Eine Frage ist beim Einstellungsgespräch nur zulässig, wenn hieran ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers besteht. Das ist im Arbeitsrecht dann der Fall, wenn die Frage für die Art des zu besetzenden Arbeitsplatzes von Bedeutung ist und wenn das Frageinteresse auch unter Beachtung des Schutzes der Persönlichkeitssphäre und des Persönlichkeitsrechts des Bewerbers überwiegend schützenswert ist. Erforderlich ist also stets eine Abwägung gegenseitiger Interessen im Einzelfall.
Bei unzulässigen Fragen hat der Arbeitnehmer nicht nur ein Schweigerecht, sondern sogar ein Recht zur Lüge. Falsche Antworten oder Schweigen auf unzulässige Fragen dürfen dem Stellenbewerber nicht zum Nachteil gereichen. Insbesondere darf darauf später keine Kündigung oder Anfechtung des Arbeitsvertrages gestützt werden.
Eine Offenbarungspflicht des Bewerbers kann auch ohne entsprechende Frage bestehen, wenn der Arbeitgeber eine Aufklärung nach Treu und Glauben erwarten kann. So muss ein Berufskraftfahrer ungefragt über einen Entzug seiner Fahrerlaubnis informieren.
1. Private Lebensführung und Familienplanung
Fragen nach der privaten Lebensführung sind im Bewerbungsgespräch grundsätzlich verboten. Ausnahmsweise werden sie als zulässig angesehen, wenn sie sich aus dem besonderen Unternehmenszweck, z. B. einer kirchlichen Einrichtung, ergeben. In solchen Fällen darf der Arbeitgeber auch fragen, ob der Bewerber eine gemeinsame Wohnung mit einem nichtehelichen Lebenspartner bewohnt.
Auch nach geplanten oder bestehenden Schwangerschaften (Familienplanung) darf grundsätzlich nicht gefragt werden. Das gilt selbst dann, wenn die Schwangere die Stelle von Beginn an wegen der Schwangerschaft nicht antreten könnte.
2. Schwerbehinderung
Auch zu einer Schwerbehinderteneigenschaft oder Gleichstellung mit einer Schwerbehinderteneigenschaft darf nicht gefragt werden. Das gilt wiederum nicht, wenn mit dem Arbeitsplatz eine gezielte Förderung behinderter Menschen beabsichtigt ist oder wenn das Fehlen einer Behinderung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung für die Tätigkeit ist. Der Arbeitnehmer muss in diesem Fall wahrheitsgemäß antworten. Wenn die Frage nach der Schwerbehinderung nicht gestellt wird, muss ein behinderter Mensch jedoch nicht von sich aus über eine bestehende Behinderung aufklären, soweit ihm die Tätigkeit dadurch nicht unmöglich gemacht wird.
Nach einer Schwerbehinderung darf auch gefragt werden, wenn ein Arbeitsverhältnis seit mindestens sechs Monaten besteht. Denn der Arbeitgeber muss wissen, ob zugunsten des Beschäftigten der gesetzliche Sonderkündigungsschutz für behinderte Menschen nach dem SGB gilt. Auch bei der Vorbereitung betriebsbedingter Kündigungen muss die Frage nach einer Schwerbehinderteneigenschaft erlaubt sein, um eine korrekte Sozialauswahl treffen zu können.
3. Vorstrafen
Nach Vorstrafen darf gefragt werden, wenn die Art des Arbeitsplatzes, der besetzt werden soll, entsprechende Informationen erfordert. Allerdings kommt es nicht darauf an, welche Vorstrafen der Arbeitgeber nach seiner eigenen Einschätzung für relevant hält. Entscheidend ist vielmehr ein objektiver Maßstab, unter Einbeziehung der objektiven Wertordnung des Grundgesetzes, des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Bewerbers sowie seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. So wird ein Bankkassierer oder Buchhalter nach Vorstrafen wegen Vermögensdelikten gefragt werden dürfen.
4. Krankheiten
Fragen nach Vorerkrankungen, die vollständig überwunden wurden, sind unzulässig. Auch nach bestehenden HIV-Infektionen darf, außer bei Heilberufen, grundsätzlich nicht gefragt werden. Allgemein dürfen Fragen nach dem Gesundheitszustand nur gestellt werden, wenn sie einen Bezug zur angestrebten Tätigkeit aufweisen.
5. Falschbeantwortung zulässiger Fragen
Die falsche Beantwortung zulässiger Fragen kann Schadensersatzansprüche auslösen oder den Arbeitgeber zur Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) berechtigen.
Im Falle der Wirksamkeit einer Anfechtung und der daraus folgenden Nichtigkeit des Arbeitsvertrages heißt das jedoch nicht, dass der Arbeitnehmer das gesamte, bislang erhaltene Gehalt zurückzahlen müsste. Der Arbeitnehmer darf vielmehr das Gehalt als Gegenleistung zu der faktisch geleisteten Arbeitstätigkeit behalten. Der Arbeitnehmer kann aber ggf. zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet sein.
6. Erstattung der Vorstellungskosten
Bei einer unaufgeforderten persönlichen Vorstellung muss der Bewerber die Kosten seiner Bewerbung und Vorstellung grundsätzlich selbst tragen. Dasselbe gilt, wenn der Arbeitgeber einer unaufgeforderten Vorstellung lediglich zustimmt. Soweit der Arbeitgeber den Arbeitnehmer dagegen ausdrücklich zum Vorstellungsgespräch eingeladen hat, muss er dem Arbeitnehmer die notwendigen Auslagen und eventuelle Verdienstausfälle erstatten. Zu den notwendigen Auslagen gehören die Fahrtkosten sowie die Kosten für Verpflegung und Unterkunft. Fahrtkosten für ein Kfz sind zu erstatten, wenn der Bewerber bei verständiger Würdigung darauf vertrauen durfte, dass die Einladung nicht nur für eine Fahrt in öffentlichen Verkehrsmitteln gilt (§ 670 BGB).
Eine Ausnahme von der Erstattungspflicht gilt nur dann, wenn der Arbeitgeber Zahlungen im Rahmen der Einladung zum Vorstellungsgespräch ausdrücklich ausgeschlossen hat. Eingereichte Unterlagen können im Falle einer Ablehnung zurück verlangt werden. Personalfragebögen, die im Rahmen des Vorstellungsgesprächs vom Arbeitgeber erstellt wurden, sind zu vernichten.
7. Betriebsratsbeteiligung
Zu beachten ist auch das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG in Betrieben mit über 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern. Hier hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung zu unterrichten, erforderliche Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu erteilen (§ 99 Abs. 1 BetrVG). Der Arbeitgeber muss die Zustimmung des Betriebsrats zur geplanten Einstellung einholen. Der Betriebsrat hat sich nach Vorlage aller relevanten Unterlagen binnen einer Woche zu äußern. Eine Verweigerung der Zustimmung ist nur aus den Gründen des § 99 Abs. 2 BetrVG möglich, wobei eine Verweigerung innerhalb der Wochenfrist mitzuteilen ist, ansonsten gilt die Zustimmung als erteilt. Ein gegen die Zustimmung des Betriebsrats abgeschlossener Arbeitsvertrag ist rechtlich zwar wirksam. Der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmer aber nicht beschäftigen und muss dennoch das vereinbarte Entgelt zahlen.