Erfurt (jur). Wer Urlaub nimmt, nimmt in der Regel zuerst den gesetzlichen Urlaub. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem am Freitag, 17. Juni 2022, veröffentlichten Urteil klargestellt (Az.: 9 AZR 353/21). Damit erschwerten die Erfurter Richter Ansprüche auf Abgeltung nicht genommener Urlaubstage.
Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt meist 20, bei einer Sechs-Tage-Woche 24 Arbeitstage. Bei Schwerbehinderten kommen fünf beziehungsweise sechs gesetzlich verankerte Tage hinzu.
Der Kläger ist schwerbehindert und hatte laut Tarifvertrag Anspruch auf 32 Urlaubstage plus fünf Tage wegen seiner Schwerbehinderung. 2016 hatte er 26 Tage Urlaub genommen. Danach war er knapp zehn Monate arbeitsunfähig krank, ehe er Mitte 2017 in den Vorruhestand ging.
Mit seiner Klage meinte er, der genommene Urlaub sei zunächst der tarifliche Urlaub gewesen. Zumindest für die fünf Tage Zusatzurlaub für Schwerbehinderte stehe ihm daher noch eine finanzielle Abgeltung zu.
Dem folgte das BAG nicht.
Nach dem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil vom 1. März 2022 hatten die Urlaubsansprüche des Klägers drei verschiedene Grundlagen: den gesetzlichen Mindesturlaub von hier 20 Tagen, fünf Tage gesetzlicher Zusatzurlaub für Schwerbehinderte sowie zwölf weitere Urlaubstage laut Tarif.
Aus den gesetzlichen Bestimmungen für Schuldverhältnisse leiteten die Erfurter Richter ab, dass – sofern nicht anderes bestimmt ist – zuerst die gesetzlichen Urlaubsansprüche erfüllt werden.
Im Streitjahr 2016 habe der Kläger 26 Urlaubstage genommen. Damit seien alle gesetzlichen Urlaubsansprüche erfüllt – sowohl die 20 Tage Mindesturlaub als auch die fünf Tage Zusatzurlaub für Schwerbehinderte. Der rein tariflich zugesicherte Urlaub sein laut Tarifvertrag Ende März 2017 verfallen.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock