig abzugebenden Steuererklärungen ist die Steuererklärung rückwirkend auch noch bis zu 4 Jahre möglich. Studenten haben sogar 7 Jahre Zeit, um sich ihre Ausbildungskosten steuerlich anrechnen zu lassen.

Wann kann man eine Steuererklärung rückwirkend einreichen?

Während einige Steuerzahler verpflichtend eine Steuererklärung abzugeben haben, können bestimmte Steuerpflichtige ihre Steuererklärung auf freiwilliger Basis beim Finanzamt einreichen. 

Ob jemand zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist, hängt von verschiedenen Voraussetzungen ab.

Verpflichtend abzugeben ist eine Steuererklärung u.a. wenn:

  • die steuerpflichtigen Nebeneinkünfte 410 Euro übersteigen
  • man selbstständig ist und Einkünfte über 9.000 Euro erzielt
  • man Nebeneinkünfte aus einem Kleingewerbe erzielt
  • ein Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte eingetragen wurde
  • mehrere Arbeitsverhältnisse parallel bei mehreren Arbeitgebern bestanden
  • der Bezug von Arbeitslosengeld, Kurzarbeitergeld, Krankengeld o.ä. den Betrag von 410 Euro überstiegen hat
  • bei Verheirateten ein Ehepartner das ganze Jahr über oder zeitweise die Steuerklasse 5 oder 6 hatte

Wer hingegen nicht zwingend eine Einkommensteuererklärung abgeben muss und dies freiwillig tut, kann sich für seine Steuererklärung auch länger Zeit lassen. Denn immerhin wird jeden Monat bereits Lohnsteuer entrichtet. Freiwillig eine Einkommenserklärung abzugeben (man spricht hier von einer sogenannten Antragsveranlagung), kann sich aber lohnen, da eine Steuererstattung durchaus wahrscheinlich sein kann.

Fachanwalt.de-Tipp: Seine Steuererklärung rückwirkend abgeben darf also jeder, der nicht dazu verpflichtet ist, eine Steuererklärung beim Finanzamt einzureichen. Dies betrifft zahlreiche Arbeitnehmer, deren Lohnsteuer bereits vom Arbeitgeber abgeführt wird.

Fristen

Steuerklärung 4 Jahre später abgeben

Um eine Steuererklärung rückwirkend abzugeben, gilt eine Frist von bis zu vier Jahren nach Ablauf des betreffenden Steuerjahres. Der 31. Juli des Folgejahres als üblicher Stichtag gilt somit für eine rückwirkende Steuererklärung nicht. Stattdessen hat man wesentlich länger Zeit, seine Steuererklärung freiwillig einzureichen.

Der Stichtag verschiebt sich dann auf den 31. Dezember vier Jahre später. An diesem Stichtag muss die Steuererklärung dann jedoch auch dem Finanzamt vorliegen. Sie erst an diesem Tag postalisch auf den Weg zu schicken, genügt nicht zur Einhaltung der Frist.

Beispiele für die Frist zur Abgabe einer freiwilligen Steuererklärung:

 Freiwillige Steuererklärung für das Jahr:  Einzureichen bis zum:
 2018  31.12.2022
 2019  31.12.2023
 2020  31.12.2024
 2021  31.12.2025
 2022  31.12.2026

 

 

 

 

 

Wird die Frist verpasst, besteht keine Möglichkeit mehr auf eine Steuerrückzahlung. Für eine freiwillig rückwirkend eingereichte Steuererklärung besteht keine Möglichkeit auf eine Fristverlängerung.

Fachanwalt.de-Tipp: Pro Jahr kann immer nur eine Steuererklärung eingereicht werden. Eine Steuererklärung pflichthalber einzureichen und dazu noch freiwillig eine Steuererklärung rückwirkend für das selbe Jahr abzugeben, ist daher nicht möglich.

Steuererklärung rückwirkend als Student nach 7 Jahren möglich?

Für Studenten und Absolventen besteht die Möglichkeit, rückwirkend einen Verlustvortrag für ihre Studienkosten zu machen. Dafür gilt eine Frist von 7 Jahren!

Selbst auf Finanzämtern kann dies mitunter für Verwirrung sorgen, da Steuererklärungen von Studenten mit dem Hinweis abgelehnt werden, dass sie die 4-Jahres-Frist versäumt hätten. Dies ist jedoch nicht korrekt, denn für Studenten gilt eine 7-Jahres-Frist, um eine Steuererklärung rückwirkend abzugeben. Denn die 4-Jahres-Frist bezieht sich auf die rückwirkende Abgabe einer Einkommensteuerveranlagung. Für die rückwirkende Abgabe eines Verlustvortrages gilt die 7-Jahres-Frist.

