Straßburg (jur). Ein Strafurteil darf sich immer nur auf die Vorwürfe der Anklage beziehen. Das hat am Dienstag, 5. März 2013, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg bekräftigt (Az.: 61005/09). Er sprach damit einem Holocaust-Leugner in Spanien eine Entschädigung zu.
Geklagt hatte der heute 55-jährige Inhaber eines Buchladens in Barcelona. Er verkaufte insbesondere auch Bücher über den Holocaust. Nach einer Durchsuchung der Buchhandlung und seiner Wohnung beschuldigte ihn die Staatsanwaltschaft der Leugnung des Holocausts und der Verherrlichung des Nationalsozialismus. Entsprechend wurde er 1998 in erster Instanz zu einer Haftstrafe verurteilt.
Das zweitinstanzlich zuständige Bezirksgericht legte den Streit dem spanischen Verfassungsgericht vor. Dies erklärte 2007 die Strafbarkeit der Leugnung des Holocausts für unzulässig. Strafbar dürfe nur die Rechtfertigung eines Völkermords sein. Dennoch hielt das Bezirksgericht 2008 an dem 1998 in erster Instanz ausgesprochenen Strafurteil fest.
Mit seiner Beschwerde vor dem EGMR machte der Mann geltend, er sei nun letztlich wegen der Rechtfertigung eines Völkermords verurteilt worden, obwohl er deswegen nie angeklagt war.
Der EGMR ist dieser Rüge gefolgt. Dabei betonten die Straßburger Richter die Bedeutung der Anklage für die Verteidigung im Strafprozess. Im Streitfall habe es keinerlei Hinweise gegeben, dass das Bezirksgericht die ursprünglich vorgeworfene „Leugnung“ des Holocausts als dessen „Rechtfertigung“ werten könnte. Ein solcher Hinweis wäre aber für eine angemessene Verteidigung notwendig gewesen.
Daher habe Spanien die Grundrechte des früheren Buchhändlers auf ein faires Verfahren verletzt, urteilte der EGMR. Er sprach dem Mann daher eine Entschädigung von 8.000 Euro sowie weitere 5.000 Euro für die Verfahrenskosten zu.
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