Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (Az. 14 K 120/24) hat entschieden, dass bei US-Importfahrzeugen der 1. Juli des Baujahres als fiktives Erstzulassungsdatum in Fahrzeugpapiere eingetragen werden darf, wenn der tatsächliche Zulassungstag unbekannt ist.
Importiertes Fahrzeug: Streit um das Erstzulassungsdatum
Ein Autohaus aus Essen, das sich auf gebrauchte US-Sportwagen spezialisiert hat, stritt mit der örtlichen Zulassungsstelle über die Eintragung des Erstzulassungsdatums.
Konkret ging es um drei Fahrzeuge, bei denen das genaue Datum der Erstzulassung in den USA nicht feststand. In einem Fall hatte ein Gutachter zwar ein plausibles Jahr für die Erstzulassung angenommen, doch die Zulassungsstelle wich davon ab. Stattdessen trug sie den 1. Juli des Baujahres als fiktives Datum ein. Der tatsächliche Herstellungsmonat lag nach dem eingetragenen Datum, wurde aber nur im Bemerkungsfeld der Papiere vermerkt.
Das Autohaus sah sich dadurch benachteiligt, da ein späteres Datum wirtschaftlich vorteilhafter gewesen wäre. Es verlangte die Anerkennung des vom Gutachter genannten Datums als maßgeblich. Die Behörde hielt jedoch an ihrer Praxis fest, den bundesweiten Leitfaden für Zulassungsbescheinigungen umzusetzen, der eine einheitliche Handhabung vorsieht.
Gericht: Verwaltungsvorschrift überwiegt Einzelfallinteresse
Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen wies die Klage ab.
Die Richter stellten klar, dass die Zulassungsstelle sich zu Recht am „Leitfaden zur Ausfüllung der Zulassungsbescheinigung Teil I und II“ des Kraftfahrt-Bundesamts orientiert habe. Dieser Leitfaden ist mit den Bundesländern abgestimmt und dient der bundesweiten Vereinheitlichung der Zulassungspraxis. Er schreibt vor, bei unbekannter Erstzulassung, aber bekanntem Baujahr, den 1. Juli des Baujahres als fiktives Datum einzutragen. Das Sachverständigengutachten sei lediglich für die technische Beschreibung des Fahrzeugs relevant, nicht aber für die Zulassungsdaten.
Es liege im Wesen eines fiktiven Datums, dass es den tatsächlichen Zulassungstag meist nicht exakt treffe. Die Mitte des Jahres sei jedoch ein sachgerechter Mittelwert, der in vergleichbaren Fällen für Gleichbehandlung sorge. Das Gericht wies auch das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an einem möglichst späten Datum zurück. Dieses müsse hinter dem öffentlichen Interesse an einer nachvollziehbaren, praktikablen und rechtssicheren Verwaltungslösung zurückstehen.
Es stehe dem Autohaus frei, auf den fiktiven Charakter des Datums hinzuweisen, insbesondere durch die Hinweise im Bemerkungsfeld der Zulassungsbescheinigung. In zwei der drei streitgegenständlichen Fälle hatte die Behörde die Papiere nachträglich geändert, nachdem das Autohaus konkrete Nachweise für die echte Erstzulassung vorgelegt hatte.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, eine Berufung kann beim OVG NRW beantragt werden.
Tipp: Bei Importfahrzeugen mit unklarer Zulassungshistorie sollte frühzeitig geprüft werden, ob glaubhafte Dokumente zur ursprünglichen Erstzulassung vorgelegt werden können. Andernfalls ist mit der Eintragung eines fiktiven Datums zu rechnen, das wirtschaftlich nachteilig sein kann. Empfehlenswert ist, Kunden offen über den fiktiven Charakter des Eintrags zu informieren und auf entsprechende Vermerke in den Fahrzeugpapieren hinzuweisen.
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