Im Falle von Studenten ist es meist so, dass diese ihre Steuererklärung dazu nutzen möchten, um ihre Studienkosten als Verluste geltend zu machen. Denn eine Erstattung von Ausbildungskosten erfolgt erst dann, wenn auch Steuern gezahlt werden. Bei Studenten wird dies meist erst nach Abschluss des Studiums sein, wenn sie in das Berufsleben einsteigen. Das deutsche Steuerrecht ermöglicht dann einen sogenannten Verlustvortrag. Im Rahmen der Steuererklärung werden dann sämtliche studienbedingten Ausgaben (z.B. Studiengebühren, Fahrtkosten oder Kosten für Fachliteratur) den Einnahmen eines Jahres gegenübergestellt.

Liegen die Ausgaben höher als die Einnahmen, liegt ein Verlust vor, der dann nach dem Berufseinstieg steuerlich verrechnet werden kann und zu einer Steuererstattung führt. Für diesen Verlustvortrag gilt somit die Frist von 7 Jahren. Sollte sich das Finanzamt weigern, die Steuererklärung zu akzeptieren unter Verweis auf eine Fristüberschreitung, kann Einspruch eingelegt werden.

Eine Verlustfeststellung ist jedoch nur bei einem Zweitstudium möglich. Das Bundesverfassungsgericht hat festgelegt, dass Ausgaben für ein Erststudium oder auch für die erste Ausbildung nicht als Werbungskosten geltend zu machen sind. Sie zählen nur als Sonderausgaben. Und Sonderausgaben können ihrerseits nicht für einen Verlustvortrag geltend gemacht werden.

Lohnt es sich eine Steuererklärung rückwirkend abzugeben?

Bis zum Jahr 2009 galt für die freiwillige Steuererklärung noch eine Frist von zwei Jahren. Seit 2009 wurde die Abgabefrist für die freiwillige Steuererklärung jedoch auf vier Jahre erhöht. Steuerzahler haben nun also doppelt so lange Zeit, ihre Steuererklärung freiwillig abzugeben. Dies schenkt mehr zeitliche Flexibilität, bringt aber auch das Risiko mit sich, dass sich über die Jahre eine nicht mehr zu sortierende Menge an Unterlagen ansammeln kann. Um hier nicht den Überblick zu verlieren, sollten Unterlagen, Belege etc. bereits über das Jahr hinweg ordentlich sortiert und aufbewahrt werden.

Wer dies tut und seine Steuererklärung rückwirkend abgibt, hat gute Chancen auf eine Steuerrückzahlung. Denn abhängig von der Steuerklasse, zieht der Arbeitgeber die Steuern bereits vom Lohn ab – ohne aber jeweils die genauen Ausgaben seiner Arbeitnehmer zu kennen. Durch den automatischen Abzug der Lohnsteuer kann es daher sein, dass Arbeitnehmer zu viel an Steuern zahlen. Bestimmte Ausgaben können nämlich die Steuerlast unter Umständen senken.

Verschiedene steuermindernde Ausgaben werden zwar berücksichtigt, etwa Fahrtkosten und Arbeitsmaterial – jedoch nur als allgemeiner Pauschbetrag. Die tatsächlichen Ausgaben des Steuerzahlers liegen meist über diesem Pauschbetrag. Rückwirkend die tatsächlichen Ausgaben geltend zu machen, kann sich daher lohnen. Denn das Finanzamt berücksichtigt diese steuermindernden Ausgaben wie haushaltsnahe Dienstleistungen, Arbeitszimmer etc. nicht von sich aus.

Wer diese Kosten steuermindernd absetzen will, muss eine freiwillige Steuererklärung einreichen und die entsprechenden Ausgaben in die Formulare eintragen. Gegebenenfalls müssen auch entsprechende Belege vorgelegt werden.

Es gibt noch weitere Gründe, aus denen es sich lohnen kann, eine Steuererklärung rückwirkend abzugeben, z.B. wenn im vergangenen Jahr geheiratet wurde, es zu hohen Werbungskosten (> 1.000 Euro) oder zu außergewöhnlichen Belastungen kam, das Gehalt stark schwankte oder eine Einkunftsart zu Verlusten geführt hat.

Eine rückwirkende Steuererklärung kann sich auch lohnen, wenn einem Bürger sogenannte Erstattungszinsen vom Finanzamt zustehen. Unter Erstattungszinsen versteht man die vom Finanzamt zu zahlenden Zinsen auf die Rückzahlungssumme. Wie es im konkreten Fall mit einer solchen Zahlung von Erstattungszinsen aussieht, darüber kann ein Steuerberater oder ein Fachanwalt für Steuerrecht beratend informieren.

Sollte es hingegen zu keiner Rückerstattung kommen, sondern stattdessen eine Nachzahlung gefordert werden, besteht die Möglichkeit, die eingereichte Steuererklärung einfach wieder zurückzuziehen. Hierfür gilt eine Einspruchsfrist von vier Wochen. Die Steuerformulare gelten dann als nicht abgegeben. Danach muss die Nachzahlung nicht mehr geleistet werden.

Autor: Fachanwalt.de

Symbolgrafik: © Stockwerk-Fotodesign - stock.adobe.com

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