Versicherungsrecht

Schulden bei der Krankenkasse: Ist ein Versicherungsschutz bei Erkrankung gegeben?

15.12.2020
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Zuletzt bearbeitet am: 27.01.2024

Schulden bei der Krankenkasse können sich schnell fatal auswirken. Unter Umständen braucht die Krankenkasse keine Leistungen erbringen. Das gilt aber nicht immer. 

Obwohl vor über 10 Jahren eine Versicherungspflicht in der Krankenversicherung eingeführt wurde, bedeutet dies noch lange nicht, dass jeder Patient die ihm eigentlich zustehenden Leistungen in Anspruch nehmen kann. Insbesondere Selbstständige oder auch andere Personen, die ihre Beiträge selbst an die Krankenkasse bezahlen müssen aufpassen, dass sie diese regelmäßig entrichten. 

 

Krankenkasse braucht unter Umständen nicht für Behandlungen etc. aufkommen

Zwar brauchen Mitglieder einer gesetzlichen Krankenversicherung nicht zu befürchten, dass ihnen ihre Krankenkasse kündigt wegen rückständiger Beiträge. Es besteht jedoch das Risiko, dass die Krankenkasse wegen Ruhen der Leistungspflicht nicht ihre Leistungen erbringen braucht, zu denen etwa eine Behandlung beim Arzt oder Zahnarzt gehört. 

 

Voraussetzungen für das Ruhen der Leistungspflicht bei Schulden gegenüber der Krankenkasse

Dies ergibt sich aus § 16 SGB V. Aus dieser Regelung folgt, dass die Krankenkasse unter Umständen von ihrer regulären Leistungspflicht entbunden ist. Dies setzt zunächst voraus, dass der Versicherte mit mindestens 2 Beiträgen im Rückstand ist. Darüber hinaus muss die Krankenkasse vergeblich eine Mahnung ausgesprochen haben. In diesem Fall ruht der Anspruch des Mitgliedes auf Leistungen. Allerdings geschieht das nicht automatisch, sondern die Krankenkasse muss das Ruhen von Leitungsansprüchen und die damit verbundene Leitungssperre in einem Bescheid festgestellt haben. Die Mitgliedschaft ruht dann so lange, bis das Mitglied seine Beitragsschulden bezahlt hat. 

 

Manche Leistungen muss Krankenkasse trotzdem erbringen

Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Krankenkasse bei Beitragsrückständen vollständig von ihrer Leistungspflicht entbunden ist. Sie muss normalerweise für Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten aufkommen. Darüber hinaus muss sie die Leistungen aufkommen, die für die Behandlung von akuten Behandlungen sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind. Anders sieht es bei chronischen Erkrankungen aus. Hier braucht die Krankenkosten nur für die Leistungen aufkommen, die für die Behandlung von Schmerzzuständen erforderlich sind. Hierdurch wird die Leistungspflicht in der Praxis erheblich eingeschränkt. 

 

Wann gelten die Einschränkungen bei der Leistungspflicht nicht?

Anders sieht die rechtliche Situation allerdings aus, wenn die Betroffenen mit Schulden bei ihrer Krankenkasse hilfebedürftig im Sinne des Zweiten oder Zwölften Buches SGB sind. Hierfür reicht es aus, dass bei ihnen die Voraussetzungen für den Bezug von Grundsicherung für Erwerbsfähige nach in Form des Arbeitslosengeldes 2 (Hartz IV) nach dem SGB II beziehungsweise Sozialhilfe nach dem SGB XII vorliegen. Letzteres kommt bei Personen infrage, die die entweder die Altersgrenze erreicht haben (in der Regel müssen sie mindestens 65 Jahre alt sein) oder wegen einer Erwerbsminderung nicht auf Dauer ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können. Die Hilfsbedürftigkeit richtet sich dabei nach § 9 SGB II beziehungsweise § 19 SGB XII. 

 

Sie müssen hierfür diese Leistungen nicht zwangsläufig beziehen. Vielmehr muss die Krankenkasse prüfen, ob die Jobcenter/Sozialämter hierzu verpflichtet sind. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 08.03.2016 - B 1 KR 31/15 R. Hierzu muss die Krankenkasse seine wirtschaftlichen Verhältnisse darlegen lassen, ggf. ergänzt um brauchbare Beweismittel, und hierzu eine Auskunft des zuständigen Leistungsträgers einzuholen. Sind zuständige Leistungsträger für den betroffenen Zeitraum bereits von Hilfebedürftigkeit des Klägers in einer Entscheidung ausgegangen, ist es möglich, diese Feststellungen auch für die Entscheidung über die Ruhens Anordnung und ihre Dauer zugrunde zu legen, soweit dem keine Besonderheiten entgegenstehen. 

 

Besonderheiten bei Künstlern 

Künstler, die über die Künstlersozialkasse in der Krankenkasse pflichtversichert sind, müssen einige Besonderheiten beachten. Zunächst einmal ist hier die Künstlersozialkasse für den Ausspruch der Mahnungen bei rückständigen Beiträgen zuständig. Darüber hinaus muss die Künstlersozialkasse in einem rechtsmittelfähigen Bescheid feststellen, dass die Leistungen ruhen. Vor allem zu beachten ist. die Krankenkasse bei einem Ruhen der Leistungspflicht normalerweise überhaupt keine Leistungen zu erbringen brauchen. Dies gilt auch bei akuten Erkrankungen und Schmerzen. Dies setzt voraus, dass der Betroffene mit mindestens zwei Beiträgen im Rückstand ist, nach einer Mahnung seine Beitragsrückstände nicht beglichen hat und die Künstlersozialkasse das Ruhen der Leistungen in einem rechtsmittelfähigen Bescheid festgestellt hat. Dies gilt jedoch ebenfalls nicht, wenn der versicherten Künstler hilfebedürftig im Sinne des Zweiten oder Zwölften Buches SGB ist.

 

Fazit: 

Wer insbesondere als Selbstständiger über sinkende Einnahmen verfügt sollte darauf achten, dass er stets seiner Beitragspflicht gegenüber der Krankenkasse nachkommt. Das gilt besonders dann, wenn er als Künstler über die Künstlersozialkasse abgesichert ist. Wenn er hierbei vorläufig Probleme hat, sollte Ratenzahlung vereinbaren. 

Sofern es sich um keinen vorläufigen finanziellen Engpass handelt, sollte er sich umgehend mit dem zuständigen Sozialleistungsträger in Verbindung setzen und die Übernahme der Krankenversicherungskosten beantragen. Dies hat den Vorteil, dass sie sich nach der Bewilligung keine Sorgen machen brauchen, weil die Krankenkasse im normalen Umfang für alle medizinisch notwendigen Behandlungen aufkommt. Wichtig ist dabei, dass der Antrag so frühzeitig wie möglich gestellt wird. Denn der Anspruch auf Sozialleitungen besteht normalerweise erst ab dem Monat, in dem der Antrag gestellt worden ist. Hierzu muss er bei der jeweiligen Behörde eingegangen sein. Es spielt hingegen keine Rolle, wann der Antrag losgeschickt worden ist. 

 

 

Autor: Harald Büring, Ass. jur. (Fachanwalt.de-Redaktion)

Foto: © B K- Fotolia.com

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