Arbeitsrecht

Uni-Professor verliert nach Organspendeskandal sein Ruhegehalt

Zuletzt bearbeitet am: 08.03.2024

Göttingen (jur). Das Erschleichen unberechtigter Zuweisungen von Spenderorganen erschüttern „die Grundlagen des ärztlichen Berufs“. Mit diesem Hinweis billigte das Verwaltungsgericht Göttingen in einem am Freitag, 22. April 2022, bekanntgegebenen Urteil den Entzug des Ruhegehalts für einen früheren Professor der Universitätsmedizin Göttingen (Az.: 5 A 6/18). Er sei für Manipulationen im Göttinger Organspendeskandal 2009 bis 2011 mitverantwortlich gewesen.

Während dieser Zeit waren in Göttingen die Daten von zahlreichen Leberkranken manipuliert worden, damit sich ihr sogenannter MELD-Score und so ihre Chance auf Zuteilung eines Spenderorgans erhöht.

Die Staatsanwaltschaft hatte dem hauptverantwortlichen Leiter der Transplantationschirurgie der Unikliniken Göttingen versuchten Totschlag vorgeworfen. Kranken, denen die Spenderorgane eigentlich zugestanden hätten, seien diese durch die Göttinger Manipulationen vorenthalten worden. 2015 hatte jedoch das Landgericht Göttingen den Chirurgen freigesprochen. Die Manipulationen seien zwar moralisch verwerflich aber nicht strafbar gewesen. Dies hat dann auch der Bundesgerichtshof bestätigt; die Verstöße gegen die Transplantationsregeln für Alkoholkranke seien „strafrechtlich unbeachtlich“ gewesen (Urteil und JurAgentur-Meldung vom 28. Juni 2017, Az.: 5 StR 20/16).

Das Landessozialgericht Celle hatte entschieden, dass die Krankenkassen die Transplantationen trotz der vorausgehenden Datenfälschungen bezahlen müssen (Urteil vom 18. Januar 2022, Az.: L 16/4 KR 506/19; JurAgentur-Meldung vom 31. Januar 2022).

In dem nun vom Verwaltungsgericht Göttingen entschiedenen Streit ging es um einen anderen Arzt, einen früheren Leiter der Abteilung für Gastroenterologie und Endokrinologie im Zentrum für Innere Medizin der Universitätsmedizin Göttingen. Ohne Erfolg hatte er argumentiert, dass allein der seinerzeit angeklagte Operateur zuständig gewesen sei, der auch persönlich von den gesteigerten Transplantationszahlen profitiert habe.

Doch das Verwaltungsgericht zeigte sich überzeugt, dass auch der Chef-Gastroenterologe „in mindestens elf Fällen“ für die Manipulation von Laborwerten verantwortlich war. Eigenes Handeln sei ihm diesbezüglich zwar nicht nachzuweisen, jedenfalls habe er aber seine Mitarbeiter entsprechend angewiesen.

„Die Schwere des vorliegenden Dienstvergehens führt zu einem endgültigen Vertrauensverlust, der bei Beamten im Ruhestand die Aberkennung des Ruhegehalts gebietet“, stellte das Verwaltungsgericht Göttingen hierzu in seinem Urteil vom 16. März 2022 fest.

Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock

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