Erbrecht

Testament in Briefform?

05.10.2022
 (5)
Zuletzt bearbeitet am: 05.10.2022

Welche Anforderungen gelten bei Erbeinsetzung per Brief? – Bloße Ankündigung genügt nicht

Testamente können auf unterschiedliche Weise verfasst werden. Sie können handschriftlich erstellt werden oder bei einem Notar. Möglich ist auch, jemanden per Brief als Erben einzusetzen. Aber nicht jeder Brief, den der Testierende an den Erben in spe schreibt, führt zu einer wirksamen Erbeinsetzung.

Dankesbrief nach Weihnachten

Die Erblasserin war zu Weihnachten bei Freunden eingeladen. In ihrem Dankesbrief schrieb sie: „ … Ich möchte mich für die liebevolle Aufnahme am 1. Weihnachtstag recht herzlich bedanken. … Im neuen Jahr gehe ich mit Toni zum Notar; Ihr allein sollt meine Erben sein. Meine Patin kümmert sich überhaupt nicht um mich, da ist jede Verbindung abgebrochen.“ Sie vereinbart zwar den Notartermin, stürzt dann aber und stirbt, bevor ein Testament errichtet werden kann. Die Patin tritt dem Erbscheinsantrag der beiden Freunde entgegen.

Eigenhändig verfasst, unterschrieben und ernstlich gewollt

Es genügt nicht, den Brief eigenhändig zu schreiben und zu unterzeichnen. Weil ein Testament in Form eines Briefes eher die Ausnahme ist, werden an den Nachweis des Testierwillens hohe Anforderungen gestellt. Geprüft wird, ob sich der Erblasser bewusst war, dass der Brief als Testament angesehen werden könnte. Wollte der Erblasser eine rechtsverbindliche letztwillige Verfügung treffen?

Auf die Auslegung, also den Einzelfall, kommt es an

Ein Brieftestament wird im Streitfall unter Berücksichtigung aller erheblichen, auch außerhalb der Urkunde liegenden Umstände und der allgemeinen Lebenserfahrung beurteilt. Es bedarf der Gewissheit hinsichtlich des Gewollten. Es dürfen keine Zweifel bestehen, ob tatsächlich eine Erbeinsetzung erfolgen sollte oder ob es sich bloß um eine unverbindlichen Mitteilung über eine mögliche Testierabsicht handelt.

Bloße Ankündigung einer Erbeinsetzung genügt nicht

Der vom OLG Saarbrücken entschiedene Fall macht vor allem deutlich, dass nur die Ankündigung einer Testamentseinsetzung, die in der Zukunft erfolgen soll, gerade diese Gewissheit nicht vermittelt. Das Gericht zweifelte letztlich gerade wegen der Ankündigung der Erblasserin, sie werde ihr Testament bei einem Notar erstellen, daran, dass ihr bewusst gewesen wäre, die beiden Freunde bereits per Brief als Erben eingesetzt zu haben.

Den großen "Ratgeber Testament" finden Sie auf unserer Website: https://www.rosepartner.de/rechtsberatung/erbrecht-nachfolge/erbrecht-erbschaft-testament/testament-erbvertrag-entwurf-und-pruefung.html

Diesen Artikel bewerten
Über den Autor

Gesamt:

Kolja Schlecht
Rechtsanwalt • Fachanwalt für Erbrecht
Jungfernstieg 40
20354 Hamburg

Telefon: 040-41437590


Honorar/Leistung: (5)
Erreichbarkeit: (5)
Verständlichkeit: (5)
Freundlichkeit: (5)
Diesen Rechtsanwalt bewerten
Vereinbaren Sie hier eine Rechtsberatung zum Artikel-Thema:
Kontaktieren Sie hier Fachanwalt Kolja Schlecht:
* Pflichtfeld
Ja, ich willige ein, dass meine im „Kontaktformular“ eingetragenen personenbezogenen Daten zum Zwecke der Angebotsvermittlung per Fax und E-Mail an den zu kontaktierenden Anwalt übermittelt und gespeichert werden. Diese jederzeit widerrufliche Einwilligung sowie die Verarbeitung und Datenübermittlung durch Dritte erfolgen gem. unserer Datenschutzerklärung.
Kontaktieren
Weitere Artikel des Autors
Erbrecht Vorsicht bei lenkender Ausschlagung des Erbes
14.12.2022

Sechswöchige Ausschlagungsfrist macht fundierte Entscheidung fast unmöglich Die Nachfolgeplanung obliegt dem Erblasser regelmäßig zu Lebzeiten. Ist ein Erbfall bereits eingetreten, sind Gestaltungsmöglichkeiten für die berufenen Erben äußerst eingeschränkt, wenn sie denn überhaupt existieren. Das wichtigste Instrument ist die sogenannte lenkende Ausschlagung, wonach ein Erbe das Erbe ausschlägt und damit gegebenenfalls das durch die ursprüngliche Erbfolge eingetretene Ergebnis korrigiert. Dabei ist jedoch besondere Vorsicht geboten. Gerade aufgrund der Tatsache, dass eine Ausschlagung nur innerhalb von sechs ... weiter lesen

Erbrecht Erbschaftsteuer zukünftig schon vor Klärung der Erbenstellung zu zahlen?
19.10.2022

Anmerkungen zum Urteil des Bundesfinanzhofs vom 27.04.2022 (II R 17/20) Ein Beitrag von Ralph Butenberg, Fachanwalt für Erbrecht und für Steuerrecht „Nichts in dieser Welt ist sicher, außer dem Tod und den Steuern“ – Benjamin Franklin, 1789. Niemand, der oder die in der steuerlichen Beratungspraxis tätig ist, wird den obenstehenden Satz bestreiten – Ausnahmen bestätigen die Regel. Mit einem solchen Ausnahmefall hatte sich der Bundesfinanzhof in der Entscheidung vom 27.04.2022 zu befassen. Streitig war, ob bei Erlass des Erbschaftsteuerbescheides bereits Festsetzungsverjährung eingetreten und die ... weiter lesen

Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
Erbrecht OLG Oldenburg bestätigt: Testament auf Kneipenblock rechtsgültig

Ein ungewöhnlicher Testamentfall, verhandelt vom 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg unter dem Aktenzeichen 3 W 96/23 , hat für Aufsehen gesorgt: Ein Gastwirt aus dem Ammerland verfasste sein Testament auf einem Kneipenblock, welches von seiner Partnerin, die sich als Alleinerbin sah, beim Nachlassgericht zur Erteilung eines Erbscheins eingereicht wurde. Kneipenblock-Testament: Gericht zweifelt letzten Willen an Ein Gastwirt hinterließ nach seinem Ableben ein Testament, das auf einem im Gastraum gefundenen Kneipenblock notiert war. Darauf stand unter Datum und Unterschrift der Spitzname einer Person – „X“ – mit dem Vermerk „X bekommt alles“. ... weiter lesen

Erbrecht Kein Erbe nach ignorierter Gerichtspost

Karlsruhe (jur). Trotz aller Trauer nach dem Tod eines nahen Angehörigen sollte die Post vom Gericht nicht unbeantwortet liegenbleiben. Denn das kann dazu führen, dass man unverhofft ohne Erbe dasteht, wie ein am Montag, 12. Juni 2023, veröffentlichter Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe zeigt (Az.: IV ZB 11/22). Danach kann ein Gericht die „Erbunwürdigkeit“ auch in einem sogenannten Versäumnisurteil ohne jede Beteiligung der betroffenen Person aussprechen.  Im konkreten Fall war ein Mann aus dem Raum Köln am 9. November 2018 verstorben. Fünf Wochen später reichte seine Ehefrau beim Nachlassgericht ein von beiden Eheleuten unterzeichnetes ... weiter lesen

Erbrecht Erbfallkostenpauschale auch für „Nacherben“

München (jur). Sieht ein Testament vor, dass zunächst der Ehepartner und dann beispielsweise die Kinder erben sollen, sind dies zwei getrennte „Erbfälle“. Daher können zunächst der Ehemann als „Vorerbe“ und dann auch die Kinder als „Nacherben“ bei der Erbschaftsteuer die „Erbfallkostenpauschale“ absetzen, wie der Bundesfinanzhof (BFH) in München in einem am Donnerstag, 4. Mai 2023, veröffentlichten Urteil entschied (Az.: II R 3/20). Ein Nachweis, dass im Zusammenhang mit dem Erbe Kosten entstanden sind, sei dafür nicht nötig.  Gerade bei Ehepaaren mit Kindern sind solche Testamente inzwischen üblich. Auch im Streitfall hatte die Erblasserin ... weiter lesen

Erbrecht Pflichtteil beantragt heißt noch nicht Pflichtteil erhalten

Frankfurt/Main (jur). Setzen sich Eltern zunächst gegenseitig als Erben ein, hängt die Wirkung einer „Pflichtteilsstrafklausel“ von ihrer konkreten Formulierung ab. Das zeigt ein am Montag, 6. März 2023, bekanntgegebener Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main (Az.: 21 W 104/22). Eine Klausel, die an den „Erhalt“ des Pflichtteils anknüpft, setzt danach „einen tatsächlichen Mittelabfluss voraus.“  Mehr als die Hälfte der Ehepaare vereinbaren inzwischen ein sogenanntes Berliner Testament, in dem sie sich zunächst gegenseitig als Erben einsetzen. Erst nach dem Tod auch des zweiten Elternteils sind dann die Kinder sogenannte ... weiter lesen

Ihre Spezialisten