Die Verurteilung eines Autofahrers wegen fahrlässiger Körperverletzung in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung ist rechtskräftig. Der Verurteilte muss die Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten antreten. Er hatte die erlaubte Geschwindigkeit von 70 km/h auf einer Landstraße um mindestens 15 km/h überschritten und im Unfallzeitpunkt auf seinem Mobiltelefon gerade Textnachrichten gelesen und verfasst.
Aus diesem Grund übersah er drei Fahrradfahrer in einer langgezogenen Rechtskurve. Mit mindestens 82 km/h kollidierte er mit den Fahrrädern. Die Mutter wurde getötet. Die dreijährige Tochter, die auf dem Kindersitz des Fahrrades saß und die sechsjährige Tochter, die mit ihrem Kinderrad vor der Mutter fuhr, wurden schwer verletzt.
Der Verurteilte hatte ein frühes Geständnis abgegeben, was das Landgericht Paderborn schon in der ersten Instanz zu seinen Gunsten berücksichtigt hatte. Ebenso hat es zu seinen Gunsten bei der Strafzumessung berücksichtigt, dass er keine Vorstrafen und auch keine Voreintragungen im Fahrerlaubnisregister hatte.
In erster Instanz erhielt er eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren.
Das Landgericht Paderborn hat diese Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt. Zwar läge eine günstige Prognose vor, mithin sei zu erwarten, dass der Verurteilte nicht wieder strafrechtlich in Erscheinung treten werde, allerdings sei die Vollstreckung der Haftstrafe nach § 56 II StGB geboten.
Danach wird die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung dies gebietet.
Das Landgericht hatte die Tatsache, dass der Verurteilte sich für einen belanglosen Austausch von Textnachrichten über das sog. „Handyverbot“ des § 23 Abs.1 StVO hinweggesetzt hat, herangezogen. Seine Tat sei Ausdruck einer verbreiteten Einstellung, die den erheblichen Unrechtsgehalt des Handyverbots verkennen in der unberechtigten Annahme, es käme von vornherein keine Haftstrafe in Betracht.
Das OLG Hamm hat das Urteil des Landgerichts bestätigt und sich dieser Rechtsauffassung angeschlossen. Die Haftstrafe hat es auf ein Jahr und neun Monate herabgesetzt.
Diese Entscheidung ist von ganz erheblicher Bedeutung für alle Straßenverkehrsteilnehmer. Denn das OLG Hamm postuliert letztlich, dass Freiheitsstrafen in solchen Fällen in der Regel nicht zur Bewährung auszusetzen sind. Wird ein Mensch bei einem Unfall wegen einer Handynutzung schwer verletzt oder getötet, ist regelmäßig mit einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten zu rechnen.
Inwiefern die Entscheidung bei anderen Verstößen gegen die StVO – beispielsweise Nutzung einer Rettungsgasse o. ä. – herangezogen werden wird, bleibt abzuwarten.
Kommt es wegen der Nutzung elektronischer Geräte zur Verletzung oder Tötung, ist daher – nicht nur im Gerichtsbezirk des OLG Hamm – damit zu rechnen, dass die Freiheitsstrafe angetreten werden muss. Denn die „Verteidigung der Rechtsordnung“ hat mir der Persönlichkeit des Täters und der Prognose, ob der Täter rückfällig wird oder nicht, nichts zu tun. Dagegen wird von der Verteidigung schwer anzukämpfen sein.