Es gibt viele gute Gründe, ein Testament zu errichten aber nur wenige Wege, dies formwirksam zu tun. Neben der Beurkundung durch einen Notar gibt es noch die Möglichkeit ein Testament handschriftlich niederzuschreiben. Doch wie ist die Lage, wenn die Handschrift so schlecht ist, dass man den Inhalt des Testaments nicht lesen und verstehen kann? Zu dieser Frage nahm das OLG Schleswig im Jahr 2015 Stellung.
Der Entscheidung (OLG Schleswig, Beschluss vom 16. September 2015, Az.: 3 Wx 19/15) ein Fall zugrunde, in dem eine betagte Dame verstorben war. Gesetzliche Alleinerbin war ihre Tochter, die auch einen entsprechenden Erbschein beantragte. Es tauchte jedoch noch eine Pflegekraft auf, die angab testamentarische Erbin zu sein. Das stützte Sie auf ein Schreiben, dass sie von einer anderen Pflegekraft erhalten hatte. Beide Personen waren vor dem Tod der Erblasserin mit dieser bekannt.
Dem Schreiben konnte man auch mit viel gutem Willen eine Unterschrift, den Namen der Pflegekraft und vielleicht auch das Wort „vermache“ entnehmen – viel mehr aber auch nicht.
Darauf ließ sich das Nachlassgericht im Erbscheinverfahren aber nicht ein und entschied, dass kein wirksames Testament vorlag und der Tochter daher als gesetzlicher Erbin ein Erbschein auszustellen sei.
Streit ums handschriftliche Testament im Erbscheinverfahren
Der Kampf um das Erbe und die Wirksamkeit des handschriftlichen Testaments ging schließlich vom Nachlassgericht zum Oberlandesgericht. Doch auch die Richter dort erkannten in dem Schreiben kein wirksames Testament zugunsten der Pflegekraft.
Das lag wohl nicht daran, dass sie nicht genug Erfahrung mit schwer zu lesenden Handschriften gehabt hätten, oder dass man sich nicht genug Mühe gegeben hätte. Sogar ein Schriftsachverständiger wurde beauftragt.
Im Ergebnis blieb es also dabei: Ist ein handschriftliches Testament so unlesbar, dass ihm keine erkennbar Erbeinsetzung zu entnehmen ist, liegt keine wirksame letztwillige Verfügung vor. Und in diesen Fällen greift dann halt die gesetzliche Erbfolge, in diesem Fall zugunsten der Tochter der Erblasserin.
Viele Hürden zur Wirksamkeit des letzten Willens
Ob der Pflegekraft bei einer besseren Lesbarkeit an das Erbe gekommen wäre, ist fraglich. Die Erblasserin war wohl auch noch dement und in diesen Fällen wird neben der Formwirksamkeit auch noch um die Testierfähigkeit gestritten. Außerdem stand auch noch eine mögliche Unwirksamkeit der letztwilligen Verfügung wegen des Zuwendungsverbots aus dem Heimgesetz im Raum. Hintergrund ist ein mögliches Abhängigkeitsverhältnis zwischen Patient/Kunde und Pflegekraft.
Es gibt also zahlreiche Angriffsmöglichkeiten, um ein Testament aus der Welt zu bekommen. Neben den Unwirksamkeitsgründen gibt es noch Anfechtungsmöglichkeiten wegen Irrtümern, Täuschungen oder Drohungen.
Eine mögliche Unwirksamkeit wird dabei immer stärker in den Fokus rücken, je älter, gebrechlicher und hilfsbedürftiger der bzw. die Testierende ist, wenn er das Testament handschriftlich (oder auch notariell) errichtet.
Einen Überblick über die wichtigsten Themen rund um das handschriftliche Testament findet man bei ROSE & PARTNER, der Kanzlei für Erbrecht und Testamente in Hamburg, Berlin, München, Frankfurt und Köln.