Arbeitsrecht

Urlaubssperren für Arbeitnehmer: Zulässigkeit, Dauer und rechtliche Fallen im Überblick

30.07.2020

Besonders im Einzelhandel und bei Saisonbetrieben werden für auftragsstarke Zeiten Urlaubssperren verhängt. Doch auch in anderen Bereichen gewähren Arbeitgeber ihren Mitarbeitern für bestimmte Zeiträume keinen Urlaub. Zulässig ist das nicht immer, da solchen Urlaubssperren enge rechtliche Grenzen gesetzt sind. Betroffene Arbeitnehmer müssen dennoch vorsichtig sein, da auch für sie rechtliche Fallstricke existieren.

 

Urlaubssperre: Nur in Ausnahmefällen zulässig

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BUrlG sind bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs primär die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, ihrer Berücksichtigung stehen dringenden betriebliche Belange entgegen.

Das hat folgende Konsequenz: Grundsätzlich ist dem Arbeitnehmer für den gewünschten Zeitraum Urlaub zu gewähren. Eine Versagung beziehungsweise eine Urlaubssperre für diesen Zeitraum ist nur zulässig, wenn sie durch dringende betriebliche Belange gerechtfertigt ist.

 

Dringende betriebliche Belange für Urlaubssperren

 

Inwieweit dringliche betriebliche Belange vorliegen, ist anhand einer Gesamtabwägung aller Einzelfallumstände zu prüfen. Die Hürde ist dabei nicht zu niedrig anzusetzen, um die Ausnahme nicht zur Regel zu machen. 

Meist folgen dringende betriebliche Belange aus branchenspezifischen Besonderheiten. Im Einzel- und Versandhandel fällt beispielsweise in der Vorweihnachtszeit meist besonders viel Arbeit an, sodass im Einzelfall eine Urlaubssperre möglich ist. Denkbar sind Urlaubssperren weiterhin bei notwendigen, zeitintensiven Inventurarbeiten oder bei unerwarteter Grippewelle mit vielen Arbeitsausfällen. 

Sofern ein Betriebsrat besteht, hat er gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bei der Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und Urlaubspläne. Der Betriebsrat ist damit bei der Festlegung von Urlaubssperren zu beteiligen.

 

Grenzen von Urlaubssperren

 

Die Dauer der einzelnen Urlaubssperren ist gesetzlich nicht begrenzt. Sie richtet sich nach den dringenden betrieblichen Belangen. Grundsätzlich kann eine Urlaubssperre solange angeordnet werden, wie die betrieblichen Belange eine solche erfordern. Besonders bei Saisontätigkeiten kann die Urlaubssperre daher mehrere Wochen oder Monate betragen. Die Grenze ist aber jedenfalls dann erreicht, wenn es dem Arbeitnehmer wegen der Länge der Sperre gänzlich unmöglich wird, seinen Urlaub zu nehmen.

Weiterhin entfalten Urlaubssperren keine Rückwirkung. Der Arbeitgeber darf also grundsätzlich keinen bereits genehmigten Urlaub widerrufen, selbst wenn nachträglich eine Urlaubssperre erlassen wurde. Etwas anderes gilt nur in absoluten Ausnahmefällen, etwa wenn der Betrieb anderenfalls zum Erliegen käme oder Insolvenz droht. Dann ist ausnahmsweise ein Widerruf des genehmigten Urlaubs zulässig. 

 

Vorgehen für Arbeitnehmer bei unrechtmäßigen Urlaubssperren

 

Ist die Urlaubssperre unwirksam, weil es an dringenden betrieblichen Gründen fehlt, darf der Arbeitnehmer dennoch nicht eigenmächtig den Urlaub antreten. Ohne die Urlaubsgewährung ist dieser nämlich weiter zur Arbeitsleistung verpflichtet, selbst wenn eigentlich Urlaub gewährt werden müsste.

Entsprechend kann der Arbeitgeber eine Abmahnung oder im Einzelfall gar eine Kündigung aussprechen, wenn der Mitarbeiter der Arbeit derart unentschuldigt fernbleibt. Betroffene Arbeitnehmer sollten daher das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen. Weigert sich dieser vehement, Urlaub zu gewähren, muss der Arbeitnehmer Klage auf Bewilligung des Urlaubs für den gewünschten Zeitraum erheben. Wegen der langen Verfahrensdauer ist meist ein Vorgehen im einstweiligen Rechtschutz zu empfehlen.

Gerne unterstützt Sie die Kanzlei Kupka & Stillfried bei solchen außergerichtlichen Gesprächen sowie bei notwendigen Gerichtsverfahren. Zögern Sie daher nicht, uns jederzeit zu kontaktieren.  

Diesen Artikel bewerten
Über den Autor

Gesamt:

Dr. Martin Kupka
Rechtsanwalt • Fachanwalt für Arbeitsrecht
Boschetsrieder Str. 67
81379 München

Telefon: 089 / 255 55 300


Honorar/Leistung: (5)
Erreichbarkeit: (5)
Verständlichkeit: (5)
Freundlichkeit: (5)
Diesen Rechtsanwalt bewerten
Vereinbaren Sie hier eine Rechtsberatung zum Artikel-Thema:
Kontaktieren Sie hier Fachanwalt Dr. Martin Kupka:
* Pflichtfeld
Ja, ich willige ein, dass meine im „Kontaktformular“ eingetragenen personenbezogenen Daten zum Zwecke der Angebotsvermittlung per Fax und E-Mail an den zu kontaktierenden Anwalt übermittelt und gespeichert werden. Diese jederzeit widerrufliche Einwilligung sowie die Verarbeitung und Datenübermittlung durch Dritte erfolgen gem. unserer Datenschutzerklärung.
Kontaktieren
Weitere Artikel des Autors
Arbeitsrecht Pflicht zum Datenschutz
26.01.2024

Die Pflicht zur Datenschutz-Information für Bewerber und Mitarbeiter wird oft übersehen Im Rahmen des Datenschutzrechts gemäß  DSGVO  gibt es für Arbeitgeber einige Stolpersteine: Arbeitgeber, die Daten von Bewerbern und Mitarbeitern verarbeiten, müssen diese über die Datenerhebung mittels eines Informationsschreibens informieren. Diese Pflicht wird im Arbeitsalltag oft übersehen, obwohl bei Verstößen empfindliche Bußgelder drohen. Im Folgenden klären wir, wie Sie sich und Ihren Betrieb absichern können. Datenschutz für Arbeitgeber: Informationsschreiben sind Pflicht Die ... weiter lesen

Arbeitsrecht Steuerlast bei der Abfindung – Die Fünftelregelung
09.11.2023

Wenn das Arbeitsverhältnis einvernehmlich durch einen Aufhebungsvertrag oder im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses durch einen Vergleich beendet wird, ist es oft mit einer Abfindungszahlung an den Arbeitnehmer verbunden. Obwohl die Freude über die möglicherweise hohe Abfindung zunächst groß ist, stellt sich schnell die Frage, wie hoch die Steuern auf die Abfindung sind. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die sogenannte Fünftelregelung für Arbeitnehmer wichtig. Auch auf eine Abfindung müssen Steuern gezahlt werden  Arbeitnehmer müssen grundsätzlich Steuern auf ihre laufenden Einkünfte zahlen. In einem ... weiter lesen

Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
Arbeitsrecht Ergonomischer Büroarbeitsplatz mit Merkblatt

Der Begriff "Büroarbeitsplatz" bezieht sich auf die Gesamtheit aller Elemente und Bedingungen, die in einem Büroumfeld zur Durchführung von Arbeitsaufgaben erforderlich sind. Hierzu zählen insbesondere Arbeitsmittel wie Schreibtisch und Bürostuhl, die gemäß den Anforderungen des Arbeitsschutzes ergonomisch gestaltet sein müssen, um gesundheitliche Schäden zu vermeiden und die Arbeitsleistung zu steigern. Rechtliche Grundlagen für Büroarbeitsplätze Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und die Bildschirmarbeitsverordnung bilden die rechtliche Basis für die Gestaltung von Büro- und Bildschirmarbeitsplätzen in ... weiter lesen

Arbeitsrecht Arbeitsgericht Siegburg urteilt: Keine Diskriminierung bei Nichteinstellung aus gesundheitlichen Gründen

Das Arbeitsgericht Siegburg hat in einem Fall, in dem es um die Rücknahme einer Einstellungszusage für einen schwerbehinderten Bewerber ging, entschieden. Im Mittelpunkt der Verhandlung stand die Frage, ob die Nichteinstellung aufgrund eines ärztlichen Gutachtens eine Diskriminierung darstellt (Az.: 3 Ca 1654/23 ). Stadt zieht Jobzusage an diabetischen Bewerber zurück – Klage wegen Diskriminierung Ein schwerbehinderter Bewerber, der an Diabetes leidet, bewarb sich Anfang 2023 bei einer Stadtverwaltung für eine Ausbildung zum Straßenwärter. Seine Schwerbehinderung gab er dabei offen an. Er erhielt eine vorläufige Zusage, die jedoch von den Ergebnissen einer ... weiter lesen

Arbeitsrecht Nebenbeschäftigung durch Detektei aufgedeckt – was Arbeitgeber jetzt beachten müssen

Ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und -geber ist wichtig, Vertrauen allein reicht aber oft nicht aus. Zu den häufigsten Zwischenfällen gehört die Ausübung einer nicht genehmigten Nebentätigkeit durch den Arbeitnehmer. Grundsätzlich ist der Hauptarbeitgeber verpflichtet, einen Nebenjob zu gewähren, sofern die eigenen Interessen davon nicht betroffen sind. So muss der Arbeitnehmer weiterhin mit seiner vollen Arbeitskraft verfügbar sein und darf nicht in konkurrierenden Betrieben arbeiten. Heimlich ausgeführt ist eine Nebentätigkeit nicht erlaubt. Die Aufdeckung erfolgt regelmäßig durch erfahrene Wirtschaftsdetektive, aber was passiert dann?  ... weiter lesen

Arbeitsrecht Verwaltungsgericht Hannover bestätigt Entlassung von Polizeikommissar-Anwärterin

Ein aktuelles Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover (Az. 2 B 512/24; 2 A 5953/23 ) bekräftigt die Entlassung einer Polizeikommissar-Anwärterin aufgrund ihrer polizeikritischen Äußerungen in sozialen Netzwerken. Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der Neutralität und des Mäßigungsgebots im Beamtenverhältnis. Polizeianwärterin wegen kritischer Äußerungen in sozialen Medien entlassen Im Zentrum des Rechtsstreits stand eine angehende Polizeikommissarin, gegen die die Niedersächsische Polizeiakademie eine Entlassungsverfügung erließ. Ausschlaggebend waren diverse Äußerungen in sozialen Medien, die als kritisch gegenüber der Polizei ... weiter lesen

Ihre Spezialisten