Karlsruhe. Bislang muss der Bund keine generellen Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Autobahnen erlassen. Auch wenn der Bund bei fortschreitendem Klimawandel die Erreichung von Klimaschutzzielen verstärkt in den Entscheidungen muss, kann dafür nicht allein auf eine allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen abgestellt werden, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am Dienstag, 17. Januar 2023, veröffentlichten Beschluss (Az.: 1 BvR 2146/22). Die Richter in Karlsruhe habe damit die Verfassungsbeschwerde von zwei Bürgern als unzulässig abgewiesen.
Diese hatten gerügt, dass der Gesetzgeber nicht genug tut, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Sie forderten „exemplarisch“, dass vom Bund eine allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen eingeführt werden müsse, damit Deutschland bis 2030 den CO2-Ausstoß reduzieren kann, wie es das Klimaschutzgesetz vorschreibt. Andernfalls würden bis 2030 Eingriffe in die Freiheitsrechte drohen, was viel härter sei als jetzt ein Tempolimit.
Hintergrund ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2021, wonach die Bundesregierung mehr für den Klimaschutz tun muss (Az. 1 BvR 2656/18 u. a.) Die Folgen und Lasten des Klimawandels, so die damaligen Verfassungsrichter, dürften nicht ungleich auf jüngere oder künftige Generationen verteilt werden. Daraus resultiere eine „eingriffsähnliche Vorwirkung“ bei den Grundrechten. Aufgrund des Klimawandels könnten die Freiheitsrechte der jüngeren Generation in Zukunft verletzt werden.
Allerdings wiesen die Verfassungsrichter die aktuelle Verfassungsbeschwerde gegen die Untätigkeit des Gesetzgebers bei der Einführung einer allgemeinen Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen als unzulässig ab. Die Beschwerdeführer hätten ihre Beschwerde nicht hinreichend begründet.
Je weiter der Klimawandel voranschreite, desto mehr müsse der Statt bei Entscheidungen die Verwirklichung von Klimaschutzzielen berücksichtigen. Dies gilt nicht nur für behördliche und planerische Entscheidungen, sondern auch für den Gesetzgeber. Die Beschwerdeführer hätten jedoch nicht hinreichend dargelegt, dass „dass gerade das Fehlen eines allgemeinen Tempolimits eingriffsähnliche Vorwirkung auf ihre Freiheitsgrundrechte entfalten könnte“.
Die gesamten CO2-Emissionen müssen vielmehr in den Blick genommen werden. Dies sei von den Beschwerdeführern jedoch nicht getan worden. Aber auch ihre Annahme, dass das bis zum Jahre 2030 dem Verkehrssektor im Rahmen des Klimaschutzgesetzes zugewiesene Emissionsbudget bei den Treibhausgasen überschritten werde, hätten sie nicht näher belegt, so der jetzt schriftlich veröffentlichte Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 2022.
Ein Tempolimit von 120 Stundenkilometern auf Autobahnen würde nach Angaben des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) zu einer jährlichen Reduzierung des CO2-Ausstoßes um 2 bis 3 Millionen Tonnen führen. Das entspreche den durchschnittlichen Emissionen von mehr als einer Million Autos. Ein Tempolimit von 80 km/h auf Landstraßen würde weitere 1 Million Tonnen CO2-Emissionen einsparen.
Bereits 1995 hatte der damalige Vorsitzende des VCD beim Bundesverfassungsgericht vergeblich verlangt, generelle Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Autobahnen einzuführen. Die Richter in Karlsruhe stellte damals nüchtern fest, dass es verfassungsrechtlich nicht geboten sei, die zulässigen Höchstgeschwindigkeiten für Kraftfahrzeuge zu reduzieren. (Urteil vom 26. Oktober 1995, Az.: 1 BvR 1348/95).
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