München (jur). Sichern sich noch in den eigenen vier Wänden lebende Senioren für Notfälle mit einem Hausnotrufsystem ab, können sie die Kosten nicht ohne Weiteres von der Steuer als haushaltsnahe Dienstleistung absetzen. Dies ist nur möglich, wenn die wesentliche Tätigkeit auch im Haushalt des Betroffenen erbracht wird, entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in München in einem am Donnerstag, 4. Mai 2023, veröffentlichten Urteil (Az.: VI R 7/21).
Sehe das Hausnotrufsystem nur die außerhalb des Haushalts vorgenommene Alarmierung von Angehörigen oder Arzt vor, liege keine haushaltsnahe Dienstleistung und damit kein Anspruch auf eine Steuervergünstigung vor.
Nach dem Einkommensteuergesetz können Steuerpflichtige die Kosten für haushaltsnahe Dienstleistungen steuermindernd geltend machen. Nach dem Einkommensteuergesetz können auf Antrag 20 Prozent der Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen, höchstens aber 4.000 Euro pro Jahr, von der tariflichen Einkommensteuer abgezogen werden.
Von dieser Steuervergünstigung wollte auch eine 1933 geborene Rentnerin aus Sachsen profitieren. Sie hatte in ihrer Wohnung ein Hausnotrufsystem installieren lassen und hierfür sowie für einen 24-stündigen Telefon-Bereitschaftsdienst 2018 insgesamt 288 Euro bezahlt. Bei Stürzen in der Wohnung oder anderen Notfällen im Haushalt konnte sie mit dem System einen Notruf absetzen. Der Hausnotrufanbieter alarmiert dann Angehörige, einen Arzt oder auch den Rettungsdienst. Den von dem Betreiber zusätzlich angebotenen „Sofort-Nothelfer-Einsatz“ an ihrer Wohnadresse oder eine Pflege- und Grundversorgung buchte die Frau nicht.
Als die Rentnerin die Kosten als haushaltsnahe Dienstleistung in ihrer Steuererklärung geltend machte, lehnte das Finanzamt dies ab.
Anders als das Finanzgericht gab der BFH der Behörde mit Urteil vom 15. Februar 2023 recht. Um die Steuervergünstigung beanspruchen zu können, müsse der wesentliche Teil der haushaltsnahen Dienstleistung auch im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden.
Im Streitfall beinhalte der gebuchte 24-Stunden-Bereitschaftsservice des Hausnotrufsystems im Wesentlichen aber nur die Rufbereitschaft, die Entgegennahme möglicher Notrufe und die Alarmierung Dritter, wie etwa Angehörige. Diese Telefondienstleistung werde aber außerhalb des Haushaltes der Klägerin erbracht. Eine haushaltsnahe Dienstleistung sei dies damit nicht.
Einen Sofort-Helfer-Einsatz, bei dem der Anbieter eigene Mitarbeiter in die Wohnung schickt und dort im Haushalt tätig werden, habe die Rentnerin dagegen nicht gebucht. Die Begründung des BFH-Urteils legt nahe, dass in diesem Fall die Steuervergünstigung in Betracht kommt. Darüber zu entscheiden hatten die obersten Finanzrichter aber nicht.
Bereits am 3. September 2015 hatte der BFH hinsichtlich der Kosten für ein Notrufsystem in einer Seniorenresidenz entschieden, dass dessen Kosten steuermindernd als haushaltsnahe Dienstleistung geltend gemacht werden können (Az.: VI R 18/14; JurAgentur-Meldung vom 28. Januar 2016). Denn bei einem erfolgten Notruf hatte eine dort tätige und mithilfe eines Piepers verständigte Pflegekraft eine Notfall-Soforthilfe durchgeführt - quasi im Haushalt der Seniorin.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock