Karlsruhe. Für Verbraucher, die tagsüber außer Haus sind, ist der vereinbarte Abstellort für das erwartete Paket meist eine gute Sache. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem am Freitag, 29.04.2022, veröffentlichten Urteil (Az.: I ZR 212/20) entschieden, dass der Paketdienstleister, der das Paket an einem solchen vereinbarten Ort abstellt, den Kunden aber über die Zustellung informieren muss. Wenn eine Klausel des Paketdienstleisters keine Angaben zur vereinbarten Abstellung vorsieht, benachteiligt dies den Kunden unangemessen und ist daher unwirksam, so das Karlsruher Gericht.
Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat gegen den Paketdienstleister GLS Klage auf Unterlassung mehrerer AGB-Klauseln erhoben. Diese würden entweder den Verbraucher unangemessen benachteiligen und das Versandrisiko auf den Kunden verlagern oder sie seien undurchsichtig und nicht deutlich formuliert.
In einem Urteil vom 07.04.2022 schloss sich der BGH den Verbraucherschützern teilweise an. Dementsprechend dürfe GLS nicht von einer Zustellung ausgehen, wenn das Paket zwar am vereinbarten Zustellort hinterlegt, der Kunde hierüber jedoch nicht informiert wurde. Diese Bestimmung verstoße gegen Treu und Glauben und benachteilige Paketempfänger unangemessen. Hier übertrage GLS das Versandrisiko in unzulässiger Weise auf den Empfänger, selbst wenn von diesem eine Genehmigung zur Abstellung erteilt wurde.
Da die Ware nach dem Abstellen am vereinbarten Ort entwendet werden könne, sei es für den Paketboten zumutbar, den Empfänger über das Abstellen der Ware zu informieren. Basierend auf der Lebenserfahrung erteile der Empfänger nach Ankündigung des Versands des Pakets elektronisch eine Abstellgenehmigung. So sei es dem Zusteller ohne weiteres möglich, auf die gleiche Weise über eine erfolgte Zustellung zu informieren.
Auch einige GLS-Klauseln zu Beförderungsausschlüssen seien unwirksam, z.B. für verderbliche und temperaturempfindliche Waren oder Waren von geringem Wert, die aber bei Verlust oder Beschädigung schwere Folgeschäden nach sich ziehen können, z.B. „Datenträger mit sensiblen Informationen“. Es sei für Verbraucher nicht ersichtlich, wann von „verderblichen oder temperaturempfindlichen Gütern“ auszugehen sei, da diese die Transportbedingungen nicht kennen. Auch sei der Beförderungsausschluss von geringwertigen Gütern wie Datenträgern zu unbestimmt. Es gebe durchaus Software auf Datenträgern, die sehr teuer sei.
Unwirksam sei auch das von GLS sich selbst eingeräumte Recht, Pakete im Verdachtsfall öffnen und prüfen zu können. Hierin liege eine Verletzung des Postgeheimnisses, die nur in Ausnahmefällen zulässig ist. Diese sei beispielsweise dann begründet, wenn der Inhalt beschädigter Sendungen gesichert werden müsse, der Empfänger oder Absender der Sendung zu ermitteln sei oder körperliche Gefahren durch die Sendung abgewendet werden müssten.
Hingegen hielt der BGH die GLS-Klausel, die unzureichend verpackte Waren, Telefon- und Prepaidkarten sowie Zahlungsmittel und geldwerte Dokumente von einer Beförderung ausschließt, für zulässig. Diese seien klar genug formuliert gewesen.
Quelle: © Fachanwalt.de
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