Arbeitsrecht

Verdeckte Arbeitnehmerüberlassung führt nicht zu Festanstellung

Zuletzt bearbeitet am: 28.03.2024

Stuttgart (jur). Verdeckte Arbeitnehmerüberlassung führt nicht zu einem Arbeitsverhältnis zum Entleihbetrieb. Das Arbeitsverhältnis bleibt zum einstellenden Unternehmen bestehen, wenn dieses über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung verfügt, heißt es in einem am Samstag, 3. Mai 2014, veröffentlichten Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart (Az.: 16 BV 121/13). Es wies damit den Betriebsrat des Mercedes-Werkes in Stuttgart-Untertürkheim ab.

In dem Werk befindet sich die Entwicklungsabteilung für Pkw-Motoren, -Achsen und -Getriebe. Bereits seit 2009 wird dort ein Entwicklungsingenieur als „Fremdarbeitskraft“ beschäftigt. Der Einsatz erfolgt auf der Basis von Werk- oder Dienstverträgen jeweils für bestimmte Projekte, zuletzt bei der Weiterentwicklung des Dieselmotors OM 651.

Der Betriebsrat meint, es handele sich um verdeckte Arbeitnehmerüberlassung. Es bestehe daher ein Arbeitsverhältnis zu Mercedes-Untertürkheim, und der Entwicklungsingenieur könne dort auch selbst für den Betriebsrat kandidieren.

Das Arbeitsgericht Stuttgart wies den entsprechenden Antrag des Betriebsrats nun aber ab. Zwar gebe es „nicht unerheblich Indizien“, dass die Werk- und Dienstverträge nur Scheinverträge sein könnten. Doch selbst wenn man dies annehme, sei kein Arbeitsverhältnis im Mercedes-Werk Untertürkheim entstanden.

Denn die Firma, bei der der Entwicklungsingenieur angestellt sei, verfüge über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Nach den gesetzlichen Vorgaben könne daher „kein Arbeitsverhältnis zum Entleiher fingiert werden“. Vielmehr bleibe das Arbeitsverhältnis zur Leihfirma bestehen.

Zur Begründung stützte sich das Arbeitsgericht auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in Erfurt vom 10. Dezember 2013 (Az.: 9 AZR 51/13, JurAgentur-Meldung vom Urteilstag). Danach können Leiharbeitnehmer auch bei einem rechtswidrigen Dauereinsatz im Entleihbetrieb keine Festeinstellung zu diesem Betrieb verlangen.

Seit Dezember 2011 seien solche Dauereinsätze zwar gesetzlich ausdrücklich verboten, betonte nun das Arbeitsgericht. Der Gesetzgeber habe aber entschieden, Verstöße „nicht mit der Sanktion der Begründung eines Arbeitsverhältnisses zum Entleiher zu versehen“. Hierüber könnten sich die Gerichte nicht hinwegsetzen.

Dies und die Rechtsprechung des BAG seien auch auf eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung übertragbar, entschied das Arbeitsgericht Stuttgart in seinem Leitsatz-Beschluss vom 8. April 2014.

Am 1. August 2013 hatte das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg in Stuttgart entschieden, dass die Daimler AG im Werk Möhringen zwei IT-Fachkräfte über Jahre mit Scheinwerkverträgen beschäftigt hat. Hier hatte das LAG beiden eine Festeinstellung zugesprochen. Zur Begründung hatte es aber ausdrücklich darauf verwiesen, dass der mit den Scheinwerkverträgen beauftragte IT-Dienstleister nicht über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung verfügte (Az.: 2 Sa 6/13, JurAgentur-Meldung vom Urteilstag).

Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

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