Im Verfahren C-474/24 beschäftigt sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit der Frage, ob es mit dem EU-Datenschutzrecht vereinbar ist, Namen von Sportlern, die gegen Anti-Doping-Regeln verstoßen haben, öffentlich im Internet zu nennen. Die Schlussanträge des Generalanwalts sind zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch nicht öffentlich zugänglich. Medien berichten aber, dass eine datenschutzfreundliche Auslegung wahrscheinlich sei. Die Entscheidung wird auch für andere gesellschaftliche Bereiche von Bedeutung sein.
Veröffentlichung von Dopingverstößen im Sport: Pauschale Praxis auf dem Prüfstand
Beispielsweise war es in Österreich gängige Praxis, die Namen dopender Sportler grundsätzlich online zu veröffentlichen – unabhängig vom Einzelfall. Ziel war es, andere abzuschrecken und Umgehungen von Sperren zu verhindern. Diese Vorgehensweise wird nun kritisch betrachtet. Es zeichnet sich ab, dass der EuGH eine Prüfung jedes Einzelfalls verlangen könnte. Denn nach der DSGVO sind Grundrechtseingriffe nur erlaubt, wenn sie geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sind.
Sensible Daten: Wann Dopinginformationen besonders schutzbedürftig sind
Dopingverstöße können sensible Daten im Sinne der DSGVO sein. Das gilt etwa dann, wenn sie Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand zulassen (Art. 9 DSGVO) oder wenn sie strafrechtlich relevante Informationen enthalten (Art. 10 DSGVO). In Europa ist umstritten, wie diese Daten rechtlich einzuordnen sind. Während Länder wie Deutschland und die Niederlande vorsichtig bei der Veröffentlichung vorgehen, zeigen sich Staaten wie Österreich bisher offener. Eine öffentliche Klarnamensnennung in Kombination mit weiteren Details bedarf daher sorgfältiger rechtlicher Prüfung.
Datenschutzgerechte Alternativen zur Veröffentlichung
Juristische Fachkreise schlagen Alternativen zur pauschalen Veröffentlichung vor:
- Anonymisierte Informationen: Die Inhalte werden veröffentlicht, aber ohne Namensnennung.
- Gezielte Weitergabe: Die Informationen gehen nur an beteiligte Verbände und Aufsichtsorgane, nicht an die Öffentlichkeit.
Solche Lösungen stützen sich auf den Grundsatz der Datenminimierung gemäß Art. 5 DSGVO. In einigen Ländern wie Schweden oder Finnland ist ein solcher restriktiver Umgang bereits üblich.
Warum eine Einzelfallprüfung entscheidend sein könnte
Die DSGVO verlangt, dass Datenverarbeitungen in jedem Einzelfall begründet werden müssen. Eine automatische Veröffentlichung – ohne Abwägung – dürfte demnach nicht mit europäischem Recht vereinbar sein. Anti-Doping-Agenturen wären verpflichtet, je nach Situation zu entscheiden, ob die Veröffentlichung zulässig ist. Bisherige pauschale Lösungen würden diesen Anforderungen nicht genügen.
Zurückhaltung statt Automatismus
Die Nationale Anti Doping Agentur Deutschland (NADA) geht zurückhaltender vor. Öffentliche Mitteilungen erfolgen nur in begründeten Einzelfällen und nach juristischer Prüfung. Eine generelle Pflicht zur Nennung gibt es nicht.
Dabei ist zu beachten: Medien dürfen unter bestimmten Voraussetzungen auch personenbezogene Informationen veröffentlichen, etwa im Rahmen der journalistischen Berichterstattung. Dieses sogenannte Medienprivileg (Art. 85 DSGVO) schützt die Pressefreiheit.
DSGVO und Dopingverstöße: Was Unternehmen daraus lernen können
Die Debatte um Datenschutz im Sport ist auch für andere Bereiche relevant. Branchen wie Finanzdienstleistungen, E-Commerce oder Personalwesen arbeiten teilweise mit öffentlichen Listen oder Hinweisen auf Pflichtverletzungen. Die Grundprinzipien der DSGVO gelten auch dort. Organisationen sollten daher:
- vor einer Veröffentlichung prüfen, ob es mildere Mittel gibt,
- bei sensiblen Daten besondere Schutzstandards einhalten,
- jede Veröffentlichung dokumentieren und begründen.
Tipp für die Praxis: Überprüfen Sie Ihre internen Veröffentlichungsprozesse. Wer sensible Daten veröffentlicht, braucht dafür stets eine rechtlich tragfähige Begründung. Die DSGVO verlangt einen sorgfältigen Umgang mit personenbezogenen Informationen.
Zusammenfassung
Der Fall C-474/24 vor dem EuGH macht deutlich: Die Veröffentlichung personenbezogener Daten ist kein Freifahrtschein zur Transparenz. Besonders im Bereich von Dopingverstößen sind die datenschutzrechtlichen Anforderungen hoch. Auch andere Organisationen sollten ihre Prozesse prüfen und anpassen. Denn Datenschutz bedeutet nicht nur Rechtssicherheit – sondern auch Respekt vor der Privatsphäre.
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