Strafrecht

Trotz Gerichtsverfahren in Polen Auslieferung nach Frankreich

Zuletzt bearbeitet am: 07.02.2024

Braunschweig. Deutschland kann einen mutmaßlichen Straftäter an Frankreich ausliefern, selbst wenn gegen ihn in Polen bereits ein Verfahren läuft. Dies wurde durch einen am Dienstag, den 27. September 2022, bekannt gegebenen Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Braunschweig (Az.: 1 AR (Ausl.) 17/22) entschieden.

Bei der betroffenen Person handelt es sich um einen polnischen Staatsbürger, der seit drei Jahren in Polen vor Gericht steht. Ihm werden etliche Straftaten vorgeworfen, unter anderem auch ein Einbruch in ein Juweliergeschäft in Frankreich. Der Mann hatte dies gestanden, woraufhin das polnische Gericht auf eine Untersuchungshaft verzichtete.

Aufgrund des Einbruchs in das Juweliergeschäft wurde auch in Frankreich gegen ihn ermittelt. 2019 wurde vom Bezirksgericht Paris ein Europäischer Haftbefehl erlassen. Dem Mann drohen in Frankreich anders als in Untersuchungshaft und bis zu sieben Jahre Freiheitsstrafe. Das polnische Gericht lehnte jedoch eine Auslieferung jedoch unter Berufung auf das eigene Verfahren ab.

Der Mann blieb jedoch nicht in Polen. Er war im Juli 2022 im niedersächsischen Landkreis Peine aufgrund eines Europäischen Haftbefehls festgenommen worden. Frankreich hat seine Auslieferung beantragt. Einem Auslieferungsantrag von Polen würde demgegenüber die Rechtsgrundlage fehlen, da dort bislang noch keine Haft vorgesehen ist.

Der Verdächtige wehrte sich vor dem Oberlandesgericht Braunschweig, an Frankreich ausgeliefert zu werden. Damit würde die Entscheidung der polnischen Gerichte untergraben, ihn nicht an Frankreich auszuliefern.

Das stehe einer Auslieferung an Frankreich aber nicht entgegen, urteilte das Oberlandesgericht. Das deutsche Recht sehe die Ablehnung von Auslieferungsersuchen nur dann vor, wenn in Deutschland bereits ein Strafverfahren läuft. Hier sei dies nicht der Fall. Außerdem bestehe Fluchtgefahr, da der Mann sich in Frankreich nicht gestellt habe und ihm dort auch eine hohe Haftstrafe drohe.

Es liege auch kein Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot vor. Weder in Polen noch in Frankreich sei bis jetzt überhaupt ein Urteil ergangen, so der Beschluss des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 16. September 2022 weiter.

Quelle: © Fachanwalt.de

Symbolgrafik: © Zerbor - stock.adobe.com

Diesen Artikel bewerten
Über den Autor





Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
Strafrecht Die Bedeutung einer frühzeitigen Rechtsberatung im Ermittlungsverfahren

Ein Strafverfahren teilt sich in Ermittlungsverfahren und Hauptverfahren. Der Beginn des Strafverfahrens ist das Ermittlungsverfahren. Gerade im Ermittlungsverfahren werden oftmals die Weichen für das weitere Strafverfahren gestellt. Auch wenn Sie als Betroffener eines Ermittlungsverfahrens vielleicht im ersten Moment nicht die Notwendigkeit einer Rechtsberatung sehen, so gilt für einen Strafverteidiger jedoch: Je früher Sie einen Anwalt, am besten einen Fachanwalt für Strafrecht, einschalten, desto besser. Welche Besonderheiten das Ermittlungsverfahren aufweist und warum frühzeitige die Einschaltung eines Rechtsanwalts wichtig ist, zeigt dieser Artikel. Der erste Teil eines ... weiter lesen

Strafrecht Keine Meinungsfreiheit für Beleidigung als „Schlampe“

München (jur). Die Bezeichnung einer Frau als „Schlampe“ ist regelmäßig eine strafbare Beleidigung, die nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt sein kann. Das Schimpfwort „stellt zweifelsfrei durch die darin zum Ausdruck gekommene Missachtung einen Angriff auf die persönliche Ehre der Verletzten dar“, entschied das Bayerische Oberste Landesgericht in München in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 6. November 2023 (Az.: 202 StRR 80/23).  Im Streitfall war der vielfach vorbestrafte Angeklagte bis Ende März 2022 mit der Mutter der Verletzten liiert. Als die Mutter nach der Trennung dem Ex für einen Antrag beim Arbeitsamt benötigte Unterlagen nicht ... weiter lesen

Strafrecht Mit einer Vorstrafe in die USA einreisen

Eine Vorstrafe bzw. ein Eintrag im Führungszeugnis kann bei der Einreise in die USA für Probleme sorgen. Wer vorbestraft ist, darf in der Regel kein ESTA für die USA beantragen, sondern muss auf ein Visum zurückgreifen. Dieser Artikel bespricht, welche Vergehen und Straftaten Probleme verursachen können und wie man dennoch in die USA reisen kann. Was ist eine Vorstrafe? Man gilt in Deutschland als vorbestraft, wenn ein Eintrag im Führungszeugnis vorliegt. In das Führungszeugnis werden Vergehen eines bestimmten Ausmaßes eingetragen. Allerdings wird nicht jedes Vergehen automatisch in das Strafregister aufgenommen, also führt nicht jedes Vergehen zu einer Vorstrafe. ... weiter lesen

Strafrecht Kein Kavaliersdelikt: Was ist bei sexueller Belästigung zu tun?

Leider gibt es kaum eine Branche, die von dem Problem nicht betroffen ist: Sexuelle Belästigung. Bereits im Jahre 2015 hat die Statistik gezeigt, dass über die Hälfte der deutschen Arbeitnehmer auf der Arbeit schon einmal sexuelle Übergriffe erleben musste – ob als Zeuge oder am eigenen Leib. In den deutschen Büros erleben besonders oft Frauen ungewollte Berührungen und sexuelle Anspielungen. Allerdings sind durchaus auch Männer von dieser Art der Belästigung betroffen. Doch was kann bei Belästigungen sexueller Natur eigentlich getan werden? Stillschweigend hingenommen werden sollten diese Zwischenfälle am Arbeitsplatz keinesfalls. Wann fängt sexuelle ... weiter lesen

Ihre Spezialisten