Verkehrsrecht

Überblick über die Kaufrechtsreform 2022

26.01.2022
 (6)
Zuletzt bearbeitet am: 26.01.2022

Das verkehrsrechtliche Thema dieses Jahres ist die mit Wirkung zum 1.1.2022 eingetretene Reform des Kaufrechts.

Über die anstehenden Änderungen habe ich im Oktober letzten Jahres überblicksmäßig informiert. Sie finden in dem Beitrag auch den entsprechenden Gesetzestext zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags:

Beitrag vom 5.10.2021: Änderung des Kaufrechts

Wegen der erheblichen Bedeutung der Änderungen, insbesondere beim Händlerverkauf von Gebraucht- und Neuwagen an Verbraucher, werde ich die bedeutendsten Änderungen zum bisherigen Kaufrecht in mehreren Einzelbeiträgen beleuchten und auch in meinem Podcast (verkehrsrecht-podcast.de) besprechen. Während ich mich mit meinem Podcast grundsätzlich an fachkundige Zuhörer richte, ist dieser Blog an fachunkundige Interessierte, z.B. Händler und Käufer von Fahrzeugen adressiert. Ich versuche den Blog-Beitrag daher möglichst einfach zu halten.

Dennoch ist es auch für nicht Fachkundige wichtig, zunächst einmal zu verstehen, wo im Gesetz was umgesetzt wurde. Vorauszuschicken ist, dass die Änderungen zum einen die Einführung von Gewährleistungsvorschriften für nicht funktionswesentliche digitale Elemente (z.B.: Navigationsgerät, Freisprechfunktion, etc.) betrifft und zum anderen Änderungen betreffend der Gewährleistung am Fahrzeug selbst.

Mit der Reform des Kaufrechts wurden nämlich gleich mehrere Richtlinien der EU umgesetzt.

Dabei ist wie folgt zu unterscheiden:

Betreffend die Mängelrechte an einem verkauften Fahrzeug selbst ist im Wesentlichen die Umsetzung der Warenkauf-Richtlinie zu beachten. Diese ist in den kaufrechtlichen Regelungen des BGB integriert worden (§§ 434 ff BGB, vor allem §§ 475 a ff BGB).  Bezüglich der digitalen Elemente eines Fahrzeugs (z.B. Navi, Touchscreen, etc.) können die §§ 327 ff BGB einschlägig sein. Mit den Regelungen der §§ 327 ff BGB wurde die Richtlinie der EU über digitale Inhalte und Dienstleistungen ins nationale Recht umgesetzt.

Die §§ 327 ff BGB enthalten im Ergebnis ein dem allgemeinen Kaufrecht nachgebildetes Gewährleistungssystem, was die Rechtsfolgen (Rücktritt, Minderung, etc.) wegen Mängeln an digitalen Elementen einer Ware betrifft. Sie sind anwendbar, wenn die Ware an sich, sprich das verkaufte Fahrzeug, auch ohne das betroffene digitale Element funktioniert. Ein Beispiel hierfür wäre der Defekt eines Navigationsgerätes im Auto. Die eigentliche Funktion des Autos als Fortbewegungsmittel wird durch den Defekt des Navigationsgerätes nicht aufgehoben. Das Auto lässt sich auch ohne Navi fahren.  Daher sind die §§ 327 ff BGB auf Ansprüche wegen Mängeln der Navigationssoftware  anwendbar. Neben den §§ 327 BGB bleiben die allgemeinen kaufrechtlichen Regelungen anwendbar.

Gegenbeispiel sind solche digitalen Elemente, ohne die das Fahrzeug nicht als solches in Betrieb gesetzt werden kann (z.B. Steuergerät, Start-Stopp-Funktion, etc.). Auf solche digitalen Elemente sind nicht die §§ 327 ff BGB sondern die §§ 475 a ff BGB anwendbar.

Vereinfacht ausgedrückt: Geht es um „Zusatzsoftware“ hilft ein Blick in die §§ 327 ff BGB. Geht es um „Funktionssoftware“ sollte man sich grundsätzlich an den §§ 475 a ff BGB orientieren.

