Braunschweig. Deutschland kann einen mutmaßlichen Straftäter an Frankreich ausliefern, selbst wenn gegen ihn in Polen bereits ein Verfahren läuft. Dies wurde durch einen am Dienstag, den 27. September 2022, bekannt gegebenen Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Braunschweig (Az.: 1 AR (Ausl.) 17/22) entschieden.
Bei der betroffenen Person handelt es sich um einen polnischen Staatsbürger, der seit drei Jahren in Polen vor Gericht steht. Ihm werden etliche Straftaten vorgeworfen, unter anderem auch ein Einbruch in ein Juweliergeschäft in Frankreich. Der Mann hatte dies gestanden, woraufhin das polnische Gericht auf eine Untersuchungshaft verzichtete.
Aufgrund des Einbruchs in das Juweliergeschäft wurde auch in Frankreich gegen ihn ermittelt. 2019 wurde vom Bezirksgericht Paris ein Europäischer Haftbefehl erlassen. Dem Mann drohen in Frankreich anders als in Untersuchungshaft und bis zu sieben Jahre Freiheitsstrafe. Das polnische Gericht lehnte jedoch eine Auslieferung jedoch unter Berufung auf das eigene Verfahren ab.
Der Mann blieb jedoch nicht in Polen. Er war im Juli 2022 im niedersächsischen Landkreis Peine aufgrund eines Europäischen Haftbefehls festgenommen worden. Frankreich hat seine Auslieferung beantragt. Einem Auslieferungsantrag von Polen würde demgegenüber die Rechtsgrundlage fehlen, da dort bislang noch keine Haft vorgesehen ist.
Der Verdächtige wehrte sich vor dem Oberlandesgericht Braunschweig, an Frankreich ausgeliefert zu werden. Damit würde die Entscheidung der polnischen Gerichte untergraben, ihn nicht an Frankreich auszuliefern.
Das stehe einer Auslieferung an Frankreich aber nicht entgegen, urteilte das Oberlandesgericht. Das deutsche Recht sehe die Ablehnung von Auslieferungsersuchen nur dann vor, wenn in Deutschland bereits ein Strafverfahren läuft. Hier sei dies nicht der Fall. Außerdem bestehe Fluchtgefahr, da der Mann sich in Frankreich nicht gestellt habe und ihm dort auch eine hohe Haftstrafe drohe.
Es liege auch kein Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot vor. Weder in Polen noch in Frankreich sei bis jetzt überhaupt ein Urteil ergangen, so der Beschluss des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 16. September 2022 weiter.
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