Das Verwaltungsgericht Osnabrück (Az. 1 A 114/24) hat entschieden, dass zwei Lebensmittelmärkte in Osnabrück nicht sonntags öffnen dürfen. Die Ausnahmevorschrift des niedersächsischen Ladenöffnungsgesetzes greift nicht, wenn das Sortiment über den täglichen Kleinbedarf hinausgeht.
Gewerkschaft klagte gegen sonntägliche Marktöffnung
Die Gewerkschaft ver.di erhob im Mai 2024 Klage gegen die Stadt Osnabrück, weil zwei Lebensmittelmärkte regelmäßig sonntags zwischen 8:30 Uhr und 11:30 Uhr geöffnet hatten. Sie hatte die Stadt bereits im September 2023 auf den umfassenden Warenverkauf an diesen Tagen hingewiesen und bemängelte, dass dies nicht mit dem Niedersächsischen Ladenöffnungsgesetz (NLöffVZG) vereinbar sei.
Die Stadt berief sich jedoch auf § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 3a) NLöffVZG in Verbindung mit einem Runderlass vom 20. April 2021. Demnach dürften Geschäfte mit maximal 800 qm Verkaufsfläche sonntags für drei Stunden öffnen, sofern sie überwiegend Waren des täglichen Kleinbedarfs verkaufen.
Die Gewerkschaft war jedoch der Auffassung, dass die betroffenen Märkte weit über diesen Rahmen hinausgingen und damit auch gegen das verfassungsrechtlich geschützte Prinzip der Sonn- und Feiertagsruhe verstoßen.
Gericht: Größe allein reicht nicht – Sortiment ist entscheidend
Die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Osnabrück folgte im Wesentlichen der Argumentation der Klägerin.
Zwar erfüllten die Märkte formal die Größenanforderung von maximal 800 qm, jedoch sei dies allein nicht ausreichend. Die gesetzliche Ausnahmevorschrift fordere ausdrücklich, dass sowohl die Verkaufsfläche als auch das Sortiment auf den täglichen Kleinbedarf ausgerichtet sein müssten – beides müsse unabhängig voneinander geprüft werden. Die durch den Runderlass geschaffene Vermutung, dass bei kleineren Läden automatisch auch das Sortiment geeignet sei, sei mit dem Gesetz nicht vereinbar.
Die betroffenen Supermärkte böten nicht nur Produkte für den täglichen Bedarf, sondern auch Waren für den gesamten Wochenbedarf in großer Auswahl. Sie stünden daher im Wettbewerb mit klassischen Vollsortimentern und Discountern, was mit der engen Ausnahmevorschrift des § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 3a) NLöffVZG nicht mehr vereinbar sei. Eine Entscheidung zur möglichen Verfassungswidrigkeit der Norm sei dadurch nicht mehr erforderlich gewesen.
Die Berufung wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Tipp: Wer sich auf eine gesetzliche Ausnahme zur Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen berufen will, sollte sicherstellen, dass nicht nur die Verkaufsfläche, sondern auch das Sortiment strikt auf den täglichen Kleinbedarf begrenzt ist. Eine pauschale Berufung auf behördliche Runderlasse bietet keine rechtssichere Grundlage und kann gerichtlich überprüft und verworfen werden.
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