Schnittmengen und Abgrenzungsfragen wird die Rechtsprechung der kommenden Jahre zu klären haben.

Was die Umsetzung der Warenkauf-Richtlinie, also betreffend Gewährleistungsrechte am Fahrzeug an sich, angeht, ist festzustellen, dass vor allem einschneidende Änderungen im Verbrauchergeschäft, also beim Verkauf vom Händler an einen Verbraucher, stattgefunden haben.

Auf diese Änderungen werde ich in nachfolgenden Beiträgen im Einzelnen eingehen. Vor allem wurden Änderungen/Neuerungen in folgenden Bereichen umgesetzt:

– Verlängerung der Beweislastumkehr von 6 Monate auf ein Jahr

– Gewährleistungsrechte beim Gebrauchtwagenkauf nur noch unter besonderen Bedingungen auf ein Jahr verkürzbar, besondere Belehrungspflicht

– Reform des Mangelbegriffs: Nachrangigkeit der Parteivereinbarung im Verbrauchsgüterkauf, besondere Belehrungspflicht bei Abweichung von üblicher Beschaffenheit

– Fristsetzungserfordernis für Mängelrechte entfällt beim Verbrauchsgüterkauf

– Besondere Pflichten in Bezug auf digitale Elemente (Aktualisierung, Information etc.).

Diesen Artikel bewerten
Über den Autor

Gesamt:

Dominik Weiser
Rechtsanwalt • Fachanwalt für Verkehrsrecht
Feldmannstraße 26
66119 Saarbrücken

Telefon: 0681 37208536


Honorar/Leistung: (0)
Erreichbarkeit: (0)
Verständlichkeit: (0)
Freundlichkeit: (0)
Diesen Rechtsanwalt bewerten
Vereinbaren Sie hier eine Rechtsberatung zum Artikel-Thema:
Kontaktieren Sie hier Fachanwalt Dominik Weiser:
* Pflichtfeld
Ja, ich willige ein, dass meine im „Kontaktformular“ eingetragenen personenbezogenen Daten zum Zwecke der Angebotsvermittlung per Fax und E-Mail an den zu kontaktierenden Anwalt übermittelt und gespeichert werden. Diese jederzeit widerrufliche Einwilligung sowie die Verarbeitung und Datenübermittlung durch Dritte erfolgen gem. unserer Datenschutzerklärung.
Kontaktieren
Weitere Artikel des Autors
Verkehrsrecht Cannabislegalisierung: MPU trotzdem nach erstem Verstoß?
18.04.2024

Die Cannabislegalisierung hat im Wesentlichen zu Änderungen in zwei Regelungskomplexen betreffend Führerscheinsachen geführt. Punkt 1: Die Anhebung des Grenzwertes. Hierbei geht es darum, ab welchem THC-Wert (Aktiv-Wert) eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit vorliegt. Bislang geht die Rechtsprechung von 1 ng/ml THC aus. Der Wert soll nun (endlich) auf vermutlich 3,5 ng/ml angehoben werden. Da das (noch) nicht passiert ist, werde ich mich mit diesem Thema in diesem Beitrag nicht weiter beschäftigen. Es folgt ein gesonderter Beitrag, falls und sobald das Gesetz in Kraft getreten sein wird. Wichtig für Betroffene laufender Verfahren ist, dass die ... weiter lesen

Verkehrsrecht Fahrradunfall - Haftung bei berührungslosem Unfall
20.02.2024

Das OLG Hamm hat sich in einer aktuellen Entscheidung zu einem berührungslosen Unfall zwischen einem Fahrrad und einem PK W geäußert. Der sogenannte berührungslose Unfall ist auch zwischen PKWs in der Vergangenheit Gegenstand zahlreicher Entscheidungen gewesen. Grundsätzlich ist mit einem berührungslosen Unfall gemeint Komma, dass sich die beteiligten Fahrzeuge, seines nun PK, WS oder Fahrräder, anlässlich des Unfalls nicht berühren und ist dennoch zu einem Schaden kommt. Punkt. Das kann ein Personenschaden oder ein Sachschaden sein. Regelmäßig tritt dieser durch ein Ausweich- oder Bremsverhalten eines Beteiligten ein. ... weiter lesen

Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
Verkehrsrecht Bußgeld aus dem Ausland: Böse Überraschung nach dem Urlaub

Die Urlaubserinnerungen sind meist von schönen Momenten geprägt. Einmal im Straßenverkehr aber nicht aufgepasst, kann ein Bußgeldbescheid aus dem Ausland die sonnigen Rückblicke schnell trüben. Ob ein Fehler beim Parken oder das Übersehen der lokalen Verkehrsregeln. Die Folgen können oft teuer sein.  Gesetze im Straßenverkehr kennen: So schützen Sie sich vor Bußgeldern Jedes Land hat seine eigenen Verkehrsregeln. Viele davon sind auf den ersten Blick nicht sofort ersichtlich. Für Urlauber ist es daher wichtig, sich vorab über die Gegebenheiten im Reiseziel zu informieren. Bereits in den Nachbarländern kommt es nämlich zu wichtigen Änderungen im ... weiter lesen

Verkehrsrecht OLG Frankfurt urteilt: 52.500€ Schmerzensgeld für von Betrunkenem verletzte Fußgängerin

In einem aktuellen Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG) mit dem Aktenzeichen 26 U 11/23 wurde einer Fußgängerin, die bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt wurde, ein Schmerzensgeld von 52.500 Euro zugesprochen. Dieses Urteil berücksichtigt eine Teilschuld der Verletzten von 25%. Fußgängerin nach Unfall mit Betrunkenem schwer verletzt: Klage erfolgreich Eine Fußgängerin forderte von einem alkoholisierten Autofahrer nach einem Verkehrsunfall Schmerzensgeld und Schadensersatz. Der Fahrer, der mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,96 Promille unterwegs war, erfasste die Frau in einer Kleinstadt in Mittelhessen, als sie gemeinsam mit vier ... weiter lesen

Verkehrsrecht Streit um Schadensersatz nach Tankstellen-Unfall

Das Amtsgericht München entschied in einem Fall um Schadensersatzansprüche nach einem Verkehrsunfall auf einem Tankstellengelände im Münchener Westen. Unter dem Aktenzeichen 336 C 6248/22 musste geklärt werden, welches Fahrzeug aufgefahren war, ein Sachverhalt, über den zwischen den Parteien Uneinigkeit herrschte. Streit um Schadensersatz nach Kollision auf Münchener Tankstellengelände Beim Verlassen einer Tankstelle im Münchener Westen bremste der Fahrer des Fahrzeugs der Klägerseite, um dem vorfahrtsberechtigten Verkehr den Vorrang zu gewähren. In diesem Moment kam es zur Kollision der beteiligten Fahrzeuge. Während die Klägerseite argumentierte, ... weiter lesen

Verkehrsrecht Rechtliche Beratung: Schlüsselaspekte für Ihre Rechtsfragen

Die Welt des Rechts kann komplex und verwirrend sein. Egal ob Sie Unternehmer, Privatperson oder einfach jemand sind, der sich in einem rechtlichen Dilemma befindet, die Bedeutung einer professionellen Rechtsberatung kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Dieser Artikel wird einen umfassenden Blick darauf werfen, wie rechtliche Beratung funktioniert, welche Schlüsselaspekte Sie beachten sollten, und wie Sie den richtigen Rechtsanwalt für Ihre individuellen Bedürfnisse finden. Grundlagen der Rechtsberatung Rechtsberatung ist mehr als nur die Lösung von Konflikten; es ist ein wesentlicher Bestandteil der Vorsorge und des Schutzes Ihrer Rechte. Ganz gleich, ob es um die ... weiter lesen

Ihre Spezialisten