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Verhaftung - Festnahme - Untersuchungshaft: welche Rechte hat der Beschuldigte?

03.02.2025 Strafrecht

Verhaftung / Vorläufige Festnahme

Diese beiden Begriffe bedeuten das gleiche.

Eine vorläufige Festnahme erfolgt durch die Polizei. Ein richterlicher Haftbefehl liegt (noch) nicht vor. Die Polizei hält einen solchen aber für möglich.

Bei einer vorläufigen Festnahme muss der Beschuldigte mit der Polizei mitgehen, auch dann, wenn er davon ausgeht, nicht schuldig zu sein. Eine Aussage muss er aber nicht machen.

Wenn die Polizei den Beschuldigten nicht wieder frei lässt, muss er spätestens am Tag nach der Festnahme dem Ermittlungsrichter vorgeführt werden. Der entscheidet sodann, ob er gegen den Beschuldigten einen Untersuchungshaftbefehl erlässt.

 

Untersuchungshaft (= U-Haft) / U-Haftbefehl

Damit ein Untersuchungs-Haftbefehl ergeht, müssen ein dringender Tatverdacht und ein Haftgrund vorliegen.

- dringender Tatverdacht

Dieser liegt vor, wenn eine große Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass ein Beschuldigter eine Tat begangen hat oder daran teilgenommen hat. Der Verdacht muss auf Tatsachen beruhen.

- Haftgründe:

Der Tatverdacht allein reicht für einen Haftbefehl aber nicht aus. Es müssen auch Haftgründe vorliegen.

Diese sind Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr oder Wiederholungsgefahr.

-- Fluchtgefahr

Wenn aus Sicht des Gerichts die Gefahr besteht, dass ein Beschuldigter sich einem Strafverfahren entziehen könnte, liegt Fluchtgefahr vor.

Ein fester Wohnsitz oder auch gute familiäre und berufliche Verhältnisse können dazu führen, dass Fluchtgefahr nicht angenommen wird. Ist aber aus Sicht des Gerichts eine hohe Strafe zu erwarten, kann trotzdem Fluchtgefahr unterstellt werden.

Es wird in verschiedenen Gerichtsbezirken z.T. sehr unterschiedlich beurteilt, wann eine "hohe Strafe" zu erwarten ist. Eine erfahrene und kenntnisreiche Verteidigung wird gerade zu diesem Punkt die Möglichkeiten für eine Vermeidung der U-Haft wahrnehmen.

Bei der Prüfung, ob Fluchtgefahr vorliegt, darf auch berücksichtigt werden, ob ein Beschuldigter (evtl. zusätzlich) einen Wohnsitz im Ausland hat. Dazu zählt auch ein Wohnsitz im benachbarten Ausland wie z.B. in Österreich, den Niederlanden. Dieser kann dazu führen, dass Fluchtgefahr bejaht wird.

 

-- Verdunkelungsgefahr

Verdunkelungsgefahr liegt vor, wenn das Verhalten eines Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, dass er auf Zeugen einwirken wird oder dies bereits getan hat und dadurch die Ermittlungen erschwert werden. D.h.: dass der Beschuldigte oder von ihm Beauftragte mit Zeugen sprechen, ihnen schreiben oder sonstwie mit ihnen kommunizieren mit dem Ziel, die Aussagen der Zeugen zu beeinflussen.

Auch das sog. Einwirken auf sachliche Beweismittel kann die Verdunkelungsgefahr begründen, also wenn z.B. Beweismittel vernichtet oder beiseitegeschafft werden.

 

-- Wiederholungsgefahr

Wiederholungsgefahr ist als Haftgrund zulässig, wenn Sexualstraftaten, schwere Körperverletzungsdelikte, schwere Vermögensdelikte wie Einbruchsdiebstahl, Bandendiebstahl und Raubdelikte, Brandstiftung vorgeworfen werden, aber auch Delikte nach dem Betäubungsmittelgesetz, insbesondere wenn Gegenstand des Vorwurfs nicht mehr geringe Mengen von Drogen sind.

Voraussetzung des Haftgrundes der Wiederholungsgefahr ist, dass die Gefahr besteht, dass ein Beschuldigter vor einer rechtskräftigen Aburteilung weitere erhebliche Straftaten gleicher Art begehen wird.

