Unterhaltspflicht von Kindern gegenüber Eltern
Kinder sind ihren Eltern zum Unterhalt verpflichtet. Diese Pflicht ergibt sich aus § 1601 BGB, wonach Verwandte in gerader Linie verpflichtet sind, einander Unterhalt zu gewähren. Dieser Anspruch der Eltern wird in der Praxis häufig dann bedeutsam, wenn die Unterbringung in einem Altenpflegeheim erforderlich ist. Entweder werden die Kinder vom Elternteil direkt in Anspruch genommen oder das Sozialamt trägt zunächst die Aufwendungen und geht dann gegen die Kinder aus abgetretenem Recht vor. Zahlt der Unterhaltsverpflichtete, stellt sich die Frage, ob diese Zahlungen dann zumindest als außergewöhnliche Belastungen bei seiner Einkommensteuer zu berücksichtigen sind.
Stellen Aufwendungen für die Unterbringung eines Elternteils in einem Altenpflegeheim außergewöhnliche Belastungen dar?
In der Rechtsprechung des BFH ist anerkannt, dass untypische Unterhaltsleistungen, mit denen ein besonderer und außergewöhnlicher Bedarf abgedeckt wird - z.B. die Übernahme von Krankheits- und Pflegekosten -, nach § 33 EStG als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind, wenn der Unterhaltsberechtigte nicht in der Lage ist, diese Aufwendungen selbst zu tragen. Aufwendungen für die krankheitsbedingte Unterbringung von Angehörigen in einem Altenpflegeheim fallen dabei unter § 33 EStG, während Aufwendungen für deren altersbedingte Heimunterbringung nur nach § 33a Abs. 1 EStG berücksichtigt werden können.
Hat der Steuerpflichtige ein Wahlrecht?
Wie sich aus § 33a Abs. 4 EStG ergibt, hat der Steuerpflichtige kein Wahlrecht zwischen dem Abzug nach § 33 EStG wegen der Aufwendungen für die krankheitsbedingte Unterbringung von Angehörigen und dem nach § 33a EStG wegen der Aufwendungen für die altersbedingte Heimunterbringung.
Sind die Kosten in Krankheitskosten und Unterhaltskosten aufzuteilen?
Die Kosten, die der Unterhaltsverpflichtete für die Unterbringung des Elternteils in einem Pflegeheim trägt, sind nicht in Unterhaltskosten i.S. von § 33a EStG und Krankheitskosten i.S. von § 33 EStG aufzuteilen. Denn die unter § 33 fallenden abziehbaren krankheitsbedingten Mehrkosten umfassen ebenso wie bei einer Unterbringung in einem Krankenhaus nicht nur die Aufwendungen für Pflege und ärztliche Hilfe, sondern auch die gesamten vom Heim in Rechnung gestellten Kosten für Unterkunft und Verpflegung, die bei einem Heimaufenthalt in der Regel erheblich höher liegen als die dafür üblichen Kosten bei einem Verbleib im eigenen Haushalt.
Inwieweit ist die Haushaltsersparnis bei einer Auflösung des Haushalts des Elternteils zu berücksichtigen?
Nach Auffassung der Finanzverwaltung (R 33.3 Abs. 2 Satz 2 EStH) ist eine Haushaltsersparnis mit dem in § 33a Abs. 2 Satz 1 EStG genannten Höchstbetrag (8.820 Euro im Kalenderjahr im Veranlagungszeitraum 2017) immer abzuziehen, wenn bei einer Heimunterbringung wegen Pflegebedürftigkeit der private Haushalt aufgelöst wird.
Dagegen müssen nach einem Urteil des FG Köln die eigenen Einkünfte und Bezüge der pflegebedürftigen Person, die diese für ihren Unterhalt einsetzt mit einbezogen werden. Der Abzug einer Haushaltsersparnis kommt danach nicht in Betracht, wenn die eigenen Einkünfte und Bezüge der pflegebedürftigen Person, die diese für ihren Unterhalt einsetzt, sowohl über den Regelsätzen der Grundsicherung nach dem SGB XII des betreffenden Jahres liegen als auch über dem von der Verwaltung als Haushaltsersparnis anzusetzenden Wert (Höchstbetrag 8.820 Euro im Kalenderjahr im Veranlagungszeitraum 2017). In solchen Fällen fehlt es an einer Haushaltsersparnis der unterhaltenen Person und erst Recht der zum Unterhalt verpflichteten Person (FG Köln, Urteil vom 26.01.2017, 14 K 2643/16, rechtskräftig).
Anmerkung : Bemerkenswert ist, dass die Finanzverwaltung keine Revision gegen das Urteil eingelegt hat. Das FG Köln hatte die Revision ausdrücklich zugelassen und zwar gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, also wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache. Offensichtlich wollte die Finanzverwaltung vermeiden, dass eine höchstrichterliche Entscheidung zu diesem Thema ergeht.
Rechtstipp:
Aufwendungen für die Unterbringung eines Elternteils in einem Altenpflegeheim sollten also immer als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden. Anzugeben sind dabei auch die eigenen Einkünfte und Bezüge der pflegebedürftigen Person, die diese für ihren Unterhalt eingesetzt hat. Bei der Prüfung des Einkommensteuerbescheids ist dann besonderes Augenmerk darauf zu legen, ob das Finanzamt eine Haushaltsersparnis abgezogen hat, obwohl eine solche nach dem o.g. Urteil des FG Köln nicht vorlag. Ist das der Fall sollte gegen den Einkommensteuerbescheid Einspruch eingelegt und auf das Urteil des FG Köln verwiesen werden.