 

Rechte des Beschuldigten

- Aussageverweigerungsrecht

Ein Beschuldigter hat das Recht, keine Angaben zu den  Vorwürfen und auch keine Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen zu machen. Lediglich seine Personalien wie sie im Personalausweis stehen hat er mitzuteilen.

Dieses sog. Aussageverweigerungsrecht wird daher zu Recht als Schweigerecht bezeichnet und sollte auf jeden Fall wahrgenommen werden. Ein Beschuldigter sollte sich erst mit einem Strafverteidiger über das weitere Vorgehen beraten.

Die Vorstellung "ich habe nichts getan, also brauche ich auch keinen Anwalt" mag sich für Krimis eignen, nicht aber für die Realität.

Wenn eine vorläufige Festnahme erfolgt ist, eine Untersuchungshaft droht, liegt aus Sicht der Polizei ein dringender Tatverdacht vor. Die Polizei hat einen großen Informationsvorsprung.  Eine Aussage ohne Kenntnis der konkreten polizeilichen Ermittlungen, ohne den Informationsstand der Polizei zu haben, dazu in einer Situation größter Aufregung, kann zu einer nicht kalkulierbaren eigenen Belastung führen.  An diese Aussage ist man zudem das weitere Verfahren gebunden ist. Auch wenn Aussagen später widerrufen werden, ändert dies nichts an deren Verwertbarkeit im späteren Verfahren.

 

- Recht der freien Anwaltswahl

Ein Beschuldigter hat das Recht, sich unverzüglich mit einem von ihm zu wählenden Verteidiger in Verbindung zu setzen, auch wenn er auf einen Pflichtverteidiger angewiesen ist. Das Recht der freien Anwaltswahl soll sicherstellen, dass er zumindest eine Person an seiner Seite hat, der er vollständig vertraut und die vepflichtet ist, nur seine Interessen zu vertreten.

Wurde einem Beschuldigten bereits direkt durch den Ermittlungsrichter für die erste Vernehmung ein Pflichtverteidiger beigeordnet, hat der Beschuldigte das Recht, innerhalb von 3 Wochen die Abberufung dieses Verteidigers zu beantragen und die Beiordnung eines anderen Pflichtverteidigers zu beantragen.

 

- Information von Angehörigen oder einer Vertrauensperson

Es ist einem Beschuldigten die Gelegenheit zu geben,  einen Angehörigen oder nahen Vertrauten zu benachrichtigen, so dass er auch diese bitten kann, sich um einen Strafverteidiger für ihn zu kümmern.

 

- Haftprüfung, Haftbeschwerde

- Wird ein Untersuchungshaftbefehl erlassen, hat der Beschuldigte die Möglichkeit, dagegen Haftbeschwerde einzulegen oder Antrag auf Haftprüfung zu stellen.

Der Haftbefehl wird in diesen Fällen von anderen Richtern überprüft.

Der Termin zur Haftprüfung soll innerhalb von 2 Wochen nach Stellung des Antrages stattfinden.

 

- Außervollzugsetzung eines Haftbefehls gegen Auflagen

 

Die Haftprüfung oder die Haftbeschwerde können dazu führen, dass der Haftbefehl aufgehoben wird oder dass er außer Vollzug gesetzt wird.

Eine Außervollzugsetzung bedeutet, dass zwar ein Haftbefehl ergeht, der Beschuldigte aber trotzdem nicht in Untersuchungshaft, nicht ins Gefängnis muss. Er erhält hingegen Auflagen. Nur wenn er diese nicht einhält, muss er in Untersuchungshaft.

 

Typische Auflagen für die Außervollzugsetzung sind eine

 - regelmäßige Meldepflicht bei der Polizei,

 - Abgabe von Personalausweis und Reisepass,

 - die Anweisung, den Wohnort nicht zu verlassen,

 - auf Ladungen der Ermittlungsbehörden bei diesen zu erscheinen oder auch

 - eine Sicherheitsleistung (vulgo: Kaution) zu zahlen.

 

Rechtsanwältin Wüllrich  ist eine sehr erfolgreiche Strafverteidigerin mit jahrzehntelanger Erfahrung insbesondere auch in den Fällen der Festnahme und der Untersuchungshaft. Sie übernimmt Mandate als Wahlverteidigerin und auch als Pflichtverteidigerin und steht Ihnen gern zur Verfügung.

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